Bildnachweis:

Der Moviebreak-Adventskalender

von Tobias Kiwitt

Jedes Jahr gibt es Filme, die unter dem Radar laufen und doch eigentlich mehr Aufmerksamkeit verdient hätten. Regelrechte Geheimtipps, die uns überraschen, mitnehmen und auf eine Weise faszinieren, wie wir es vielleicht gar nicht für möglich gehalten hätten. Doch wie sah dies 2014 aus? Welche Filme sollte man sich als Film-Fan eigentlich auf jeden Fall ansehen? Wir haben uns einmal die Mühe gemacht, und euch unsere Geheimtipps des Jahres 2014 zusammengesucht. Wir wünschen viel Spaß beim entdecken.

Hinweis: Gewählt wurden Filme, die dieses Jahr in Deutschland einen Starttermin bekamen.

The Babadook: Der Film erzählt die Geschichte einer alleinerziehenden Mutter, welche geplagt von dem brutalen Tod ihres Mannes, mit der Angst ihres kleinen Sohnes kämpft, welcher ein Monster im Haus vermutet. Doch aus dem scheinbaren Spuk wird schnell bitterer Ernst.

Warum man ihn sehen sollte: Wer gerade Kinder bekommen hat oder eher Geistergeschichten unheimlich findet, sollte sich diesen Film auf jeden Fall NICHT ansehen. Das schreckliche BA BA DOOK DOOK DOOK bekommt ihr niemals wieder aus euren Köpfen. Einer der besten Horror-Filme des Jahres.

Kreuzweg: Maria ist 14 und wächst in einer Familie auf, die einer besonders strengen Richtung der katholischen Kirche angehört. Sie nimmt ihren Glauben sehr ernst und versucht, ihn im Alltag nach den Grundsätzen zu leben, die ihre Familie und der Pfarrer ihr vermitteln. Der radikale Unterschied zwischen den festen Regeln ihrer Familie, besonders der rigiden Mutter, und ihrem Leben als Schülerin setzt sie unter großen Druck. Angesichts ihrer bevorstehenden Firmung beschließt das Mädchen, ihr Leben kompromisslos Jesus zu widmen.

Warum man ihn sehen sollte: Deutsches Kino kann auch überraschen. Das wurde dieses Jahr ein paar Mal bewiesen und der Film von Regisseur Dietrich Brüggemann ist wohl hierbei einer der mutigsten. Eine schlichtweg unglaubliche wie intensive Geschichte rund um religiösen Fanatismus.

Stories We Tell: Drehbuchautorin und Regisseurin Sarah Polley entdeckt, dass die Wahrheit auch von der Sichtweise des Erzählers abhängt. Polley ist hier sowohl Filmemacherin als auch Detektivin. Sie versucht den Geheimnissen ihrer Familie auf die Spur zu kommen. Ausgelassen interviewt und verhört sie und erhält Antworten, die mal mehr mal weniger zuverlässig, unerwartet offen und meist widersprüchlich sind. Die dabei entstehende Version der Familiengeschichte verschwimmt bald zu nostalgischen Fragmenten der früh verstorbenen Mutter. Polley enttarnt Widersprüche und legt so die Essenz der Familie frei, ohne zu vereinfachen, immer charmant, chaotisch und absolut liebevoll. "Stories We Tell" erforscht die diffusen Konstrukte von Wahrheit und Erinnerungen und ist gleichzeitig ein sehr persönlicher Film darüber, wie Erzählungen uns und unsere Familie formen. Und scheinbar ganz nebenbei zeichnet Polley so ein tiefsinniges, amüsantes und treffendes Bild einer übergreifenden Geschichte des menschlichen Lebens.

Warum man ihn sehen sollte: Egal ob philosophisch, humorvoll, nachdenklich oder handwerklich anregend. Der Film von Regisseurin Sarah Polley ist dieses Jahr eine der größten filmischen Überraschungen gewesen. Der Dokumentationsfilm rund um das Geschichtenerzählen ist vielschichtig in jeder Hinsicht.

