Schon im letzten Jahr zog nicht unbedingt hinter vorgehaltener Hand die wenig rosige Vermutung ihre Runden, dass James Franco in absehbarer Zeit zu den Filmschaffenden gehören wird, die erhöhte Gefahr laufen, das Burnout-Syndrom zu erleiden: Bei seinem schier unermesslichen Arbeitspensum möchte man da beinahe ohne größere Bedenken einlenken, ist der sagenhaft ambitionierte Franco doch nicht mehr nur als Schauspieler tätig, sondern unlängst auch als Autor, Regisseur, Produzent, bildender Künstler (dazu zählt die Bildschnitzerei sowie das Zeichnen), gerngesehener Talk-Show-Gast und inzwischen auch als Dozent an der New York University. Und da hat es sich Franco selbstverständlich auch nicht nehmen lassen, zusammen mit elf seiner Studenten_innen ein gemeinsames Projekt in die Wege zu leiten, welches sich mit dem US-amerikanischen Genius C. K. Williams, eine prägende Koryphäe in der Dichtung und unlängst mit dem renommierten Pulitzer-Preis honoriert worden, auseinandersetzt und gleichermaßen Tribut zollt. Das filmische Ergebnis ist so ernüchternd wie enervierend.
Die Regisseure_innen (darunter Gabrielle Demeestere, Brooke Goldfinch, Pamela Romanowsky, Bruce Thierry Cheung, Edna Luise Biesold, Shripriya Mahesh, Sarah-Violet Bliss, Alexis Gambis, Tine Thomasen, Omar ZunigaHidalgo und Virginia Urreizieta) sorgen sich reichlich wenig darum, die Herkunft ihres „The Color of Time“ denkmöglich zu verschleiern: Es erwartet den Zuschauer nämlich genau der zerfaserte Hochschulschlonz, den wohl passenderweise vor allem James Franco als „künstlerisch wertvoll“ verifizieren würde. Dass soll nun nicht bedeuten, dass der Name James Franco in Independent-Produktionen grundsätzlich für die verquaste artsy-fartsy-Attitüde herhalten muss, wie die nichtsdestotrotz anstrengenden „As I Lay Dying“ und „Child of God“ bestätigen, im Endeffekt aber wird hier eine verkünstelte Adler freigeschaufelt, die sich im autonomen Output Francos immer wieder angedeutet hat: Zum Ende von „The Color of Time“ gibt es dann natürlich auch Seifenblasen zu bestaunen, wie sie formvollendet über den Köpfen der Familiemitglieder schweben – Der allgemeine Höhepunkt der bräsigster Latrinenpoesie.
Dabei wartet „The Color of Time“ mit einem äußerst interessanten Ensemble auf.Neben James Franco, der in der Rolle des C.K. Williams zu sehen ist, gesellen sich auch Darsteller Mila Kunis, Jessica Chastain, Zach Braff, Bruce Campbell, Henry Hopper in die namhafte Riege und dürfen sich freilich heftig unter Wert verkaufen. „The Color of Time“ strebt an, dem musischen Riesen Williams durch einige seiner Gedichte (entnommen aus seiner Anthologie „Tar“) auf den lyrischen Zahn zu fühlen, ihn nicht zu psychologisieren, aber als emotional strauchelndes, bisweilen ausgebranntes Individuum fassbar zu machen; aufzuzeigen, wie die Beziehung zu seiner inbrünstig verehrten Mutter jeden Gleichklang verlor, wie ihm die Partitur seines Lebens entwichen ist und er nicht mehr wusste, in welche Richtung es ihn nun treibt. In einem diskontinuierlichen Gedankenrausch, einem assoziativ-montierten Mosaik im Parallelschnitt, tasten wir uns durch die pastellfarbende Szenerie, ein übersättigter Sturm der Erinnerungen, bis C.K. Williams selbst nicht nur im Sumpf der Sentimentalität versinken darf, sondern auch „The Color of Time“ den ganzen Batzen Prätention heruntergewürgt hat.