Bildnachweis: HBO

"Big Little Lies" - Staffel 1 - Kritik

von Sebastian Stumbek

Story

Ein mysteriöser Todesfall während einer Wohltätigkeitsveranstaltung zugunsten einer Grundschule im kalifornischen Monterey vertieft das bereits vorhandene gegenseitige Misstrauen einiger Mütter, die scheinbar alle etwas zu verbergen haben. Drei Frauen stehen dabei ganz besonders im Mittelpunkt.

Madeline (Reese Witherspoon), eine humorvolle, aufgeweckte und in zweiter Ehe verheiratete Mutter, die nichts vergisst und sich gerne um Belange andere Leute kümmert und eifersüchtig auf die neue Frau an der Seite ihres ersten Mannes ist. Die wunderschöne Celeste (Nicole Kidman), ehemals erfolgreiche Anwältin, verheiratet mit dem steinreichen Unternehmer Perry (Alexander Skarsgård) und Mutter zweier wilder Zwillingsbrüder. Ihr scheinbares Bilderbuchleben sowie die Tatsache, dass sie älter ist als ihr Ehemann, sorgen immer wieder für Lästereien unter den anderen Einwohnern. Und die blutjunge Jane (Shailene Woodley), alleinerziehende Mutter des kleinen Ziggy, neu in der Stadt und für ihr Alter viel zu traurig. Als Ziggy bei der Einschulung ihrer Kinder beschuldigt wird, eine Mitschülerin misshandelt zu haben, nehmen Madeline und Celeste die junge Jane unter ihre Fittiche. Diese Allianz fördert alte Rivalitäten und Misstrauen zutage, die einen tiefen Riss in die Gemeinschaft der Bewohner des malerischen Küstenortes ziehen und schließlich in einem Todesfall enden.

Kritik

Mit Big Little Lies ergänzt der Bezahlsender HBO sein Portfolio um eine weitere Serie, die sich prima als Aushängeschild eignet. Besetzt mit Reese Witherspoon, Nicole Kidman und Shailene Woodley, unter der Regie von Jean-Marc Vallée (Dallas Buyers Club), schreit die Serie förmlich danach, gesehen zu werden. Basierend auf dem New York Times Nummer eins Bestseller von Liane Moriarty (Tausend kleine Lügen) fokussiert die Serie eine Gruppe privilegierter weißer Frauen aus der Oberschicht, deren nach außen so perfekt wirkende Fassade zu bröckeln beginnt, als durch einen an sich harmlosen Zwischenfall in der Schule, bei dem zwei Kinder aneinander geraten sind, eine Kettenreaktion desaströser Ereignisse ihren Lauf nimmt. Diese führt letztendlich sogar bis hin zu einem Mord. Keine Sorge, hierbei handelt es sich um keinen Spoiler, die Serie beginnt nämlich damit, uns den groben Ausgang der Ereignisse vorwegzunehmen, um dann zurück in die jüngere Vergangenheit zu springen, um innerhalb der insgesamt sieben Folgen den Tathergang genau unter die Lupe zu nehmen. Was also passieren wird, wer wen ermordet und warum es geschehen wird, all das bleibt zunächst ein Geheimnis. Wir erfahren aus einer weiteren Zeitebene, in der Zeugen unter Polizeiverhör ihre Sichtweise des Ganzen darstellen, dass alles mit einem umgeknickten Fuß von Madeline (Reese Witherspoon) seinen Lauf nahm. Die Serie entscheidet sich also dazu, ihre Erzählung mit leichtem Augenzwinkern aufzurollen. Gut platzierter Humor kann nie schaden.

Damit lernen wir zunächst einmal die Hauptakteure der Serie kennen, all das jedoch sehr unaufgeregt und bodenständig. Auf Sensation ist Big Little Lies, abgesehen vom Mordfall, so erst einmal nicht aus, sondern kommt mit seinem Auszug aus dem Alltag einiger Upper-Class-Frauen regelrecht gewöhnlich rüber. Nach außen wahren sie den Schein der Perfektion, doch jede von ihnen wird von Sorgen und Problemen geplagt, teils auch ohne sich selbst dessen bewusst zu sein. Madeline (Reese Witherspoon) beispielsweise ist eine quirlige, freche und sehr aufgeweckte Frau, die sich gern in jedermanns Angelegenheiten einmischt und kein Blatt vor den Mund nimmt. Rechtfertigen tut sie das damit, anderen helfen zu wollen, im Grunde überspielt sie damit aber nur ihren Kummer innerhalb ihrer zweiten Ehe. Und auch Celeste (Nicole Kidman) hütet ein dunkles Geheimnis. Ihre Ehe mit dem erfolgreichen Unternehmer Perry (Alexander Skarsgård) wird von allen bewundert, das Feuer und die Leidenschaft, die die beiden zu verbinden scheint, ist jedoch nur Täuschung. Dass sich hinter dieser Leidenschaft nämlich häusliche Gewalt verbirgt, die Celeste in regelmäßigen Abständen auf erschreckende Weise zu spüren bekommt, ahnt niemand. Selbst Celeste ist derart verunsichert, dass sie das Fehlverhalten ihres gestörten Mannes missinterpretiert und sich stets schön redet.

