Im direkten Fahrwasser des Sensationserfolgs von Scream – Schrei!, der den Teenslasher mit einem Ruck wieder salonfähig machte, kamen natürlich einige Trittbrettfahrer auf den Markt. Am schnellsten schaltete man damals diesbezüglich bei Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast, der ebenfalls ein relativ beachtlicher Erfolg wurde. Kein Wunder, sollte man denken, schließlich war mit Kevin Williamson derselbe Autor am Werk, der bereits das clevere und rasante Script zu Wes Craven’s Megahit verfasste. Objektiv muss man leider sagen, dass er diesen Ideenreichtum, das großartige Spiel mit den Klischees und die fantastische Selbstironie bei seinem Folgewerk sträflich vermissen ließ. Das machte Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast nur zu einem austauschbaren Slasher von der Stange, der lediglich einen guten Zeitpunkt erwischte und aus heutiger Sicht kaum noch der Rede wert ist. Aber der Erfolg machte es natürlich unumgänglich, dass auch dieser Film postwendend ein Sequel spendiert bekam und damit wären wir bei Ich weiß noch immer, was du letzten Sommer getan hast, der nur ein Jahr nach seinem Vorgänger über die Leinwände flimmerte.
Allein dieser Titel: mal abgesehen davon, dass er rumpeliger kaum klingen könnte, rein faktisch ist er auch noch falsch. Es müsste doch vorletzten Sommer heißen. Das mag jetzt nach Korinthenkackerei klingen, aber es ist nur eines von vielen Details, welches bezeichnend für den Gesamtzustand des Films ist. Offenbar wurde da ganz schnell ein Drehbuch zusammen gefrickelt (Kevin Williamson wusste wohl, was er letzten Sommer getan hat und war nun raus), dass sich um Logik und Kohärenz einen feuchten Dreck schert. Mag in einem Horrorfilm dieser Gattung zu einem gewissen Maß immer entschuldbar sein, aber hier reiht sich ein Klops an den nächsten. Ein frühes Highlight ist bereits eine „Spannungssequenz“, in der unser letztjähriges Finalgirl Julie (Jennifer Love Hewitt, Heartbreakers – Achtung: Scharfe Kurven) in ihrer Wohnung von einem vermeidlichen Killer heimgesucht wird. Es stellt sich heraus, es war ihre neue beste Freundin Karla (Brandy Norwood, Queens), die dachte, Julie wäre nicht daheim und wollte sich nur etwas aus ihrem Kleiderschrank leihen. Und dann macht die nicht das Licht an und schleicht wie auf rohen Eiern durch die Wohnung? Das ist so dumm und demonstriert bereits jetzt, für wie bescheuert hier das Publikum gehalten wird.
Noch besser ist natürlich der Grund, warum sich Julie, Karla und ihre beiden (beinah-)Boyfriends über einen Urlaub auf den Bahamas freuen dürfen. Weil Karla in einem Radioquiz die Hauptstadt von Brasilien wusste. Super. Problem: die Antwort war falsch! Merkt im Film natürlich keiner, weil amerikanische Collegestudent*innen wie der US-Durchschnittsbürger wohl nicht wissen, was außerhalb der eigenen Landesgrenzen vor sich geht (wird hier zumindest eindeutig suggeriert), aber mit diesem Move unterstellen die Macher auch allen Zuschauer*innen, dass ihr Kenntnisstand diesbezüglich nicht über den eines etwa 13järhigen Schulkindes hinausgeht. Mittendrin soll das nämlich ein Super-Twist sein und erst jetzt offenbaren, in was für eine Falle sie da getappt sind. Bombe, sein Publikum wie selbstverständlich als doof einzustufen ist schon ziemlich unverschämt. Man könnte freilich eh annehmen, dass dieser ganze Trip nicht rein zufällig zustande gekommen ist, trotzdem ist die Art und Weise schon arg frech und sogar respektlos. Generell ist das ganze Szenario – auch ohne so kniffliges Erdkunde-Knowhow – vorhersehbar ohne Ende.
Der wieder mit einem Haken bewaffnete Killer in Fischerkutte konzentriert sich erstmal darauf, alle unwichtigen Nebenfiguren aus dem Weg zu räumen, unter denen sich sogar einige bekannte Gesichter wie Jack Black (Tropic Thunder) oder gar Genre-Ikone Jeffrey Combs (Der Re-Animator) tummeln. Gerade letzterer hätte als gehässiger Concierge sogar eine interessante Figur darstellen können, wird aber genau so schnell und unnötig verheizt wie alle anderen, die offenkundig nicht für den Showdown vorgesehen sind. Um den überhaupt mitzuerleben, muss sich der zweite Überlebende des Erstlings, Julie’s On-Off-Freund Ray (Freddie Prinz Jr., Eine wie Keine), ordentlich sputen. In einem völlig uninteressanten Sideplot geht es nur darum, dass er verzweifelt versucht seiner vorher noch ziemlich uncharmant und eingeschnappt angemaulten Herzdame (nur weil du wegen des Ablebens unseres gesamten Freundeskreises traumatisiert und nah am Nervenzusammenbruchs bist, willst du ein Jahr später nicht zum Tatort zurückkehren? Dumme Pute, bin beleidigt!) zu erreichen, bevor sie Opfer von Haken-Hannes wird.
Der killt übrigens nicht sonderlich spektakulär, der Härtegrad hält sich für einen Slasher doch deutlich zurück. Nicht mal ordentlich Rummsauen ist also angesagt. Stattdessen werden komplett durchschaubare Pseudo-Täuschungsmanöver gestreut, die selbst für Genre-Neulinge sehr, sehr offensichtlich sein dürften und damit ebenso lazy und desinteressiert wirken wie der gesamte Film. Ein runtergespultes Produkt, das nur einen Zweck zu erfüllen hat. Konsequent mündet das in dem wohl generischsten Slasher-Finale, dass man sich unter diesen Bedingungen nur vorstellen kann (selbst ChadGPT würde so was vermutlich gar nicht mehr ausspucken) und damit noch Hoffnung auf ein Franchise besteht (es folgte Gott sei dank nur noch eine DTV-Fortsetzung), wird am Ende noch ein komplett sinnloses Türchen offengelassen. Da kommt man sich doch glatt wieder vor wie der letzte Depp, dem nur eine Konsumware zum Bezahlen vorgeworfen wird. Immerhin haben das damals schon genug Leute gemerkt. Mal gucken, vielleicht gibt es ja noch mal ein Reboot oder doch noch „Ich kann mich noch ganz, ganz grob daran erinnern, was du mal in einem Sommer in den späten 90ern getan hast und was danach noch so alles passiert ist, habe mich die letzten 25 Jahre aber rausgehalten, kann mich ja schließlich nicht um alles kümmern, aber nun ist mir langweilig, also pass auf – Bitch!“. Wäre das nicht toll?