Mistaken for Strangers: 2010 ging die Indierock-Band "The National" auf die bis dahin größte Tour ihrer Karriere. Nach fünf gefeierten Alben konnten sie endlich eine breitere Bekanntheit erlangen. Der Sänger Matt Berninger hatte seinen jüngeren Bruder Tom eingeladen, ihn auf der Tour zu begleiten. Der Horrorfilm-Regisseur und Metalfan Tom brachte seine Kamera mit und dokumentierte nicht nur den Trip, sondern auch sein Leben im Schatten des berühmten großen Bruders. Das Resultat ist ein Film über Brüder und darüber, etwas selbst auf die Beine zu stellen.

Warum man ihn sehen sollte: Diese Dokumentation ist eine wunderbar ehrliche, charmante und vor allem unprätentiöse Arbeit. Ein Film irgendwo zwischen post-pubertärer, naiver Neugier und radikaler Offenheit. Eine Doku, die mal totaler Rock n‘ Roll ist und sich dann wieder in wohltuender Melancholie versucht, dabei aber immer autonom bleibt und sich niemals einer Erwartungsmechanik unterordnet.

Das finstere Tal: 1875. Ein Hochtal. Der Pfad dorthin wenig mehr als ein halb verwitterter Fußsteig zwischen Felsen. Dass dort so nah unter dem Himmel jemand lebt, ist unten kaum mehr als eine halb vergessene Legende.  Herbst. Schon liegt der Geruch von Schnee in der Luft. Ein Fremder reitet auf seinem Pferd, ein schwer beladenes Maultier hinter sich her ziehend, durch die schmale Kluft zwischen den Felswänden in die Hochebene hinein. Auf die geduckt liegenden Höfe zu. Sechs Männer erwarten ihn. Hinter ihnen die wenigen, feindseligen Bewohner des Tals. Der Fremde wird den Winter über im Tal bleiben. Gegen gute Bezahlung.  Greider. Die sechs Söhne des Brenner Bauern gestatten es ihm. Sie ahnen nicht, dass er ihr furchtbares Geheimnis kennt. Und das ihres Vaters, des Brenner Bauern, der seit Menschengedenken Herr über das finstere Tal ist. Sie ahnen nicht, dass Greider Vergeltung will. Für alles.

Warum man ihn sehen sollte: Ein Western aus Österreich ist wohl ebenso ungewöhnlich wie ein Lama auf der Zugspitze. Doch der Beitrag von Regisseur Andreas Prochaska entpuppt sich als ebenso raffinierte wie düstere Hommage an das Genre, welches einen nicht so schnell loslässt. Rache-Kino in seiner besten Form.

Coherence -Nichts ist Zufall (Kinostart am 25.12.): Alarm schlagende Smartphones kündigen in "Coherence" einen Kometen an, der für einige Stunden sehr dicht an der Erde vorbeifliegt und dadurch eine Raum-Zeit-Anomalie hervorruft. Oder wurde Em und ihren Freunden, welche sich gerade zum Dinner zusammengefunden haben, bewussseinserweiternde Substanzen untergemischt? Schon bevor der kosmische Ausnahmenzustand eintritt, wird wüst über die Auswirkungen des Himmelskörpers spekuliert. Die Nacht nimmt nicht nur eine, sondern gleich dutzende unvorhersehbare Wendungen: Auf einen Stromausfall folgen Erkundungstouren in der Nachbarschaft und eine schockierende Erkenntnis, welche das einzige noch beleuchtete Haus in der Straße bereithält. Darüber hinaus beginnen sich an den vier Paaren gewisse Verhaltensauffälligkeiten zu zeigen.

