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Inhalt

Richard Gecko ist ein Psychopath, sein Bruder Seth ein eiskalter Verbrecher. Richard befreit Seth aus dem Gefängnis, sie rauben eine Bank aus und hinterlassen eine Spur aus Blut und Verwüstung. Auf ihrer Flucht entführen sie schließlich einen ehemaligen Baptisten-Prediger, der sein Amt nach dem Tod seiner Frau aufgegeben hat und nun mit seinen beiden Kindern von Ort zu Ort zieht. Richard verspricht ihm, ihn und seine Kinder freizulassen, wenn dieser sie nach Mexiko schmuggelt. Und eigentlich möchte Richard dieses Versprechen sogar einhalten, gäbe es da nicht das Titty Twister, eine Bar auf der anderen Seite der Grenze, in der sich Richard eigentlich nur mit mexikanischen Gangstern treffen will, um mit ihnen ein Geschäft zu machen. Leider wird das Titty Twister von einer Horde blutrünstiger Vampire geleitet, die ihre Gäste, inklusive Gangster und Prediger, einschließen, um sich an ihnen zu laben
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Wenn das von Robert Rodriguez eigenmächtig ins Leben gerufene Format „From Dusk Till Dawn – The Series“, natürlich auch auf seinem frisch gegründeten Fernsehsender El Rey Network relativ erfolgreich urausgestrahlt, irgendetwas Gutes zu verzeichnen hat, dann den feurigen Ansporn, sich endlich mal wieder das famose Original, also die Vorlage zur seriellen Denkmalschändung, von 1996 zu Gemüte zu führen. Selbstredend braucht man eigentlich keine explizite Motivation, vor allem nicht in dieser debakulösen Gänze, um sich „From Dusk Till Dawn" mal wieder anschauen zu können. Doch hat man sich die erste Staffel von „From Dusk Till Dawn – The Series“ angeschaut und es wirklich bis zur letzten Folge durchgestanden, anstatt schon nach den ersten 45 Minuten das Handtuch zu werfen, braucht man das längst zum Kult avancierte Meisterwerk einfach, um seine Seelenqualen irgendwie radikal lindern zu können. Doch es wäre falsch, „From Dusk Till Dawn“ einzig auf seinen Kompensationswert zu reduzieren – Was einer heftigen Chuzpe gleichkommt.

Was Robert Rodriguez und Quentin Tarantino nämlich mit „From Dusk Till Dawn“ einst geschaffen haben, steht für die Ewigkeit. Nachdem die beiden passionierten Geeks schon im Action-Western „Desperado“ und dem Episoden-Flic „Four Rooms“ quasi gemeinsame Sache machen konnten, steht es längst wie in Stein gemeißelt, dass „From Dusk Till Dawn“ DAS gemeinsame Werk der beiden Freunde darstellt – Näher waren sie sich in der künstlerisch-konstruktiven Entwicklung eines Projekts schließlich nie. Nachdem Spezialeffektkünstler Robert Kurtzman sein Exposé einer Vampirgeschichte an Quentin Tarantino herangetragen hatte, der daraus ein flottes Drehbuch deichseln sollte, ließ Kurtzman seinen vorherigen Plan, „From Dusk Till Dawn“ selber zu inszenieren, relativ schnell fallen, um die Bühne für Robert Rodriguez freizumachen. Und was schlussendlich für eine Lawine an schierer Kreativität in „From Dusk Till Dawn“ entfesselt wurde, hat ja unlängst Filmgeschichte geschrieben und sich tief in der Popkultur verankert: Jeder, der nicht hinter dem Mond wohnt, kennt die Gecko-Brüder.

Wer es bis heute tatsächlich geschafft hat, „From Dusk Till Dawn“ vor sich herzuschieben und jeglichen Spoilern aus der Schussbahn zu huschen (im digitalen Zeitalter ein Ding der Unmöglichkeit!), für den sind die folgenden Zeilen mit äußerster Vorsicht zu genießen. „From Dusk Till Dawn“ beginnt wie eine in der flirrenden Hitze von Texas lokalisierte Gangster-Groteske, die die ungleichen Delinquenten Seth (George Clooney) und Richard (Quentin Tarantino) bei ihrem Versuch das erbeutete Geld ohne große Probleme über die mexikanische Grenze zu schmuggeln begleitet. Wen in den ersten schon recht deftigen, zeitgleich aber eben auch zum Brüllen komischen Minuten die Befürchtung heimsucht, „From Dusk Till Dawn“ würde sich mit müden Stereotypen aus der Affäre ziehen wollen, die hier eben nur auf prominenten Gesichter projiziert sind, der täuscht sich. Zunehmend wird das intim-familiäre Band zwischen den Gecko-Brüdern eingefangen; ihre Beziehung zueinander akzentuiert, manchmal auch nur ganz beiläufig in flüchtigen Blicken, dabei aber auch immer die offensichtliche charakterliche Gegensätzlichkeit thematisiert und authentisiert.

