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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Aaron ist zwölf Jahre alt und lebt gemeinsam mit seiner völlig verarmten Familie in einem heruntergekommenen Hotel voller merkwürdiger Gestalten. Um sein wahres Leben zu verheimlichen, erzählt er in der Schule raffinierte Lügengeschichten über seine Familie. Doch als sein Vater wegen eines Jobs verreist und seine Mutter ins Krankenhaus kommt, muss sich Aaron auf einmal allein zurechtfinden.

Kritik

Wie selten ist doch im neueren Kino der letzten Jahrzehnte die Erfahrung geworden, in eine Erzählweise einzutauchen, die dem Lesen eines Buches ähnlich ist. Wo das Medium Film sich ganz seiner Vorlage hingibt und in Bescheidenheit dem Text durch Bilder Flügel verleiht. Die Kamera in ruhigen Aufnahmen die Gesichter der Charaktere erkundet und sanfte Schnitte die Episoden der Geschichte unterteilen. Wo die Dramaturgie einem natürlichen Fluss unterliegt und unsere Gefühlswelt mit einer besonderen Sensibilität in Schwingung gerät. Man mag diese Art von Film klassisch und antiquiert nennen, ihren besonderen Charme hat sie trotzdem. Auch bleibt es zu diskutieren, ob ein Film nicht immer versuchen sollte, der Vorlage etwas hinzuzufügen. Doch liegt nicht in der Zurückhaltung und vollendeten Hingabe an die Vorlage auch eine Stärke? Mit seinem gerade einmal dritten Kinofilm schuf Steven Soderbergh 1993 mit König der Murmelspieler einen Film, der ein Musterbeispiel für die bedingungslose Vertiefung in seine Vorlage ist. Zu Unrecht ist er aufgrund Soderberghs wesentlich populäreren späteren Filme nahezu in Vergessenheit geraten.

Wie Soderbergh die Memoiren des 1917 geborenen und immer noch lebenden amerikanischen Autors A. E. Hotchner in Form eines Filmes verarbeitete, ist bewundernswert. Er verfasste selbst das Drehbuch und lässt in seiner Inszenierung keinen Zweifel darüber aufkommen, dass er mit viel Herz und Hingabe bei der Sache war. Dies mag auch dem Umstand geschuldet sein, dass König der Murmelspieler eine Geschichte erzählt, die nicht nur in der amerikanischen Gesellschaft verwurzelt, sondern thematisch von universeller Relevanz und deshalb besonders ergreifend ist. So betreffen Einsamkeit und Verlassenwerden jeden von uns. Wenn ein zwölfjähriger Junge von seinen Eltern im Stich gelassen wird und Episoden seiner Kindheit nahezu allein verbringen muss, geht es uns umso näher. Die Gründe dafür, dass Aaron (Jesse Bradford, Flags of Our Fathers) plötzlich auf sich allein gestellt ist, bestehen oberflächlich in der schweren Krankheit seiner Mutter (Lisa Eichhorn, Yanks) und einem Jobangebot seines Vaters (Jeroen Krabbé, Auf der Flucht). Ob es in der Tiefe dem äußeren Umstand ihrer Armut geschuldet ist, dem mangelnden Pflichtbewusstsein des Vaters oder der frühreifen Persönlichkeit Aarons lässt der Film in der Schwebe und wird damit der Komplexität menschlichen Zusammenlebens gerecht.

Trotz der schwerwiegenden Umstände, mit denen Aaron einen Umgang finden muss, bewahrt sich der Film eine Leichtigkeit. Wie Anekdoten erzählt er Abschnitte und Erlebnisse aus der Kindheit von A. E. Hotchner. Durch die Augen des Jungen werden die schlimmen Verhältnisse zu Abenteuern, die es zu bestehen gilt. Dabei ist die Fantasie des Jungen seine wohl größte Ressource. Aus Scham erzählt er in der Schule wild ausgeschmückte Geschichten über seine Familie, bis er nahezu selbst daran glaubt. Zu der Abenteuerlust und dem kreativen Vorstellungsvermögen Aarons passt die wunderbar verspielte Musik von Cliff Martinez. Auch wenn der Junge für seine zwölf Jahre schon erstaunlich integer und autark wirkt, ist er auf die verbliebenen Menschen in seiner Umgebung angewiesen. So spielen die Begegnungen mit den kauzigen Mitbewohnern des Hotels, in dem Aaron auch nach der Abreise seiner Eltern wohnt, eine zentrale Rolle. Die Geschichten der einzelnen Menschen und der Beziehungen zueinander sind es, die dem Regisseur vor allem am Herzen lagen. Das bescheidene Aufgreifen der biografischen Vorlage wird hier zum Geniestreich.

Fazit

„König der Murmelspieler“ ist der zu Unrecht in Vergessenheit geratene dritte Kinofilm von Steven Soderbergh, der die Kindheit des Autors A. E. Hotchner episodenhaft nacherzählt. In vorbildlicher Zurückhaltung gegenüber der Vorlage lebt der Film von seiner puren und herzlichen Art, die schwierige Kindheit eines Jungen durch seine Augen zu einem Abenteuer werden zu lassen. Ein berührender Film, der in seiner Erzählweise der Vertiefung in ein Buch durchaus nahekommt.

Kritik: Jonas Göken

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