Warum man ihn sehen sollte: „Coherence“ wird eure Denkweise völlig auf den Kopf stellen. Doch nicht nur dies: Auch der Sci-Fi-Aspekt, der wahrlich minimalistisch daher kommt, bietet Stunden für geistreiche Debatten. Wo ist eigentlich meine richtige Box und Nummer?

Sag nicht, wer Du bist!: Der junge Tom aus Montreal fährt aufs Land, um am Begräbnis seines verunglückten Lovers teilzunehmen. Als er beim einsamen Gehöft der Familie eintrifft, stellt er überrascht fest, dass ihn keiner erwartet. Die Mutter Agathe weiß noch nicht einmal, dass ihr Sohn schwul war. Und der ältere Bruder Francis macht ihm blitzschnell mit Nachdruck klar, dass das so bleiben muss. Überrumpelt gibt Tom nach - und lässt sich auf ein seltsames Katz-und-Maus-Spiel mit dem Heißsporn ein, das ihn von Tag zu Tag mehr in seinen Bann zieht...

Warum man ihn sehen sollte: Xavier Dolan (gerade einmal 25 Jahre alt) ist mittlerweile ein unglaubliches Phänomen. Seine Filme (auch selbst geschrieben) liefern eine Magie, die zugleich scharf und Präzise ist, aber auch tief und erschütternd. Gerade daher, sollte man sich seine Filme nicht entgehen lassen.

Die Karte meiner Träume: T.S. Spivet ist hochbegabt, ein talentierter Zeichner und begeistert sich leidenschaftlich für die Wissenschaft. Mit seinen Geschwistern und Eltern, die unterschiedlicher nicht sein könnten, lebt er auf einer abgelegenen Ranch im ländlichen Montana. Als er vom berühmten Smithsonian Museum unerwartet nach Washington D.C. eingeladen wird, um den prestigeträchtigen Baird-Preis entgegenzunehmen, macht er sich nachts heimlich auf den Weg in die weit entfernte Hauptstadt. Seiner Familie hinterlässt er nur eine simple Notiz. An Board eines Güterzugs fährt er als blinder Passagier quer durch die USA und erlebt dabei so manches Abenteuer. In Washington ahnt allerdings niemand, dass der Preisträger erst 10 Jahre alt ist – und noch dazu ein tragisches Geheimnis hütet.

Warum man ihn sehen sollte: Wer dieses Jahr noch den perfekten Film rund um die Magie des Lebens sucht, ist bei Jean-Pierre Jeunet genau an der richtigen Adresse. Die Odysee von T.S. ist geistreich, humorvoll und wunderschön. Hier geht jeder mit einem positiven Gefühl der Freiheit heraus.

5 Zimmer Küche Sarg: Die Vampire Viago, Deacon, Vladislav und Petyr teilen sich eine Villa in Wellington. Abgesehen vom fehlenden Spiegelbild, einseitiger Ernährung und gelegentlichen Auseinandersetzungen mit Werwölfen unterscheidet sich ihr Alltag kaum von dem einer ganz normalen WG: Streitereien um den Abwasch und gemeinsame Partynächte stehen täglich auf dem Programm. Als der 8000-jährige Petyr den coolen Mittzwanziger Nick zum Vampir macht, müssen die anderen Verantwortung für den impulsiven Frischling übernehmen und ihm die Grundregeln des ewigen Lebens beibringen. Im Gegenzug erklärt ihnen Nick die technischen Errungenschaften der modernen Gesellschaft. Als er aber seinen menschlichen Freund Stu anschleppt, gerät das beschauliche Leben der Vampir-Veteranen völlig aus den Fugen.

Warum man ihn sehen sollte: Ihr mögt „Twilight“ nicht besonders und wollt gerne einmal Vampire sehen, die nicht mit Glitzer überstäubt sind oder sich im Sonnenlicht aalen? Dann seid ihr bei dieser ungewöhnlichen WG an der richtigen Adresse. Satire in seiner bissigsten Form (sorry, der musste sein).

