Eine in sich abgeschlossene, völlig ohne jegliche Sequel-Ambitionen gedrehte Komödie fortzusetzen und dabei sowohl Neues zu bieten als auch den Geist des Originals nicht zu verraten, ist mit Sicherheit eine nicht einfach zu meisternde Gratwanderung. Das gilt vor allem angesichts der Tatsache, dass die meisten Fortsetzungen, die unter diesen Bedingungen entstehen auf der ganzen Linie enttäuschen, wenn schon nicht kommerziell dann zumindest qualitativ. Trotz dieser diffizilen Ausgangssituation treiben finanzieller Erfolg (im Falle von „Hangover“ knapp 400 Millionen Dollar Boxoffice) und eine kurzfristige Steigerung des eigenen Marktwerts in Hollywood viele Produzenten, Regisseure und Drehbuchautoren dazu, sich nach einem tollen Erstling gleich einen noch tolleren zweiten Teil und am besten einen phänomenalen dritten Streich einfallen zu lassen. Schneller, höher, weiter, aber auf keinen Fall etwas Neues oder Riskantes, heißt in diesen Fällen nur allzu oft die Devise. Diesen Vorwurf muss sich leider auch „Hangover 2“ von Todd Philips gefallen lassen.
Die äußerst sympathische Anarcho-Komödie „Hangover“ aus dem Jahre 2009, feierte nicht nur weltweite Einspielrekorde sonders auch Kritikererfolge, überraschte durch ideal besetzte (Haupt‑)Darsteller, eine innovative Grundidee, perfektes Timing und einen Feel-Good-Score à la „American Pie“. Die möglichst rasche Produktion eines zweiten Teils war somit unumgänglich.
Phil (Bradley Cooper aus „Ohne Limit“), Stu (Ed Helms aus „The Office“), Alan (Zach Galifianakis aus „Stichtag“) und Doug (Justin Bartha aus „Das Vermächtnis der Tempelritter“), unsere vier Helden aus Teil eins, haben wieder allen Grund zu feiern. Stu wird in Kürze die bezaubernde Lauren (Jamie Chung aus „Sucker Punch“) heiraten – und das nicht irgendwo, sondern in Thailand. Klare Sache, dass sich unser Gespann diese Möglichkeit zu feiern nicht entgehen lassen kann. Nach anfänglichem Zögern und der Beschränkung auf ein Bier, entgleist die Situation ein weiteres Mal und das Wolfsrudel sieht sich am Morgen danach mit einigen schwerwiegenden Problemen konfrontiert. Völlig am Ende erwachen Phil, Stu und Alan in einem ihnen unbekannten Hotel in Bangkok. Stu ist im Gesicht tätowiert, Alan hat keine Haare mehr am Kopf und Phil ist im Besitz des abgetrennten Fingers von Laurens jüngerem Bruder Teddy (Mason Lee). Dieser wiederum ist nach der wilden Partynacht nicht mehr auffindbar, was die drei Chaoten zu einer Odyssee durch Bangkok zwingt. Vorbei an stummen aber trinkfesten Mönchen, dealenden Affen, Mannsfrauen und einer beträchtlichen Spur der Verwüstung rekapitulieren sie Stück für Stück den vorangegangenen Abend. Ein Schelm wer bei dieser Inhaltsangabe nicht an den Erstling denkt.
Die Besetzung von „Hangover“ ist der Fortsetzung ebenso erhalten geblieben wie Regie, Produktion und Score. Lediglich erweitert um Jamie Chung und Mason Lee – in kleineren Nebenrollen – setzt Todd Philips hauptsächlich auf sein bereits bekanntes Dreigespann, das gewohnt spielfreudig und destruktiv von einem Schlamassel zum nächsten stolpert. Dank einer auf Übertreibung, Ekel und überbordende Brutalität setzenden Inszenierung, wirken die ungleichen Freunde jedoch trotz allem nicht mehr annähernd so sympathisch und bodenständig wie noch in Teil 1. Ganz im Gegenteil. Ihre Abenteuer wirken abgehoben, übertrieben und unrealistisch, womit auch die Identifikation des Publikums schwindet. War es im ersten Teil beispielsweise noch die Hochzeit mit einer heißen Stripperin mit der sich Stu nach seinem Blackout konfrontiert sah, muss es in Teil zwei gleich Sex mit einem Transvestiten sein.
Auch der Film an sich läuft im Kern exakt gleich ab wie bereits der Vorgänger. Böses Erwachen, Anruf, Geständnis, Rückblende, falscher Austausch, Rückführung zum Filmbeginn, Erkenntnis und danach ein Hollywood-typisches Happy End. Nichts Neues in Thailand und Bangkok. „Hangover 2“ eine Kopie des Erstlings zu nennen wäre somit nahezu eine Untertreibung – die Worte Remake und Plagiat liegen die gesamten 102 Minuten Laufzeit in der Luft. Das wiederum kostet „Hangover 2“ (gemeinsam mit der realitätsfremden Übersteigerung der durchzechten Nacht) etliche Sympathiepunkte. Der Film hat seine Unschuld verloren.
Der Überraschungseffekt von „Hangover“ fehlt somit im Sequel ebenso wie die zwingende Identifikation mit den Figuren, da die Reise durch Bangkok mehr noch als jene durch Vegas jeder realistischen Beschreibung spottet. Das Team der Verantwortlichen setzt zu 100 Prozent auf die bewährte Gewinnmaximierungsformel von Hollywood-Komödien: schneller, härter, übertriebener und unrealistischer als der Vorgänger, aber keinen Quint innovativer.