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Bradley Thomas , der einst als Boxer sein Geld verdient hat, nun aber am Tiefpunkt seines Lebens angekommen ist, verliert seinen Job als Automechaniker und nimmt deshalb das Angebot an, als Drogenkurier für einen Freund tätig zu werden. Zunächst bringt diese illegale Beschäftigung gutes Geld. Dann aber wird er geschnappt, als er im Feuergefecht zwischen die Fronten der Polizei und seinen rücksichtslosen Verbündeten gerät. Auch im Gefängnis, wo er daraufhin landet, hat er einige Feinde und wird durch sie zu brutalsten Gewaltexzessen gezwungen, die selbst im Knast ihresgleichen suchen. 

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Mit kahl rasiertem Schädel und einem tätowierten Kreuz, das sich über seinen gesamten Hinterkopf erstreckt, stößt Vince Vaughn (Swingers) als Hauptdarsteller in S. Craig Zahlers (Bone Tomahawk) zweiter Regiearbeit Brawl in Cell Block 99 endgültig in Dimensionen eines ernstzunehmenden Charakterdarstellers vor. In den vergangenen Jahren ist es dem Schauspieler zweifelsohne gelungen, sich schrittweise von sämtlichen Rollen zu distanzieren, bei denen er als eher mäßig respektierter Pausenclown in oftmals dürftigen Komödien herhalten durfte. Durch sein Mitwirken an der zweiten Staffel der HBO-Serie True Detective und eine Nebenrolle in Hacksaw Ridge - Die Entscheidung, dem Regie-Comeback von Skandalpersönlichkeit Mel Gibson (Lethal Weapon – Zwei stahlharte Profis), stellte Vaughn zuletzt eindrucksvoll unter Beweis, dass ihm ein glaubwürdiger Wechsel hin zu seriösen, ernsten Rollen dauerhaft gelingen könnte.

Nach seinem Regiedebüt Bone Tomahawk, der als staubtrockener, fast schon provokativ langsam erzählter Spätwestern beginnt und in einem bitterbösen Finale explodiert, für das sich der Regisseur in Gefilde des Kannibalenfilms vorwagt, ist es nun Zahler, der Vaughn zu einer der imposantesten Rollen in dessen bisheriger Karrierelaufbahn verholfen hat. Bereits die ersten Szenen des Films genügen dem Schauspieler, um seine Hauptfigur als stoische Präsenz anzulegen, hinter deren Fassade tiefe Aggressionen zu brodeln scheinen. Nachdem der von Vaughn gespielte Bradley Thomas zu Beginn nicht nur aufgrund der ökonomischen Lage von seinem Job als Mitarbeiter in einer Kfz-Werkstatt entlassen wird, sondern direkt im Anschluss herausfindet, dass ihn seine Frau Lauren seit drei Monaten betrügt, weiß sich der Hüne von einem Mann nicht anders zu helfen, als mit der blanken Faust auf die Scheiben von Laurens Auto einzuschlagen. 

Von dem Fahrzeug lässt er erst wieder ab, als es einem halben Schrotthaufen gleicht, um anschließend mit seiner Frau das klärende Gespräch zu suchen. Nach diesem scheint das Paar einer rosigeren Zukunft entgegenzublicken, die aus weiblichem Nachwuchs, einem schicken Eigenheim und inniger Zweisamkeit besteht, sobald Bradley von seinen Botengängen als Drogenkurier, die er mittlerweile für einen kriminellen Bekannten ausführt, nach Hause zurückkehrt. Trotz der USA-Flagge, die Zahler in frühen Szenen wiederholt in Bradleys Vorgarten einfängt, stellt sich Brawl in Cell Block 99 recht bald als ein Film heraus, in dem das Streben nach dem amerikanischen Traum sowie die Verwirklichung sehnlichst erhoffter zweiter Chancen im Leben nur noch mit brutalster Gewaltanwendung vereinbar sind.