A Touch of Sin: Ein Minenarbeiter rebelliert gegen die Korruption der Dorfoberen. Ein mittelloser Wanderarbeiter verschafft sich auf seine Weise Geld. Eine Sauna-Rezeptionistin wird von Männern so lange gedemütigt, bis sie sich wehrt. Ein junger Fabrikarbeiter zieht von einer perspektivlosen Arbeitsstelle zu nächsten. Vier Menschen, vier Geschichten, ein Schicksal. Ein Porträt des modernen Chinas, eines ökonomischen Giganten, der langsam von Gewalt zersetzt wird.

Warum man ihn sehen sollte: Das chinesische Kino hat uns dieses Jahr so manch eine Perle geschenkt, doch gerade der Film von Zhangke Jia trifft die Kultur, Politik und die Gesellschaft des aktuellen Chinas in seinem Kern. Egal ob Vereinsamung, Liebe oder Kapitalismuskritik. All dies vereint sich zudem in wunderschönen wie malerischen Bildern.

Blue Ruin
: Der ungewöhnliche Outsider Dwight (Macon Blair) ist ein am Strand lebender Rumtreiber. Er bricht gewöhnlich in Häuser ein, lebt dort eine Weile, bis er schließlich zu seinem rostigen Auto zurückkehrt. Als er eines Tages jedoch heraus findet, dass der Mann, der seine Eltern einst ermordete, wieder aus dem Gefängnis kommt, beginnt eine Jagd, die ihm endlich Vergeltung bringen soll...

Warum man ihn sehen sollte: Was „Blue Ruin“ vor allem dieses Jahr ausgezeichnet hat, war seine Bodenständigkeit sowie das eigentliche Scheitern aller Charaktere, selbst von Outsider Dwight. Rache ist nun einmal ein Gericht, welches für beide Seiten tödlich sein kann. Hart, überraschend und düster. Wunderbares Genre-Kino.

Wolf: Maj-id ist ein talentierter Kickboxer aus einer grauen Vorstadt in den Niederlanden. Während seine sportlichen Fähigkeiten immer besser werden, verschwimmen der Kampfsport und seine kriminelle Welt immer mehr miteinander, und Maj-id verliert immer mehr aus dem Blick, was er eigentlich will.

Warum man ihn sehen sollte: Milieu-Studien feiern seit Jahren eine regelrechte Hochkonjunktur. Das Budget ist klein, die Darsteller engagiert und die Geschichte so nah am Leben, wie es nur irgend möglich ist. Und gerade daher entpuppt sich auch „Wolf“ dieses Jahr als erschreckendes Kino.

Planet USA: Planet Erde. USA. 2014. Die natürlichen Erdölressourcen sind fast aufgebraucht. Der Dritte Weltkrieg droht auszubrechen. Der Hass zwischen Westen und Osten brodelt nicht nur unter der Erdoberfläche, sondern verbreitet sich wie die Pest auf dem gesamten Erdball. Major George Conrad ist ein vom Krieg besessener Irrer, ein patriotischer Chauvinist – und soll die Welt retten. Vom Ex-Präsidenten der Vereinigten Staaten erhält er einen Auftrag von höchster Geheimhaltungsstufe: gemeinsam mit einem völlig durch geknallten Elitekommando, ausgestattet mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, soll er zum Mond fliegen und dort nach vorhandenen Erdölressourcen bohren. Finanziert wird die Mission von zwei stinkreichen Scheich Brüdern, die sich mit den Amerikanern verbündet haben. Schließlich muss vom Mond aus eine Pipeline zur Erde gelegt werden. Und das kostet. Sollte die Mission gelingen, ist der Weltfrieden vorübergehend gesichert. Doch niemand unter den Beteiligten ist wer er zu sein scheint: gerade als die Friedensmission auf ihrem Höhepunkt angelangt ist, gerät alles außer Kontrolle...

