Seit nun mehr 50 Jahren kämpft sich James Bond durch die unterschiedlichsten Missionen, bereiste hierbei stets exotische Ort, traf auf unzählige graziöse weibliche Begleitungen und zerstörte so manches geliebtes Spielzeug von Q. Es war eine aufregende Zeit, mit Höhen und Tiefen, legendären Schauspielern und so manch einem lockeren Spruch, der in die Annalen der Filmgeschichte einging. Und was gibt es passenderes zum Geburtstag, als einen neuen Bond-Film, der noch einmal zeigen soll, aus welchem Holz 007 geschnitzt ist. Dabei galt Lange die Zukunft des berühmten britischen Agenten als ungewiss. Immerhin brachte der Beinahe-Ruin des Studio-Riesen MGM das Projekt regelrecht ins Wanken und auch die angedachten 200-Millionen-Dollar-Budget sorgten regelmäßig für Ärger. Und nicht zuletzt auch der letzte Ausflug Ein Quantum Trost, nicht unbedingt für Beifallsstürme bekannt war.
Doch allem zum Trotz, folgt mit Skyfall nun der mittlerweile 23. Teil einer Reihe, die es stets verstand, jede noch so schwierige Zeit zu überstehen. Die letzten vier Jahre haben indes dennoch Spuren hinterlassen: Denn während Marc Forster zuletzt gerade in Sachen Übertreibungen ordentlich drauf packen durfte, geht es nun einen Schritt zurück. Regisseur Sam Mendes fährt, zusammen mit den Autoren Neal Purvis, Robert Wade sowie John Logan, den eher klassischen Weg eines Casino Royale. Zielgerichtet, teils ohne Kompromisse, auf das wesentliche Beschränkt und zeitgemäßer denn je (auf eine gleichzeitig hervorragend antiken Art) folgt so nicht minder der wohl beste Bond aller Zeiten. Eine Mission, die vielschichtiger, tiefer, rauer und ungeschönter kaum sein könnte und so viel Bond präsentiert, wie niemals zuvor.
Warum, dies lässt sich unterdessen schnell festmachen – Hier ist Bond zum aller ersten Mal menschlicher denn je. Nicht nur die Vergangenheit des Super-Agenten wird thematisiert, sondern auch Schwächen offenbart, die den Agenten teils an den Rand seiner Möglichkeiten bringen. So haben sich die Drehbuchautoren viele Kniffe und Tricks (sowie Wendungen) einfallen lassen, um kurzerhand Skyfall gleichzeitig als Fortsetzung zu inszenieren, zusätzlich aber auch als Reboot, der es ordentlich in sich hat. Haben zuletzt noch Kritiker nach einen geschüttelten Martini, Qs Spielzeugen, dem alten MI6 oder gar Miss Moneypenny gerufen, so wird es dieses Mal die eine oder andere Überraschung geben, die amüsiert, beeindruckt sowie altes persifliert, ohne jemals aufgesetzt zu wirken. Zeitgleich gelingt es Regisseur Sam Mendes sehr zielgerichtet seine Story voran zu treiben.
Zwar lassen sich einige Logikfehler (Stichwort Gunkanjima, die verlassene Insel) sowie Längen nicht ganz vermeiden, doch Mendes versteht es, regelmäßig sein Publikum erneut mit neuen Aufnahmen zu begeistern. So verschlägt es James Bond unter anderem ins orientalische wie malerische Istanbul, ins grelle Schanghai, das traumhafte Macau, dem tristen England bis hin in die nebligen Highlands, die einen passenden Abschluss bilden. Die Story lebt hierbei hauptsächlich von seinen Charakteren und ebenfalls gelingt es hier Regisseur Sam Mendes, das Möglichste aus den verschiedenen Darstellern herauszuholen. Was folgt sind starke wie vielschichtige Figuren, die teilweise trotz kleiner Auftritte, eine bleibende Wirkung hinterlassen (hier gerade der alte Albert Finney als rauer Schotte).
Ebenfalls gelungen ist indes die Atmosphäre, die Skyfall von Beginn an zu verströmen weiß. Bekannt, neu, anders, teilweise klassisch und gerade deswegen interessant, zeigt sich der Film wendungsreich, düster, teils unterkühlt und ernsthafter denn je. Doch Bond bleibt keine Maschine, wie es zuletzt in Casino Royale der Fall war, noch gibt er sich teils der Lächerlichkeit preis, wie dies in Ein Quantum Trost geschah. Viel eher darf 007 punktuell Charme, seinen berühmten Zynismus sowie einen gewissen Wortwitz versprühen, während der Rest eher minimalistisch auf das wesentliche konzentriert bleibt. Sei dies die Action, die Dialoge oder Bonds Mimik, die gerade zu Beginn einen durchaus verzweifelten Charakter offenbart (Daniel Craig gibt sich indes gewohnt routiniert). Erst nach und nach gibt es dann eine Rückkehr, die zu alten Stärken zurückführt. Und gerade der Auftritt von Q, passend mit dem jungen Ben Whishaw besetzt, setzt hier ein eindeutiges Zeichen.
Das Finale schließlich, gibt anschließend den Ton an, wobei spätestens hier wahre Nostalgie-Stimmung aufkommen sollte. Natürlich braucht ein James Bond unterdessen auch einen passenden Gegenspieler, der dem Agenten ordentlich Paroli bieten kann. Und die Besetzung von Javier Bardem erweist sich dabei als Glücksgriff. Bardem spielt die Rolle des Silva erfrischend unkonventionell, sodass sich der Bösewicht kaum in bekannte Klischees stecken lässt. Einen Nachteil gibt es indes dennoch, denn während gerade das erste Treffen von Bond und Silva eine gruselige Stimmung zu verbreiten weiß, flacht danach die Präsenz etwas ab. Die Beweggründe sind es, die es dem Zuschauer schwer machen, jeglichen Handlungen des Terroristen zu folgen. Zwar ist Rache stets ein interessantes Motiv, doch eine gewisse Oberflächlichkeit lässt sich dabei nicht verneinen. Als psychopathischer Nemesis, kann Bardem dennoch auftrumpfen und so selbst James Bond ist Wanken bringen.
Natürlich lebt ein moderner Bond auch von seiner Blockbuster-Inszenierung, die gerade bei einem solch hohen Budget üppig ausfallen sollte. Und ja, Skyfall knüpft nahtlos an die rasanten, intensiven wie höchst spannenden Action-Jagden an, die ein Casino Royale zu dem machten, was er schließlich wurde. So gibt es nicht nur eine intensive Verfolgung durch ganz Istanbul (die schon zu Beginn dem Zuschauer dem Atem raubt), sondern auch fantastische 1:1 Kämpfe (grandios in einem lichtdurchflutenden leeren Bürogebäude mit hervorragendem Lichtspiel) sowie ordentlich Schießereien, die aber stets bodenständig bleiben. Mit der Unterstützung von Kameramann Roger Deakin, entsteht so eine Action, die stark, übersichtlich, kreativ und dennoch ansprechend dynamisch daher kommt und somit die Laufzeit von 145 Minuten immer wieder mit neuem Feuer einheizt.