Nach einem schwer missglückten Auftrag, bei dem Bradley mit zwei mexikanischen Komplizen eine Ladung Crystal Meth bergen soll, muss er für sieben Jahre ins Gefängnis, wobei ihm deutlich versichert wird, dass er jeden einzelnen Tag seiner Haftstrafe absitzen wird. Die niederschlagende Zukunftsperspektive, bei der Bradley die ersten Worte seiner neugeborenen Tochter verpasst und ihr in den ersten Jahren ihres Lebens nicht beim Aufwachsen zusehen kann, ist allerdings erst der Anfang des Höllenkampfs, in den Zahler seinen Protagonisten wirft. Ein zwielichtiger Kontaktmann, der passenderweise von Udo Kier (Hexen bis aufs Blut gequält) gespielt wird, informiert Bradley darüber, dass seine hochschwangere Frau entführt wurde und sich in Gewalt des mexikanischen Auftraggebers befindet, der durch den geplatzten Coup mehrere Millionen Dollar verloren hat. 

Bradley soll seine Schuld begleichen, indem er einen bestimmten Insassen innerhalb der Haftanstalt tötet. Andernfalls würde ein Arzt, der auf Abtreibungen spezialisiert ist, dafür sorgen, dass dem Kind im Bauch diverse Gliedmaßen amputiert werden, um das Mädchen anschließend körperlich schwer behindert auf die Welt zu bringen. Die trockene Selbstverständlichkeit, mit der der Regisseur diesen grotesken Akt der Erpressung enthüllt, ist ein Paradebeispiel für den atmosphärischen Tonfall des restlichen Films, in dem sich die Hauptfigur zuerst in einen Gefängnistrakt mit höherer Sicherheitsstufe befördern muss, um an die gesuchte Zielperson zu gelangen. 

Zahler, der neben dem filmischen Handwerk unter anderem auch als Musiker und Schriftsteller tätig ist, folgt in seinem zweiten Film einem ähnlich literarischen Ansatz, von dem auch schon sein Regiedebüt geprägt war. Über die üppige Laufzeit von knapp 135 Minuten hinweg entfaltet sich Brawl in Cell Block 99 als beeindruckend konzentrierter Slow Burner, für den der Regisseur sichtlich Wert auf behutsamen Spannungsaufbau sowie Bradleys Persönlichkeit legt. Das bullige Erscheinungsbild des Ex-Boxers wird gelegentlich von Momenten aufgebrochen, in denen Vaughn das tragische Innenleben seiner Figur zum Vorschein bringt, welches aus wehmütigem Bedauern besteht, sobald Bradley endgültig realisiert, dass er nur noch das Schlimmste verhindern kann und trotzdem auf ein unausweichliches Ende voller fataler Konsequenz zusteuern wird. 

Die raue Stimmung des Films, die an den harten, unironischen Tonfall des 70er-Jahre-Exploitation-Kinos erinnert und lediglich von einigen zynischen Einlagen aufgelockert wird, steigert sich über Genre-Versatzstücke des abgründigen Charakterdramas sowie knallharten Gefängnisthrillers letztlich zu einer beispiellosen Eruption aus ultrabrutal verknappten Auseinandersetzungen, lautstarken Knochenbrüchen, zertrümmerten Körperteilen und zermatschten Gesichtern. Dabei verwendet der Regisseur eine Art der realistischen, markdurchdringenden Gewaltdarstellung, die im aktuellen Filmgeschehen höchstens mit den Werken von Jeremy Saulnier (Blue Ruin) vergleichbar ist, der die hässliche, vollkommen abscheuliche Fratze des Wesens der Gewalt ähnlich fulminant offenzulegen weiß wie Zahler.

Fazit

Mit seinem zweiten Spielfilm „Brawl in Cell Block 99“ hat S. Craig Zahler eine ebenso konzentrierte wie unberechenbare Mischung aus abgründigem Charakterdrama, hartem Gefängnisthriller und eskalierendem Neo-Grindhouse-Exzess geschaffen. Bei der ausgewogenen Balance aus stimmigen Charaktermomenten, einem exzellenten Spannungsaufbau sowie kurzen, aber dafür umso erschütternderen Gewaltspitzen kann sich der Regisseur dabei vor allem auf einen großartigen Vince Vaughn in der Hauptrolle verlassen, der mit seiner Figur der stoischen Kampfmaschine, hinter deren Fassade mehr und mehr tragische Risse durchblitzen, eine der besten Leistungen seiner gesamten bisherigen Schauspielkarriere abliefert.

Kritik: Patrick Reinbott

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