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Inhalt

Eine Gruppe spanischer Eroberer bricht im Dschungel des Amazonas mit Flößen auf, um die legendäre Goldstadt El Dorado zu finden. Der machtbesessene Aguirre reißt die Kontrolle über die Expedition an sich und führt sie, am Rande des Wahnsinns stehend, flussabwärts in den Untergang.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Werner Herzogs frühe Karriere bestand aus vielen kleineren Filmen, die heute nur noch entfernt von Geltung sind. Fata Morgana ist ein experimenteller Wüstentrip, Lebenszeichen ein Film über Soldaten im Paradies. Es folgten Dokumentation und Spielfilme über taubblinde oder kleinwüchsige Menschen, die alle vermehrt ob ihrer ungewöhnlichen Umstände international Resonanz erhielten. Und dann, aus dem Nichts, von jetzt auf gleich, stand Regisseur Herzog mit Aguirre, der Zorn Gottes auf der Matte und erschütterte die Filmwelt nachhaltig. Klaus Kinski (Mein liebster Feind) war dabei. Gedreht wurde im dichten Urwald in Südamerika. Währenddessen ist das Team beinahe verrückt geworden. Herzog drohte seinem Hauptdarsteller erst ihn und dann sich selbst zu erschießen, wenn er wirklich den Dreh abbrechen sollte. Die Menschen fragen sich, wie eine Seele wie Werner Herzog mit einem so verrückten Kinski arbeiten konnte. Gleich und gleich gesellt sich eben gern.

Der Film bebildert die Tagebucheinträge eines Conquestors, der zum Eldorado gelangen will, einem Land von angeblich unsagbaren Schätzen im Amazonasgebiet. Zu Beginn steigt der Trupp durch die Wolken hinab. Am Weihnachtstag, Jesu Geburt. Der Vergleich liegt dabei nahe, zeigt Herzog dabei doch direkt die Ansprüche, die die damalige spanische Krone weltweit an den Tag gelegt hat. Selbstlegitimiert, von Gott gesandt, mit einer Brust so breit wie das Land, das es zu unterjochen gilt. Aus einem Gebirge, das im Himmel verschwindet wandert die Gesandtschaft, bis sie an einen unüberquerbaren Fluss gelangen. Aguirre, der von Menschenhass und Erbarmungslosigkeit getrieben wird, sieht Probleme im Weg und Idiotie in den Befehlen seines Vorgesetzten. Die Gier treibt die gesamte Gruppe voran. Gier, die übernatürliche Kräfte in den Menschen entfesselt oder blinde Gefolgschaft, dem Wort „Gottes“ zu gehorchen. Wer auch immer das sein mag.

Aguirre hat keine Rücksicht auf Verluste und keinen Respekt vor Obrigkeiten. Die Figuren sind innerlich angespannt, aber Aguirre ist bloß im Hintergrund. Beobachtet, mustert, mahlt mit seinen Zähnen, ignoriert Einwände oder strafende Blicke. Wenn er als unbesiegbarer und rechtmäßiger Herrscher in dieses Niemandsland gereist ist, hat auch niemand aus der eigenen Gruppe ihm irgendwas zu sagen. Er bleibt lieber stumm in der zweiten Reihe, bis er blitzschnell zuschlägt. Dann verfolgt er seinen großen Traum wie in einem Rausch. Er will die totale Eroberung, des Landes, der Menschen, des Verstandes. Mit unmenschlicher Kälte und ohne mit der Wimper zu zucken lässt er andere hinrichten. Jeder, der sich ihm in den Weg stellt, bekommt eine Kugel oder Klinge. Ruhm ist das oberste Ziel, dafür opfert Aguirre alles. Seine Männer, seinen Verstand, seine Menschlichkeit. Aguirre ist wie ein eingefangenes Tier, das panisch mit den Augen alle Feinde und Möglichkeiten abscannt. Aus einem Ziel wird das Verderben, aus Langeweile wird Leichenschändung, aus Motivation wird Wahn.

Werner Herzog weiß den Urwald zu inszenieren. Das sind stets Bilder des Bombastes - und alles ohne Spezialeffekte. Immer wieder staffelt Herzog seine Bilder äußerst geschickt. Mal mit tosenden Wassermassen im Vordergrund, dem panischen Menschen im Mittelpunkt und kaltem, unbeweglichen Gestein als Hintergrund. Der Herrscher der Welt in der Zange der Natur. Der Großteil des Films hat keine Musik, sondern überwiegt mit den Klängen und Gesängen der Tierwelt. Immer wieder werden diesen durch die Kanonenschüsse zerschnitten, die den „Wilden“ Furcht einjagen sollen und die Herrschaft der Gäste legitimieren. Herzog führt Imperialismus ad absurdum und übersteigert ihn ins Extreme des Narzissmus. Der Regisseur hat kein Mitleid mit seiner Figur, er setzt sie lediglich in einen Bilderrausch, der Meisterwerke wie Apocalypse Now und Blutgericht in Texas augenscheinlich inspiriert hat. Radikales Filmemachen aus Deutschland, das es so wohl nur in den 70er Jahren geben konnte. Atemberaubend.

Fazit

Mit „Aguirre, der Zorn Gottes“ hat Werner Herzog feste auf den Tisch des Weltkinos geschlagen. Der Film eines Wahnsinnigen über einen Wahnsinnigen, der von einem Wahnsinnigen gespielt wird überzeugt darstellerisch wie inszenatorisch und setzt so viele Maßstäbe für Filme über Mensch und Natur, dass einem die Finger ausgehen. Im Spannungsfeld zwischen naturalistischer Inszenierung, überhöht stilisierter Manie und geerdeten Aussagen über Geltungswahn, Imperialismus und Ruhmessucht zeigt Herzog den Zorn Gottes. Ohne Ziel, ohne Empfänger. Es ist der Zorn Gottes, und er ist allein.

Kritik: Levin Günther

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