Spätestens am 1. Advent beginnt die magische Zeit der Heuchelei, Frömmlerei und Gier. Die Tage vorm Christfest bringen Bankkredit und Geduld ans Limit. Nicht nur nervlich kostet die sechste Jahreszeit Energie. Leucht-Weihnachtsmänner und Neon-Rentiere fressen genug Strom zur einjährigen Versorgung einer Großstadt, damit die deutsche Gemütlichkeit über alles auf der Welt strahlt. Aldi-Adventskalender und Peppermint-Candy-Cane-Frappuchinos können vielleicht die Cholesterinwerte heben, aber nicht die Laune. Nach dem Erwachen aus dem Zuckerkoma ist der Moment gekommen, der Realität ins Auge zu sehen. Wie geschaffen dafür sind unsere saisonalen Top-Dokus.
Die eigene Aufmerksamkeitsspanne ist stressbedingt oder von Natur aus minimal? Annie Leonards brillante Kurz-Doku packt die ökologischen und sozialen Auswirkungen von Massenproduktion und Materialismus in pointierte Animationen. Die unkomplizierten Erläuterungen sind für Kinder und Erwachsene gleichermaßen ein lohnender Denkanstoß über Konsummüll und Müllkonsum.
Michael Moores bedrückende Reportage über die ökonomische Abhängigkeit und den städtischen Verfall seines Heimatortes Flint ist eine unbequeme Erinnerung an die zahllosen Menschen, die nicht mit Weihnachtsgeld, Urlaubstagen und Geschenken gepampert werden. Statt des Christkindes kommt hier der Gerichtsvollzieher. Oh, du Fröhliche.
Ein verschneites Nest mit gerade so vielen Einwohnern, wie es Türchen am Adventskalender gibt: Dorthin zieht es einen weißhaarigen alten Mann mit großen Plänen: Leith zur faschistischen Hochburg machen. Neben Angst und Abscheu schürt der Störenfried einen verfahrenen ideologischen Konflikt, der an Spannung jeden Thriller aussticht.
Und Gott sprach: Du sollst nicht maßlos einkaufen! Gehört hat es nur Reverend Billy, Begründer der Church of Stop Shopping. Mit Gospel Chor und der Not Buying It Band predigt er vor Wal-Marts, Starbucks und dem irdischen Tor zur Hölle (AKA Disneyland). Ironie und Kapitalismuskritik befeuern die amüsante Warnung vor einem unbequem realistischen Untergangsszenario: der Shopocalypse!
Nichts passt in die Wochen der Schulaufführungen und Krippenspiele besser als eine Reportage über einen Talentwettbewerb. Selbigen beobachtet Frederick Wiseman in Bridgewater. Die Verwahrungsanstalt für geisteskranke Straftäter wäre ihrerseits ein Topkandidat in einem Wettbewerb wie etwa „Hölle auf Erden“. Dagegen wirkt ein typischer Weihnachtsmarkt fast schon normal - fast.
Und hier die Gewinnspielfrage:Was bringt euch so richtig raus aus der Feiertags- und Weihnachtsstimmung? Was sind so richtige Stimmungskiller? (Kategorie: Kommentar)