Selten gibt es Filme, bei deinen der Tenor der Kritiker einhellig ist: Drive ist schlichtweg ein kreatives, philosophisches, poetisches sowie stylisches Meisterwerk, welches beweist, dass Hollywood noch Innovationen zeigen kann, ohne gleich in alte Konventionen des Genres zu verfallen. Dies liegt vor allem an Regisseur Nicolas Winding Refn. Denn der Däne hat einen eigenwilligen wie ruhigen Stil, den er bis auf das äußerste in seinen Filmen durchzelebriert. Nicht umsonst gilt die Pusher-Trilogie als einer der schockierendsten Thriller-Reihen der jüngsten Filmgeschichte und auch Bronson sowie Valhalla Rising bewiesen Mut zu Neuem. Nun folgte mit Drive, der sich inhaltlich wie optisch an Filmklassikern der 70er Jahre orientiert, der Sprung nach Hollywood. Während so manch ein Regisseur hierbei jedoch seine eigenwillige Art zu Gunsten der Filmbosse aufgeben musste, zeigt sich Refn konsequent. Und so können auch wir sagen: Der Film über Driver, dem Steve McQueen des 21. Jahrhunderts, ist hervorragendes wie überraschendes Kino, das nicht nur Magie besitzt, sondern auch eine tiefe intelligente Geschichte sowie fantastische Bilder, die ein wahres Gefühl der Schwerelosigkeit vermitteln, welches nur noch durch den hervorragenden Soundtrack übertroffen wird.
Und gerade mit dieser ungewöhnlichen Atmosphäre, beginnt Regisseur Nicolas Winding Refn seinen Film und erschafft damit einen Auftakt, der zu den besten der Kinogeschichte gehören dürfte. Ohne große Action, inszeniert Drive eine optisch höchst ansprechende Verfolgungsjagd, die einen tatsächlich die Luft anhalten lässt. Mit leisen Klängen von The Chromatics (Tick of the Clock) untermalt, erschafft Refn so eine Intensität, die so manch einen Action-Blockbuster alt aussehen lässt. Dabei passiert in Sachen Explosionen sowie Karambolagen überhaupt nichts. Es sind eher die Bilder die sprechen, die Stimmung, die ungewöhnliche Retro-Optik, die kreativen Kameraeinstellungen und die Performance von Ryan Gosling. Somit setzt Drive von Anfang an auf eine realistische Inszenierung, die zumeist sehr subtil bleibt, ruhig, aber auch durchaus mit Gewaltausbrüchen zu überzeugen weiß.
Von der Story wie auch der Optik her, orientiert sich der Film bei Klassikern wie Heat, Scarface, The Driver, Bullit, Taxi Driver oder Fluchtpunkt San Francisco. Dies bedeutet inhaltlich, der eigentliche Kern, die Handlung rund um den Raub sowie der anschließenden Jagd wie Vergeltung, ist in keinster Weise neu. Dies muss es auch nicht, denn gerade die Regie von Nicolas Winding Refn macht die Story zu etwas besonderem. Es mag überraschen, wenn an der einen oder anderen Szene ein blutiger Ausbruch von Gewalt folgt, doch gerade dieses Gefühl des ständigen Unbehagens, der Gefahr und der Ungewissheit, macht viel von der Faszination von Drive aus. Geredet wird indes nicht viel. Und überhaupt ist Driver einer der schweigsamsten Filmhelden überhaupt. Er beobachtet lieber, lächelt mal verschmitzt oder bedächtig und geht sonst seinem Handwerk nach. Obgleich dies auf den ersten Moment, gerade im Hinblick auf die Romanze zwischen Driver und Irene, ein Problem darstellen könnte, ist es eben vor allem diese Stille zwischen den Beiden, die ihre Beziehung auszeichnet. Gibt es dann den ersten zärtlichen Kuss in einem Fahrstuhl, zu den Klängen von Desire (Under Your Spell), ist dies ein Moment, der sich in das Gedächtnis einbrennt und den Film unvergesslich macht.
Was folgt ist eine regelrechte hypnotische Sogwirkung, die den Zuschauer immer tiefer in die Welt von Driver entführt. Allmählich, und auch ohne Vorwarnung, steigert sich die Spannung, bis sich diese schließlich in einem mehr als blutigen Finale äußert. Ob gerade hier der Einsatz des Gewaltgrades so drastisch in Szene gesetzt werden musste, inklusive literweise Blut, bleibt wohl Ansichtssache. Denkt man jedoch an Filme wie Scarface zurück, so lässt sich erkennen, dass dieses Grindhouse-Feature ebenfalls als eine Art Hommage gedeutet werden kann. Doch so oder so, gibt es anschließend düstere, vor allem mit einer hervorragenden Lichtstimmung untermalte, Szenen, die gekonnt die Story vorantreiben, ohne in Kitsch, Klischees oder bekannte Konventionen zu verfallen. Somit hält Nicolas Winding Refn seinen Stil bis zuletzt durch, was schon alleine für sich genommen, eine beachtliche Leistung ist. Keine Szene ist vergeudet, keine Handlung unnütz und somit gibt es zu jeder Zeit etwas zu entdecken.
Daneben haben indes auch alle Figuren ein gutes Profil bekommen, wobei gerade Bryan Cranston, (Breaking Bad) als gebrochener aber stets treuer Shannon, wieder einmal eine ausgezeichnete Performance abliefert. Die beiden Gangster, gespielt von Albert Brooks und Ron Perlman, haben zwar einen stereotypischen Charakter, sind in ihrer Boshaftigkeit aber durchweg furios. Von Hoffnung reden und in der Hand bereits das Messer wetzen. So sollten Figuren sein. Ryan Gosling (Crazy Stupid Love, Stay) unterdessen, der schon seit einiger Zeit als neuer James Dean gefeiert wird, beweist erneut, dass er ein hervorragender Charakterdarsteller ist, der sich förmlich in seine Rollen hineinlebt. Als Mischung von Steve McQueen in Bullit sowie Barry Newman in Fluchtpunkt San Francisco, spielt er seine Figur ruhig, schweigsam und vor allem mit einer unglaublichen Präzision. Ständig locker mit Zahnstocher im Mund, Fahrerhandschuhen sowie einer Disco-Jacke mit Skorpionbild, wobei vor allem dieses Bild als Gleichnis für die Figuren funktioniert (was auch im Film selbst kurz mit der Fabel des Forsches und dem Skorpion angedeutet wird), durchstreift er die Nacht, stets auf der Suche nach der persönlichen Freiheit.