Wo die Dramaturgie von „Cruising“ zu Anfang noch den Anschein erweckt, sich routinemäßig in die Genealogie des amerikanischen Polizei-Thrillers einzureihen, in dem ein junger Cop innerhalb seiner Undercover-Ermittlungen in ein ihm unbekanntes Milieu absteigt, bricht William Friedkin in Wahrheit zu höheren Zielen auf: Er möchte den Zuschauer nur durch Konventionen, durch das ihm Bekannte locken, um anschließend über die wahre Sinnhaftigkeit einer Identität zu sinnieren. „Cruising“ ist ambivalent, in jedweder Hinsicht, aber bei genauerer Betrachtung wird man feststellen, dass „Cruising“ keinesfalls homophobe Tendenzen bestätigt, sondern die schwule Club-Szene in den 1980er Jahren als einen faszinierend-mysteriösen Ort versteht, an dem Menschen die Chance bekommen haben, aus dem Gefängnis ihres Seins zu schlüpfen und sich permanent weiterzuentwickeln wie neuzuerfinden. Die Identität ist eine Illusion und der Mensch fortwährend in der Lage, sie wie eine Maske auf- und abzustreifen. Um diese Erkenntnis in Erfahrung zu bringen muss man sich allerdings erst einmal auflösen.