Warum man ihn sehen sollte: Zugegeben – eigentlich ist der Film nur etwas für wahre Trash-Fans. Doch die werden angesichts der bissigen Satire und des unbeschreiblich grenzdebilen (aber durchaus intelligenten) Humors regelrecht in di Luft springen. Seht den teuersten Action-Film aller Zeiten (aus Österreich).

Ill Manors: Sechs junge Menschen in den nächtlichen Straßen Londons - sechs Schicksale, die nach einem missglückten Drogendeal nicht mehr die gleichen sein werden. Getragen von seinen unnachahmlichen Raps, erzählt Ben Drew von jugendlichen Killern, Drogensucht, Missbrauch und Menschenhandel - ein kunstvoll gewobenes Kaleidoskop tragischer Schicksale, das schon jetzt zu den großen Jugenddramen der Gegenwart gezählt werden muss.

Warum man ihn sehen sollte: Wie schon „Wolf“, liefert auch der Film von Regisseur Ben Drew (der auch die Musik zum Film schrieb) ein eindringliches Milieu-Drama, das vor allem von seinen starken wie realen Charakteren lebt. Schuld und Sühne lagen nie dichter beinander.

Ame und Yuki – Die Wolfskinder: Die Studentin Hana verliebt sich in einen Wolfsmann. Nachdem sie mit ihm zwei Kinder bekommen hat, stirbt er in einem tragischen Unfall. Die Erziehung der beiden Wolfskinder ist für die alleinerziehende Mutter neben dem Studium unmöglich, weshalb sie mit ihnen auf's Land zieht und von nun an als Selbstversorger leben will. Doch als die Kinder älter werden kommen immer mehr Probleme auf die Familie zu.

Warum man ihn sehen sollte: Regisseur Mamoru Hosoda lieferte uns dieses Jahr den wohl besten Animationsfilm. Wunderschön, tragisch, etwas verspielt und doch in seiner Aussage höchstdramatisch. Diese Familiengeschichte sollte man gesehen haben.

Short Term 12: Grace ist Mitte 20 und Teamleiterin bei Short Term 12, einem Wohnheim für verhaltensauffällige Jugendliche. Sie liebt ihren Job und setzt alles daran, dass sich das Schicksal ihrer Schützlinge zum Besseren wendet. An ihrer Seite arbeitet ihr langjähriger Freund Mason. Als eine Teenagerin eingeliefert wird, die durch ihr besonders gewalttätiges Verhalten aufgefallen ist, findet Grace schnell einen Draht zu ihr, da sie und das Mädchen ähnliche traumatische Erfahrungen teilen. Doch es gibt noch etwas anderes, das Grace mit sich herumträgt – und vor Mason geheim hält.

Warum man ihn sehen sollte: Der Indie-Film von Regisseur Destin Daniel Cretton lieferte uns dieses Jahr das wohl natürlichste Drama im Genre. Unbeschwert, höchst gefühlvoll sowie darstellerisch perfekt, gibt es ein Drama, welches das Herz berührt.

Timbuktu: Ein junges Paar lebt mit seinen zwei Kindern in der Stadt Aguelhok im Nordosten von Mali. Es ist eine Zeit, in der die Region unter der Kontrolle von islamistischen Radikalen steht. Das Paar soll gesteinigt werden, weil es nicht formell geheiratet hat.

Warum man ihn sehen sollte: Regisseur Abderrahmane Sissako liefert uns mit seinen fast schon dokumentarischen Bildern ein erschütterndes Drama, das angesichts seiner Aktualität nochmals an Schrecken gewinnt. Für Fans des dramatischen Kinos ein absolutes Muss.

Winterschlaf: In den imposanten Bergen Kappadokiens betreibt der ehemalige Schauspieler Aydin ein kleines Hotel, in dem er mit seiner deutlich jüngeren Frau Nihal und seiner gerade geschiedenen Schwester Necla wohnt. Nebenbei vermietet er im Dorf diverse Häuser. Die Drecksarbeit übernimmt für ihn der Hausmeister Hidayet, denn Aydin hat Besseres zu tun. Er schreibt belehrende Kolumnen für eine Regionalzeitung und arbeitet an einem Buch über die Geschichte des türkischen Theaters.

