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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

US-Komödie aus dem Jahr 1950. Elwood P. Dowd ist ein gutmütiger und freundlicher Zeitgenosse. Zusammen mit einem riesigen imaginären Kaninchen, das nur er sehen kann, geht er durchs Leben. Doch Elwoods Krankheit passt seiner Schwester so gar nicht und sie beschließt kurzerhand, ihn in ein Sanatorium einliefern zu lassen. Ausgezeichnet mit dem Oscar für die beste Nebendarstellerin (Josephine Hull).
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

„In dieser Welt, Elwood, kannst du sehr schlau sein oder sehr freundlich. Früher bin ich nur schlau gewesen. Heute bin ich freundlich... und ich bin dabei glücklich!“

Kennen wir nicht alle diese sonderbaren, aber trotzdem irgendwie liebenswerten Gestalten? Liebenswert in der Regel wohl nur so lange, wie wir sie mit einem selbstdefinierten Toleranz-Abstand betrachten, bestaunen, belächeln oder sogar komplett ins Herz schließen können? Unangenehm, unheimlich oder gar tragisch bis selbst- und fremdgefährdend vielleicht aus einem anderen, näheren und objektiveren, dichter involvierten Blickwinkel, den wir uns im ungünstigsten Fall auch nicht selbst aussuchen können? Was macht man mit dem wohl nettesten Mensch der Welt, der offenkundig nicht mehr alle Latten am Zaun hat (dessen Hintergrund sich psychologisch wie medizinisch durchaus bedenklich begründen ließe), aber genauso -  und nur so -  sein Glück gefunden hat und sogar das Wunder vollbringt, sein von Logik, „Nüchternheit“ in allen Bedeutungsstufen und gesellschaftlichen Normen selbstverständlich geprägtes Umfeld so charmant und niemals intrigant oder manipulativ auf Links zu drehen, dass man  bei allen Beteiligten von einem Gewinn der Lebensqualität sprechen kann? Let it be, so verrückt es scheinen mag.

Schon kurios, wenn man Idee, Qualität, Details und Zeitbezug eines unbestrittenen Filmklassikers ausgerechnet dann überprüft, wenn es das Schicksal wohl gerade exakt so gewollt hat. Betrachten wir mal diesen Film, als wäre es seine Uraufführung: Wir schreiben den Februar 2018 und es erscheint eine große Hollywood-Produktion namens Mein Freund Harvey. Mmh, eher unglücklicher #MeeToo-Titel, aber es kommt ja noch besser: Wie selbstverständlich hier unter sensiblen Gesichtspunkten der flotte 50er-Popo-Klatsch-Sexismus gelebt und gerne für einen Gag verbraten wird wie ein Spiegelei-Zwiebel-Sandwich für ekelhafte Schürzenjäger, die Mistgabeln und Scheiterhaufen vor den Kinos würden glühen. Unabhängig von dieser sehr akuten und nicht unbegründeten Debatte, hier aber im zeitlichen Kontext durchaus noch als (definitiv) ironisch wie satirisch zu bewerten, denn Mein Freund Harvey stellt generell in Frage, was moralisch und kulturell als adäquat und akzeptable zu betrachten ist, oder wo unter sehr diffizilen Gesichtspunkten eventuell eine Grenze überschritten werden darf, wenn der Zweck die Mittel – oder eher umgekehrt – heiligt.

Elwood P. Dowd (James Stewart, Vertigo – Aus dem Reich der Toten) ist wohlhabend, allseits beliebt und geht freudestrahlend-unbedarft durchs Leben, immer in Begleitung von seinem Best-Buddy Harvey. Einem 2 bis 2,10 Meter großen, weißen Hasen (die unsichtbaren Beschreibungen sind nicht eindeutig), für den Elwood gerne Hut und Mantel zusätzlich trägt oder den Martini doppelt bestellt, da Harvey auch so viel für ihn getan hat, seit er ihn einst an einer Straßenlaterne aufgegabelt hat. Eigentlich war er nur da und keiner außer Visitenkarten-Prasser Elwood kann ihn sehen, aber seine „Präsenz“ – die rein wissenschaftlich wohl eher die sonst arg negative Kombination von einer Psychose, verschleppter Traumata, schleichend-sozialer Inkompetenz und einem nicht geringfügigem Alkoholproblems manifestiert – wird zu seiner persönlichen Erlösung. Und nach und nach sogar zum Segen für sein Umfeld, die durch seine „Störung“ geheilt wird von Zivilisations- und Enthumanisierungskrankheiten.

Psychologisch im Detail betrachtet sogar sehr bedenklich, ideologisch und mit dieser Offensive von cineastischer Magie geradezu ein Meisterstück des Grauzonen-Drahtseilakts, das macht Mein Freund Harvey auf sehr ungewöhnlich-zeitlose Weise zu einem cleveren wie dennoch diskussionswürdigen Primus perfekt getimter Screwballcomedy und warmherziger Gesellschaftsparabel. James Stewart mit einer so selten gesehenen, sanften Gutmütigkeit 44 Jahre vor Forrest Gump dessen Rolle vorweg, allerdings mit einem viel spannenderen, ambivalenten und nicht völlig entschlüsselten Profil. Er ist (wohl) nicht der Außenseiter von Geburt an. Hat sich diesen Status entweder am Tresen erarbeitet, wurde in ein langsames Prozedere zu dem gemacht, eine schlanke Kombination aus beidem oder gar mehr. Egal, jetzt will er einfach nur mit seinem imaginären Freund Harvey und eigentlich jedem, den er unter den noch so unfreundlichsten Bedingungen flüchtige kennen lernt „einen lupfen“. Hoch die Tassen, denn wenn man sich auf einem gewissen Level und Augenhöhe begegnet, dann wird viel ehrlicher, menschlicher interagiert. Das kann auch ganz schnell wieder vergessen sein…aber was, wenn aus dem Negativen das Positive so destilliert wird, bis nur noch das übrig bleibt?

Mein Freund Harvey ist clever genug sich nicht zu weit über die Theke zu lehnen, durchaus massive Problematiken anzusprechen, aber so unglaublich hintergründig und stellenweise subversiv den Spieß der Spießigkeit im eigenen Fleisch umzudrehen, das ist schon verdammt ausgekocht. Man könnte von Verharmlosung sprechen, aber deutlicher will der Film einen gesunden Appell an die Selbstbestimmung versenden, der dafür mit märchenhafter Leichtigkeit hantieren darf. In der hohen Qualität trotz aller, theoretischer Kritik-Ansätze absolut erlaubt, denn Spinnen darf und muss gerade im Film immer sein Hintertürchen haben. Und dieser Film ist so pointiert, scharfzüngig und schön durchdacht, sicher auch in dem Bewusstsein anzuecken. Heute gar mehr als damals.

Fazit

Eine tolle Idee die weit über den simplen Lacher hinausgeht, ein Weltstar in seiner wohl lässigsten Performance und trotzdem noch so viel, staubloses Gag-Potenzial. „Mein Freund Harvey“ ist unverkennbar ein Kind seiner Zeit, aber einer seiner Musterschüler, weshalb er heute immer noch zwingend gesehen werden sollte. Unter diesem Qualitätsanspruch werden schon lange keine Komödien mehr gedreht, wohl auch deshalb eines der vergänglichsten Genres über die Jahre. Die Hits von einst sind die Karteileichen von morgen. Außer solche Glanzstücke wie dieses hier.

Kritik: Jacko Kunze

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