Niemand würde ernsthaft verlauten lassen, dass die Chemie zwischen ihnen in „From Dusk Till Dawn“ künstlich wirkt. Während wir mit Seth einen Menschen vorgestellt bekommen, der zwar zu üblen Schandtaten in der Lage scheint und im Zweifelsfall über Leichen gehen würde, ist er immer noch ein Mann, der über Prinzipien verfügt und nicht aus bloßer Willkür das Blutbad präferiert: „Ich bin vielleicht ein Bastard, aber ich bin kein verdammter Bastard!“. Richie ist da aus einem anderen Holz geschnitzt, halluziniert, vergewaltigt unschuldige Frauen und exekutiert sie beiläufig, als wäre ihm derlei Verhalten nun mal in die Wiege gelegt worden. George Clooney, der 1996 mitten in seiner heißen „Emergency Room“-Phase steckte und simultan zu den Dreharbeiten der Krankenhausserie nachts zum Set von „From Dusk Till Dawn“ pilgerte, wusste seinen damaligen Rollentypus handfest aufzubrechen und gibt die kantige Type überzeugend. Tarantino hingegen ist kein guter Schauspieler, wirkt ungelenk und überfordert, den subtilen Augenblick Aufmerksamkeit zu schenken. Clooney ist es zu verdanken, dass dies nicht weiter ins Gewicht fällt, der mit seiner präsenten Performance Tarantino oftmals einfach mitreißt.

Wenn Seth und Richie dann die unscheinbare Fuller-Family, angeführt vom sich im Glaubenskonflikt befindenden Jacob (gespielt vom tollenHarvey Keitel) und begleitet von seinen beiden Kindern Kate (Juliette Lewis) und Scott (Ernest Liu), für ihre Zwecke zu instrumentalisieren versuchen, vermischt sich die dialogwitzlastige Tonalität mit einer klaren Road-Movie-Mentalität, bis sich das illustre Quartett in Mexiko in der schmuddeligen Spelunke Titty Twister wiederfindet; der Ort, an dem sich Seth mit dem Gangster Carlos treffen soll. Ein wahres Drecksloch, wo sich Biker von Trucker an den sich lasziv bewegenden Körpern der Tänzerinnen ergötzen oder gegenseitig die Fressen polieren. Als es jedoch zum legendären Auftritt von Santanico Pandemonium (Salma Hayek, die den Tanz improvisierte) kommt, bricht mit einem Schlag die Hölle für unsere Zweckgemeinschaft aus: Der Schuppen nämlich steht in den festen Händen von fauchenden Vampiren. Beide Parteien, die Geckos und die Fullers, müssen von nun an zusammenarbeiten, um irgendwie die Nacht zu überstehen. Und was Rodriquez und Tarantino von dort an für ein auf höchster Stufe kochendes Discoinferno zünden, muss man gesehen haben.

Man könnte meinen, „From Dusk Till Dawn“ ist das trashige Austoben zweier Filmfanatiker, die in bester B-Movie Manier nach Lust und Laune auf den glibberigen Putz haben. Das klappt auch auf dieser blutrünstigen Ebene, denn Rodriguez hat spürbar Pläsier daran empfunden, dieses Schlachtfest ausgiebig in Szene zu setzen: Da spritzen Blutfontänen aus den Torsos, Gliedmaßen klatschen auf den Boden und es Körpersäfte schießen in den verschiedensten Farben durch die Gegend. Doch „From Dusk Till Dawn“ denkt weiter, anstatt sich einfach nur als fetzige Splatter-Apotheose publizieren zu wollen: Wo man vermuten könnte, die Gecko-Brüder wären die vermeintlichen Antagonisten des Films, die den in seinem Glauben erschütterten Priester und seine Familie erst in die missliche Situation bringen und so in das eigene Verderben eskortieren, sind es vielmehr zwei Familien, die auf ihre Weise parallelisiert werden: Auf beiden Seiten herrscht Zerrüttung, beide Seiten wollen sie vor ihrem alten Leben fliehen, den Neuanfang suchen, in ihrem forcierten Vorhaben jedoch müssen sie scheitern, weil man nichts im Bruchteil einer Sekunde zurücklassen, was sich längst in die eigene Seele gefressen hat.

Sind die Blutsauger erst einmal von der Leine gelassen und haben die handgemachten Effekte die ersten Jubelchöre eingeheimst, wird Seth zusammen mit Jacob die interessanteste Figur, versuchen sich die Beiden doch durchweg, sich gegenseitig zu unterstützen, neue Kraft zu schöpfen, was so weit geht, dass Seth Jacob dazu animiert, sein brüchiges Glaubensbekenntnis zu überdenken. Der wichtigste Satz des Films ist und bleibt: „Ich glaube nicht an Vampire, aber ich glaube an das, was ich sehe.“ Die Dunkelheit, das Böse und eigentlich Unvorstellbare hat sich in diese (gleichzeitig auch unsere) ständig auf Rationalität und Logik erpichte Welt geschlichen und trifft auf familiäre Werte, auf Religiosität und den schieren Überlebensdrang. Wie „From Dusk Till Dawn“ es dazu noch versteht, neben all dem herrlichen Gekröse, den zynischen Kloppern, den trockenen Sprüchen und flotten Referenzen eine klare emotionale Leine zu spannen, die auch den Zuschauer erreicht und berührt, zeigt deutlich auf, wie viel Herzblut in diese Produktion geflossen ist.

Fazit

Verwegen, ikonisch, unvergesslich: Wer diesen Film nicht liebt, der liebt das Kino nicht. 

Kritik: Pascal Reis

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