Warum man ihn sehen sollte: Die insgesamt 196 Minuten Laufzweit von „Winterschlaf“ sollten nicht abschrecken. Denn der Film von Regisseur Nuri Bilge Ceylan liefert uns eine Charakter-Studie, die eindringlich den Zerfall einer Ehe schildert. Wunderschönes wie tieftrauriges Kino zugleich.

Mommy: Die resolute Diane liebt ihren 15-jährigen Sohn Steve über alles, obwohl er sie mit seinen extremen Wut- und Gewaltausbrüchen in den Wahnsinn und in den Ruin treibt. Seit dem Tod seines Vaters hat Steve eine Reihe von Heimen für schwer erziehbare Kinder durchlaufen. Nun kommt er zurück zu seiner Mutter, weil niemand sonst mit ihm fertig wird. Mit seinem fordernden Anspruch auf die Rolle des Mannes im Haus und seiner überbordenden Liebe zu ihr stellt er sie auf die Probe. Dabei ist Diane auch ohne ihren unbändigen Sohn längst überfordert mit sich und der Welt. In ihrem Bemühen, ihr Schicksal zu meistern, bekommt sie unverhofft Hilfe von der schweigsamen Nachbarin Kyla, der es gelingt, eine Balance in der Mutter-Sohn-Beziehung zu schaffen und eine zarte Hoffnung auf eine vielleicht doch noch glückliche Zukunft aufkeimen zu lassen.

Warum man ihn sehen sollte: Auch mit „Mommy“ liefert uns Regisseur und Autor Xavier Dolan ein erschütterndes Psycho-Drama, das mit seiner Sohn/Mutter Geschichte zu begeistern weiß. Grandios gespielt, hochdramatisch und emotional. Kino in seiner besten Form.

My Sweet Pepper Land: Baran (Korkmaz Arslan), ein kurdischer Held aus dem Unabhängigkeitskrieg, ist Sheriff in der Hauptstadt Erbil. Aber nun, in Friedenszeiten, fühlt er sich nutzlos. Er denkt zwar darüber nach, den Polizeidienst zu quittieren, lässt sich aber doch in einem kleinen Dorf stationieren, nahe den Grenzen zu Irak, Iran und der Türkei. Das Gebiet ist gesetzlos, gezeichnet vom Handel mit Drogen, Alkohol und illegalen Medikamenten – beherrscht wird es vom  korrupten Aziz Aga (Tarik Akreyi). Baran denkt jedoch nicht daran, sich dem Herrscher zu beugen. Stattdessen tut er sich mit Govend (Golshifteh Farahani) zusammen, der Lehrerin des Dorfes, die von den Bewohnern abgelehnt wird. Wie Baran steht sie für das Gesetz eines jungen, autonomen kurdischen Staates ein. Dass Govend unverheiratet ist, macht sie umso anfälliger für Übergriffe aus der Region…

Warum man ihn sehen sollte: Dieser Western im wilden irakischen Kurdistan ist ebenso überraschend wie sein Österreichischer Vertreter. Wunderschön gefilmt, humoristisch untermalt und mit dem Kampf gegen die Korruption passend erzählt.

Tao Jie - Ein einfaches Leben: Basierend auf einer wahren Geschichte, steht hier Ah Tao im Mittelpunkt der Handlung, eine Bedienstete und Kindermädchen, die viele Jahre für die Familie Leung gearbeitet hat. Sie kümmert sich um den Filmproduzenten Roger, das letzte Familienmitglied, das noch in Honk Kong lebt. Als Roger eines Tages nach Hause kommt, findet er Ah Tao bewusstlos vor. Sie hat einen Schlaganfall erlitten und ist überzeugt, dass sie nun eine Last ist, also kündigt sie ihre Stelle und zieht in ein Seniorenheim. Doch dort angekommen, kümmert sich nun Roger weiter um sie, denn er hat gemerkt, wie wichtig Ah Tao für ihn ist.

