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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Liane ist 19 Jahre alt und lebt mit ihrer Mutter und der kleinen Schwester in dem schäbigen Ort Frejus im Süden Frankreichs. Besessen von Schönheit und Ruhm, bewirbt sie sich als Kandidatin der Reality Show "Miracle Island". Die Hoffnung wird immer verzweifelter, als sie auch nach Wochen noch keine Rückmeldung hat.

Kritik

In einer Schlüsselszene Agathe Riedingers grandiosen Spielfilm-Debüts wird die junge Protagonistin während des Castings für eine reißerische Reality Show gefragt, was sie wirklich wolle. „For people to see the real me“, lautete die Antwort; nach der brutalen Authentizität des intimen Persönlichkeitsporträts zu urteilen auch die der Regisseurin und Drehbuchautorin. Die Essenz ihres prekären Poems ist das Aufzeigen der menschlichen Würde und Wertigkeit der von Newcomer Malou Khebizi mit ungeschliffener Energie und roher Emotionalität verkörperten Liane.

Sie zählt schon allein aufgrund ihres Standes am untersten Rand der sozialen Hierarchie zu den Personen, denen Respekt und Selbstwert allgemein abgesprochen wird. Gerade auch - bittere Ironie - hier in Cannes, wo das mitreißende Drama im Wettbewerb Premiere feiert und diese Rezension entsteht. Wenn Liane in einem dialogischen Verweis auf den Vorführungsort andeutet, dass körperlich, charakterlich und klassistisch nicht dem mittel- bis oberschichtigen Standard entsprechende Individuen hier geduldet werden könnten, geht spöttisches Gelächter durch das Publikum. 

Ihr lautstarkes Aufbegehren gilt jener hämischen Verachtung dezidiert gegen weibliche Unterschicht-Angehörige, deren Kleidungsstil nicht dem Ideal von Unsichtbarkeit und Bescheidenheit entspricht, die für die Sexualisierung ihrer Körper geschmäht werden, die nicht dankbar sind gegenüber mitleidigen Arbeitsamtspersonen wie ihre Fallbearbeiterin (Sandra Bijou). Ihre Klientin versteht das System, ihre Chancenlosigkeit darin tatsächlich besser. Ihr (auto)aggressiver Kampf um für ihre Casting-Aussichten mitentscheidenden Follower ist der für ein Wunder. Miracle Island heißt denn auch die Reality Show.

Die verzweifelte Hoffnung auf das durch den Anruf einer gesichtslosen Agentin plötzlich greifbare bessere Leben für sich und ihre kleine Schwester (Ashley Romano) bringt die entschlossene Protagonistin an ihre psychischen und sozialen Grenzen. Ihre Mutter (Andréa Bescond, Die Gewerkschafterin) und eine falsche Freundin spekulieren auf ihr Scheitern. Der Liebe von Kindheitsfreund Dino (Idir Azougli, Blood Diamond) traut sie nicht. Um optisch und modisch den Anforderungen zu entsprechen, geht sie durch die Hölle - alles für ein winziges Stück Himmel.

Fazit

Texttafeln mit zeitgenössischen Gedichten in klassischem Versmaß, barocke Details sowie Stadtpaläste, Prinzessinnenkleider und Engelsallegorien als märchenhafte Motive vervollkommnen den Kontrast von Prosa und Poesie, Wunschtraum und Realität, Hässlichkeit und Schönheit. Zweite ist auch das mit Make-up, Implantaten und Killer-Nails modifizierte Äußere der Protagonistin; nicht „fake“, sondern eine individuelle Echtheit. Wahrhaftigkeit in der Abbildung von Milieu, Menschen und systemischen Mechanismen lässt Agathe Riedingers Debüt-Drama so fesselnd und facettenreich schillern wie seine intensive Hauptdarstellerin. Ein cineastischer Rohdiamant.

Kritik: Lida Bach

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