Gewalt ist generell ein sehr wichtiges Thema in Big Little Lies. Diese wird nicht nur anhand von Celeste in Form von Schlägen ihres Mannes dargestellt, auch Vergewaltigung, Mobbing, Erpressung und der letztendliche Mord werden thematisch abgearbeitet. Vollkommen tragisch bleibt die Serie trotz dessen nicht, humoristische Einschübe finden stets ihren Platz und lockern die Erzählung an passender Stelle auf, dennoch verliert sie nie ihre Ernsthaftigkeit. Und Szenen, in welchen sich beispielsweise Celeste ihrer Therapeutin öffnet und einen Blick tief in ihre Seele offenbart, wissen auch gewaltig unter die Haut zu gehen.

Dass die Figuren in Big Little Lies so gut ausgearbeitet sind ist zum einen dem weitestgehend gelungenen Drehbuch zu verdanken, aber auch den fantastischen Darstellerinnen, die ihre Rollen mit so viel Leben ausfüllen. Reese Witherspoon hat deutlich Spaß an ihrer überspitzten Rolle, steckt jede Menge Energie hinein und stellt sich so schnell ins Zentrum des Geschehens. Shailene Woodley ist da deutlich zurückhaltender, mimt die wohl greifbarste Person, mit der sich der Zuschauer am ehesten identifizieren kann. Mit ihren emotionalen Rückschlägen gewinnt sie schnell das Herz der Zuschauer für sich, Woodley meistert ihren Part ebenfalls sehr gekonnt. Nicole Kidman hat es in ihrer Rolle vermutlich am schwierigsten, immerhin sorgt ihr Charakter für die schockierendsten und unangenehmsten Momente. Kidman ist der Rolle aber stets gewachsen und leistet dabei großartige Arbeit.

Doch nicht nur die drei Damen wissen zu glänzen, auch der Nebencast um  Alexander Skarsgård, Adam Scott, Zoë Kravitz oder Laura Dern weiß zu gefallen und rundet den Gesamteindruck positiv ab.

Worin Big Little Lies letztendlich ein wenig scheitert ist der Strang um den Mordfall, der nach wie vor über all den dramatischen Geschichten hängt. Zum Ende hin wird dieser erwartungsgemäß aufgedeckt und alle bis dahin offenen Fragen werden beantwortet. Problem ist nur, dass der dargebotene Twist bereits mehrere Folgen zuvor völlig offensichtlich war und damit jede Wirkung verfehlt. Big Little Lies hat im Grunde diesen Erzählstrang nicht einmal benötigt, die Serie hätte auch ohne ihren Mord wunderbar funktioniert, vermutlich sogar besser als sich so sehr auf diesen zu verlassen.

Daher sollte man sich beim Schauen der Serie gar nicht zu sehr auf den mörderischen Ausgang fixieren und viel lieber die kleinen Geschichten am Rande aufsaugen, die dramaturgisch, teils auch humoristisch, genügend Kraft besitzen, um zu unterhalten. Auch das handwerkliche Talent von Regisseur Jean-Marc Vallée ist ein absoluter Blickfang, die ästhetisch eingefangenen Bilder versprühen eine enorme Kraft und viel Schönheit. Mit seinem gelungenen Soundtrack wird all das in Big Little Lies musikalisch auch wunderbar untermalt.

Fazit

Fantastisch besetzte Miniserie, die über ihre sieben Folgen hinweg durch ihre tragischen Geschichten, die sich hinter glänzenden Fassaden verbergen, dramaturgisch und teils auch humoristisch gut zu unterhalten weiß. Mit seinem laschen Finale enttäuscht Big Little Lies zum Ende hin zwar ein klein wenig, sollte jedoch keinesfalls allein darauf reduziert werden, denn dazu weiß der Rest viel zu sehr zu gefallen. 

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