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Best of the Worst: Wofür Kotztüten, wenn es diese Filme gibt? - Teil 1

von Levin Günther

Merke: Das ausgiebige Schwimmen in chemischen Abfall garantiert keine allzu lange Lebensdauer, außer man hat wie Mauerblümchen Patience Phillips (Halle Berry, „X:Men – Zukunft ist Vergangenheit“) das immense Glück und bekommt von einer mythischen Katze ordentlich den altägyptischen Mief in die Nasenflügel geblasen. Aber Achtung! Dieses Manöver kann die Konsequenz nach sich tragen, dass man unweigerlich in die Rolle der Comic-Heldin Catwoman geboren wird – ohne es selbst wirklich zu realisieren. Und genau so muss man sich auch „Catwoman“ von Jean-Christopher „Pitof“ Comar aus dem Jahre 2004 vorstellen: Patience Phillips wacht mit außerordentlichen Fähigkeiten auf, ihre Sinne sind über Nacht so dermaßen geschärft geworden, dass sich jeder normale Mensch ernsthafte Gedanken darüber machen würde, ob sich sein Körper im Moment womöglich einem drogeninduzierte Effekt ausgesetzt sieht. Die unglaubliche Körperbeherrschung, die Kraft, die Wendigkeit, für Patience Phillips ist all das kein Grund zu Aufregung, was „Catwoman“ einen substantiellen Bestandteil von Comic-Verfilmungen negieren lässt.

Natürlich ist die Akklimatisierung mit der neuen Persönlichkeit gemeint, das verschreckte Erkennen, dass man sich verändert, dass man nun zu Fertigkeiten in der Lage ist, die nicht nur Segen, sondern auch Fluch sein können. Patience Phillips aber ist dabei nur für ein gepflegtes Schulterzucken zu haben, alles in Ordnung, dann kann sie jetzt eben meterweit durch die Gegend springen (aus dem Stand, versteht sich), was „Catwoman“ ungefähr genauso inszeniert, als würde Patience die Information erreichen, dass es bei ihrem Bäcker des Vertrauens jeden Mittwoch endlich wieder hausgemachte Laugenbrötchen zu bestellen gibt. Das ruft dann die berechtigte Frage auf den Plan, wie man als Zuschauer mit der zweigeteilten Persönlichkeit der Patience Phillips umgehen soll, wenn sich nicht einmal ihr eigener Film dafür interessiert, die Janusköpfigkeit ihrer selbst zu erforschen: Und das ist schon irgendwo paradox, denn „Catwoman“ offenbart nicht nur ein rigoroses Desinteresse daran, seiner Titelfigur über Ambivalenzen zu dechiffrieren, was sie ja vitalisieren würde, Catwoman selbst ist vielmehr ein Bewusstseinszustand, den Patience hinnimmt, weil ja gerade eh nichts anderes anliegt.

Man stelle sich vor, man würde eine Eichel in den Boden pflanzen und Jahrzehnte später wieder an die Stelle zurückzukehren, an der man einst die Eichel gesät hat, um das Resultat mit großen Augen zu bestaunen: Ein prächtiger Baum, gesund, Heimat verschiedenster Tiere und Insekten, und romantischer Schattenspender für sinnliche Stunden zu zweit. Beim Anblick des Baumes würde man sich doch mindestens die Fragen stellen wollen, wie es ihm über all die Jahre ergegangen ist, wie er sich entwickelt hat, ob es Menschen gab, die ihn besucht haben, oder ob er in Einsamkeit in die Höhe geschossen ist. Die Entwicklung steht im Raum, die Erinnerung an die winzige Eichel und welch energische, biologische Prozesse sie freigelegt haben muss, um einen solchen Stamm aus der Erde zu stampfen. Wenn Patience Phillips nun die Eichel wäre und Catwoman das ausgewachsene Gehölz, dann würde sich das Drehbuch von „Catwoman“ die Zeitspanne des Entwicklungsverlauf über vermutlich damit beschäftigten, Erfahrungen über die Kartoffelernte in Barbizon einzuholen. Bloß kein (psychologischer) Charakter-Fokus, der Patience Phillips und Catowman über ihre funktionale Schlagwortparallelität hinaus grundiert.

Tatsächlich ist „Catwoman“ genau das Desaster geworden, von dem man an allen Ecken und Enden hört: Ein inkohärenter und frei von Stilbewusstsein heruntergebrochener Katzenjammer, der rolligen 12-Jährigen mit der knackigen Halle Berry in enger Lack-und-Leder-Montur einige neue Phantasien in den Hirnschmalz presst, darüber hinaus aber wohl so gar keinen Mehrwert zu verbuchen hat. Der emanzipatorische Charakter, der von der Catwoman-Figur ausgeht, wird schnell durch ein laszives Räkeln auf dem Fenstersims überboten und Halle Berrys deklamatorisches Bauerntheater von „Schauspiel“ ist so dermaßen neben der Spur, dass man glaubt, der skalierte Fremdschamfaktor würde glatt in neue Dimensionen durchbrennen. Wenn man einmal Zeuge davon werden möchte, wie man wirklich, wirklich uncooles Kino macht, dann ist man bei „Catwoman“ an der richtigen Adresse. Mit Sicherheit gibt dieses Machwerk einen Eindruck davon, wie sich der Brechdurchfall anfühlt, den die vom Kosmetikkonzern Hedare Beauty (fehl-)entwickelte Anti-Aging-Creme auslöst. Reines Plastikkino, so frei von Eleganz wie es uncharmant ist. Ganz wunderbar im Double mit Rob Bowmans „Elektra“ zu goutieren. 

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