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"Babylon Berlin" - Staffel 1 & 2 - Kritik

von Pascal Reis

Kritik

Eine Machtdemonstration. Genau das ist das von X Filme Creative Pool, ARD Degeto, Sky und Beta Film produzierte Babylon Berlin, eine Adaption Volker Kutschers Kriminalroman Der nasse Fisch. Wie aber soll das Format, hinter dem sich große Namen wie Achim von Borries (Vier Tage im Mai), Hendrik Handloegten (Fenster zum Sommer) und vor allem Tom Tykwer (Ein Hologramm für den König) versammelt haben, mit dem amerikanischen Serienmarkt Schritt halten? Vielleicht ist es die falsche Erstherleitung, wenn man das üppige Budget der Serie als Argument für den Qualität heranzieht: 40 Millionen Euro hat die Produktion verschlissen. 40 Millionen Euro, die sich in der handwerklichen Klasse fraglos ablesen lassen. Aber vorerst: Worum geht es eigentlich? Schließlich gewinnt das Stoffliche doch immer gegen das Formale.

Dreh- und Angelpunkt ist der Kölner Kommissar Gereon Rath (Volker Bruch, Der Baader Meinhof Komplex), der nach Berlin kommt und den Auftrag verfolgt, ein kompromittierendes Videoband aufzuspüren. Mehr muss zum kriminalistischen Narrativ der Serie auch gar nicht weiter erwähnt werden, ist Babylon Berlin doch ohnehin allzu sehr daran interessiert, Finten und Haken zu schlagen, was das Sehvergnügen über die 8 Folgen der ersten Staffel gerne mal verknotet, verschachtelt und hin und wieder auch verkeilt. Babylon Berlin nämlich fungiert auf mehreren Kriegsschauplätzen, wenn man so möchte: Er erzählt, der wohl spannendste Aspekt der Serie, vom Kriegstrauma seiner Hauptfigur, einem Morphium-süchtigen Veteran, dem die Erfahrungen aus dem ersten Weltkrieg aus jeder Körperfaser quellen, der sich im Zuge seiner Ermittlungsarbeit aber in neue Abgründe bewegt.

Darüber hinaus geht es um Konspiration, um organisiertes Verbrechen, um die Nachzeichnung eines zeitgeschichtlichen Gesellschaftspanoramas und natürlich darum, das immense Figurenkarussell, welches fast durchgehend mit großen Namen aus der deutschen Film- und Fernsehkultur besetzt wurde, kontinuierlich in Schwung zu halten. Dass eine derartige Großproduktion wie Babylon Berlin, an der über 1000 Menschen mitgewirkt haben, da gerne einmal etwas überladen wirkt, versteht sich von selbst. In hiesigem Falle ist es so, dass es die kreativen Köpfen im Hintergrund, also Borries, Handloegten und Tykwer, etwas aus den Augen verloren hat, Identifikationspotenzial aufzubauen. Nicht falsch verstehen, ein ambitioniertes, künstlerisches Werk muss sich dem Zuschauer nicht einschmeicheln, doch der Schlüssel des serielle Erzählens ist es, das Interesse der Zuschauer zu gewinnen und dieses auf die Charaktere zu kanalisieren.

In Babylon Berlin bleibt dieses Einfühlvermögen auf der Strecke, was das Format selbst zu einem gerne mal kalten und distanzierten Erlebnis erklärt. Dass die erste Staffel dieses in jedweder Hinsicht überdimensionierten Prestigeprojekts dennoch ungemein wirkungsmächtig auf den Zuschauer eindrischt, verweist auf die Kompetenzen, mit denen sich Babylon Berlin dann doch zweifelsohne brüsten darf: Inszenatorisch nämlich haben Tom Tykwer und seine Protegés hier Geschichte geschrieben. Der produktionstechnische Aufwand, der sich in Kulissen, Kostüme und selbstverständlich in der Technik höchstselbst niederschlägt, ist von machtvoller Detailbesessenheit geprägt. Früher Höhepunkt der ersten Staffel ist wohl die Reiz-überschäumende Massenperformance im sogenannten Moka Efti, in dem die Sängerin Nikoras (Severija Janusauskaite, Der Stern) mit Zu Asche, zu Staub einen Chanson schmettert, der nicht nur das Titellied der Serie darstellt, sondern wahrlich die Sinne beflügelt.

Beeindruckend an Babylon Berlin allerdings ist auch, wie exakt es der Serie gelingt, ein akkurates Stimmungsbild jener goldenen Zwanziger in Szene zu gießen. Hier wird das Schicksal einer kriegszitternden Generation beschrieben, die gerade dabei ist, ihre Ängste bestmöglich zu verdrängen und sich damit eben auch schon unbewusst auf das nächste schwarze Kapitel nationaler wie internationaler Zeitgeschichte einstellt. In hypnotischen Bild- und Klangwelten lokalisiert sich Babylon Berlin zwischen Hardboiled-Verdichtungen und bildgewaltigem Peroid Picture. Überall, egal, wohin sich die Charaktere bewegen, sind Quellen der Angst aufzuspüren. Quellen, die sich in der Vergangenheit mobilisiert haben und in die Zukunft verweisen. Und womöglich liegt hier die Genialität der Serie begraben: Im Schmelztiegel der Vergangenheit, blickt man nicht nur auf das Hier und Jetzt, sondern in die Zukunft. Auf die schwarzen Wolken, die blutroten Sturzbäche, das braune Gift.


Technisches zu den Blu-Rays

Universum Film veröffentlichte die erste Staffel von Babylon Berlin am 5. Oktober 2018 auf dem deutschen Heimkinomarkt. Die uns vorliegende Blu-Ray weiß technisch voll zu überzeugen, sowohl Bild (1,78:1) als auch Ton (Deutsch (DTS-HD MA 5.1) sind überaus gelungen. Bonusmaterial ist leider keins vorhanden.

Universum Film veröffentlichte die zweite Staffel von Babylon Berlin am 19. Oktober 2018 auf dem deutschen Heimkinomarkt. Die uns vorliegende Blu-Ray weiß auch hier technisch voll zu überzeugen, sowohl Bild (1,78:1) als auch Ton (Deutsch (DTS-HD MA 5.1) sind überaus gelungen. Hier gibt es wieder eine technische hohe Qualität zu bewundern, die vor allem auf guten TV-Anlagen zur Geltung kommt. Bonusmaterial ist leider keins vorhanden.

Fazit

Durch den enormen Stilwillen beweist "Babylon Berlin", dass Deutschland mit amerikanischen Serien durchaus Tritt halten kann. Hypnotische Bild- und Klangwelten zeichnen die goldenen Zwanziger der Weimarer Republik als von Abgründen gesäumter Druckkessel nach. Inszenatorisch und schauspielerisch ist "Babylon Berlin" über alle Zweifel erhaben.

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