Jack Grimaldi (Gary Oldman, Die dunkelste Stunde), Sergeant beim NYPD, hat zwei Passionen: Geld und Frauen. Von beidem kann er den Hals nicht voll genug bekommen und mit beidem kann er nachweißlich nicht umgehen. Eigentlich scheint die Ehe mit seiner Frau Natalie (Annabella Sciorra, Cop Land) auf den ersten Blick auch nach Jahren noch leidenschaftlich, bei genauerer Betrachtung entpuppt sich die jedoch als aufrecht erhaltene Scharade. Sie hat nur gelernt, die zahlreichen Affären ihres Göttergatten – die längst nicht so geheim sind, wir er vermutet – nicht direkt zu thematisieren. Ganz aktuell hegt Jack eine Affäre mit der deutlich jüngeren und sichtlich naiven Sherri (Juliette Lewis, Kalifornia), die sich von ihm mehr erhofft als nur das Liebchen nebenbei. Das mag alles erstmal nur moralisch verwerflich sein, richtig kriminell wird es bei Jack’s noch triebhafteren Jagd nach dem schnöden Mammon. Oder wie er es bezeichnet: Das Loch füttern.
„Das Loch“ befindet sich unter einer Metalplatte in seinem Garten und beherbergt eine inzwischen schon stattliche Summe Geld, die er in seinem „Nebenjob“ im Auftrag des Mafiabosses Falcone (Roy Scheider, Atemlos vor Angst) angehamstert hat. Denn Grimaldi bessert sich seinen verhältnismäßig lausigen Verdienst damit auf, dass er die Aufenthaltsorte von Zeugen an die Falcone-Familie weitergibt. Dass er damit schon ziemlich viel Geld verdient hat, erscheint erstaunlich, denn bei der begrenzten Anzahl von Mitwissern in diesem Bereich, müsste die undichte Stelle doch relativ schnell auffallen (aber zu du diesem Punkt später noch ausführlicher). Als er auch die inhaftierte Auftragskillerin Mona Demarkov (Lena Olin, Die neun Pforten) ans Messer liefern soll, kommen sich seine beiden Leidenschaften verhängnisvoll in die Quere. Die so attraktive wie gefährliche Mona wickelt ihn mühelos um den Finger und verzettelt ihn endgültig in eine Abwärtsspirale, die aufgrund seines Lebenswandels eigentlich unabdingbar war. Allerdings wohl nicht in dieser rasanten und vor allem maximal fatalen Art und Weise.
Ein Blick auf den Cast dieses Neo-Noir-Thrillers von Peter Medak (Das Grauen) ringt einem ein leichtes Staunen ab. Neben den bereits erwähnten und zum damaligen Zeitpunkt alles andere als unbekannten Darstellern tummeln sich da selbst in kleinsten Rollen Namen wie Michael Wincott (Robin Hood – König der Diebe), Dennis Farina (Snatch – Schweine und Diamanten), James Cromwell (L.A. Confidential), Will Patton (Halloween Ends) oder Ron Perlman (Hellboy). Die können aufgrund der Kürze ihrer Auftritte gar nicht richtig auf sich aufmerksam machen, unabhängig davon überstrahlt Gary Oldman natürlich alles. Der ist als hoffnungslos triebgesteuerter Bulle im freien Fall von seinem über Jahre schon nur auf einem sehr wackelig errichteten Podest aus Lügen, Gier und irgendwann zum Scheitern verurteilten Kuhhandeln famos, wie praktisch immer zu diesem Punkt in seiner Karriere. An seiner Leistung, Präsenz und der grundsätzlich schön fatalistischen Grundstimmung liegt es, dass Romeo is Bleeding das Potential zu einer echten Genre-Perle und Geheimtipp besitzt, was ihm seitdem auch immer wieder attestiert wird. Das ist so gesehen verständlich, letztendlich aber leider nur Wunschdenken bzw. ein „Scheitern“ auf gehobenem Niveau.
Das Drehbuch erweist sich als massive Baustelle, da die Plausibilität an entscheidenden Eckpfeilern schlicht nicht gegeben ist. Das beginnt schon bei dem sofortigen Verfall von Grimaldi an die Reize der Profikillerin, bei denen es reicht, mal kurz den Schlüpfer aufblitzen zu lassen. Sexsucht hin oder her, er weiß schließlich, wen er da vor sich hat. Das wirkt wie ein schlampiger Abklatsch von Basic Instinct, der diesen sehr schmalen Grat zwischen Pulp und Genre meisterlich zelebrierte. Dort schien die Rollenverteilung vom manipulativen, weiblichen Raubtier und der läufigen, nur durch den Hosenschlitz denkenden Beute glaubwürdiger, da wesentlich besser aufgebaut und fast olfaktorisch und gustatorisch inszeniert. Das spürt man, das glaubt man, egal wie reißerisch die Prämisse sein mag. Auf nichts Anderes zielte Paul Verhoeven (Elle) damals ab. Peter Medak und sein Drehbuchautor Hilary Henkin (Road House) schießen diesbezüglich nicht nur aus der Hüfte, sondern auch noch meilenweilt am Ziel vorbei. Die gesamte „Beziehung“ der Hauptfiguren ist blitzartig aus dem Ärmel geschüttelt und wird mehrfach dermaßen „auf die Probe gestellt“, dass es gen Ende wirklich nicht mehr tragbar ist.
Dazu schleichen sich noch diverse Ungereimtheiten im Plot ein, insbesondere fast alles, was sich im Schlussdrittel abspielt. Romeo is Bleeding fühlt sich an wie eine leidenschaftliche, hochinteressante Grundidee, die aber in der Entwicklung nie über den zweiten Akt hinausgegangen ist. Anders lässt sich dieses enttäuschende, da schlicht fahrig ausgearbeitete Finish, kaum erklären. An den tollen Darstellern liegt es selbstredend nicht, da spielt der Film auf sehr gehobenem Niveau. Es fehlt eigentlich „nur“ an einem runden Gesamtbild, aber gerade daran kann sich so ein Projekt auch gnadenlos aufhängen. Das geschieht alles in allem nicht komplett, die Ernüchterung dominiert am Ende aber mehr als die vorher aufgebaute, vielversprechende Basis.