Warum man ihn sehen sollte: Ann Hui liefert uns ein Familien-Drama, das elementare Fragen stellt und somit den Zuschauer in seinen Bann zieht. Darstellerisch überragend, filmisch detailverliebt und nachdenklich, gibt es so einen Film, der zudem einen engagierten Andy Lau für uns parat hält.

Pride: Ein Handschlag hat schon vieles besiegelt. So auch die außergewöhnliche Liaison zweier Gruppen, die sich im Sommer 1984 in England gefunden haben: Bronski Beat trifft Gaelic Folk oder auch... eine ausgelassene Schwulen- und Lesbentruppe aus London trifft auf streikende Waliser Bergarbeiter. Irritationen beim ersten Aufeinandertreffen sind vorprogrammiert! Doch spätestens als der exzentrische Jonathan den hüftsteifen Walisern zeigt, was echtes Disco-Feeling ist, scheint das Eis gebrochen... Doch nicht in jedem Waliser finden die couragierten Großstädter einen dankbaren Verbündeten und stellen so ein ganzes Dorf auf den Kopf. Die LGSM (Lesbians and Gays Support the Miners) sammelt für ihre Kumpel Geld in bunten Eimern und stellen sich damit farbenfroh der gnadenlosen Politik von Margaret Thatcher entgegen. Zwischen den neuen Komplizen entwickelt sich eine besondere Freundschaft, mit bis heute historischen Folgen...

Warum man ihn sehen sollte: „Pride“ wird wohl im Nachgang an dieses Jahr als einer der politischsten des Jahres betitelt werden. Und dies vollkommen zu Recht. Die Geschichte gibt Mut, wirft Konventionen über Bord und ist zudem knallbunt und lebendig. Einfach toll.

Die Wolken von Sils Maria (Kinostart 18.12.): Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere soll Marie Enders (Juliette Binoche) in einer Neuauflage des Stückes mitwirken, mit dem sie vor zwanzig Jahren berühmt wurde. Damals spielte sie die Rolle der Sigrid, einer jungen, verführerischen Frau, die eine betörende Wirkung auf ihre Chefin Helena ausübt und diese schließlich in den Selbstmord treibt. Auf Wunsch des Regisseurs Klaus Diesterweg (Lars Eidinger) soll Marie diesmal jedoch die Rolle der älteren Helena übernehmen. Gemeinsam mit ihrer Assistentin (Kristen Stewart) begibt sie sich für die Vorbereitungen auf den Part in die abgelegene Alpenregion Sils Maria. Die Rolle der Sigrid ist in der Neuinszenierung des Stücks für das junge Hollywood-Sternchen Jo-Ann Ellis (Chloë Grace Moretz) vorgesehen; sie neigt zu Skandalen und lässt nichts an sich heran. Maria muss damit zurechtkommen, dass ihr die junge Frau ein aufreibendes Spiegelbild vor Augen hält...

Warum man ihn sehen sollte: Was bedeutet es alt zu werden?  Und was ist Kunst? Alleine mit diesen Fragen weiß uns Regisseur Olivier Assayas zu begeistern. Zudem ist der Film darstellerisch einprägsam und optisch eine Wucht. Wer Antworten sucht, sollte sich daher diese Reise nicht entgehen lassen.

Und die Gewinnspielfrage: Was wären unterdessen eure Geheimtipps des Jahres 2014? Und was werdet ihr euch vielleicht noch ansehen?

Teilnahme: Zum Gewinnspiel

Autor: Thomas Repenning

Diese Seite verwendet Cookies. Akzeptieren.