Bildnachweis: © Polyband Medien | Werbemotiv zu "The Responder -Staffel 1"

Drogen, Gewalt und Elend in den Straßen von Liverpool: Kritik zu „The Responder – Staffel 1“

von Yuliya Mieland

Inhalt

Emergency Response Officer Chris Carson übernimmt eine Reihe von Nachtschichten in Liverpool, während er versucht, sich beruflich und privat über Wasser zu halten. Er wurde degradiert, kämpft mit seiner Psyche und seine Ehe droht zu zerbrechen. Zusätzlich gerät er unter Druck, weil die junge, drogenabhängige Casey seinem Kumpel, dem Drogendealer Carl, Drogen gestohlen hat. Zu allem Überfluss bekommt er die misstrauische Polizistin Rachel Hargreaves als Partnerin an seiner Seite. Chris gerät immer tiefer in einen Strudel aus Problemen, der ihn weiter in den Abgrund zieht.

Kritik

Wer glaubt, dass The Responder nur eine weitere gewöhnliche Polizeiserie ist, der irrt sich. Was haben die meisten Polizeiserien gemeinsam? Die Ermittler oder die Polizisten mimen furchtlose, eindimensionale Helden, die ganz klar in der Liga der Guten spielen. Die Verbrecher sind dagegen die Bösen und diese muss man unbedingt so schnell wie möglich hinter Gittern bringen. Die meisten Serien werden von diesem eintönigem "Schwarz-Weiß-Denken" beherrscht. Doch nicht The Responder, denn diese Serie hat es sich zum Ziel gesetzt, die menschliche Seite eines Polizisten zu zeigen. Was einige vermutlich überraschend finden: Polizisten sind auch nur Menschen. Sie sind keine gefühllosen Maschinen oder Roboter, die nur dazu da sind, die Probleme anderer zu lösen. Aus irgendeinem Grund sehen viele nur ihre Uniform und kommen nicht auf die Idee, dass hinter dieser Uniform ein liebender Vater, Ehemann oder Sohn stecken kann, der mit den gleichen Problemen wie jeder andere konfrontiert ist.

Das Gleiche gilt übrigens auch für diejenigen, die von der Gesellschaft für Abschaum gehalten werden: Drogendealer und Junkies. Trotz all der Abneigung, die ihnen für gewöhnlich entgegengebracht wird, sind sie auch nur Menschen, die leiden, lieben und träumen. Das Geniale an The Responder ist die Akzeptanz der Menschlichkeit auf beiden Seiten. Kein klischeehaftes Schubladendenken, das in so vielen Polizeiserien zum Vorschein kommt, weil die Autoren, die selbst noch nie mit echten Polizisten oder Verbrechern zu tun hatten, ihre einfallslosen Nullachtfünfzehngeschichten schreiben. Im Gegensatz dazu ist The Responder authentisch, vielschichtig und brillant. Tony Schumacher, der das Drehbuch zu der Serie schrieb, arbeitete nämlich vor seiner Autorenkarriere selbst als Polizist und Taxifahrer in der Nähe von Liverpool und man spürt die Echtheit, die er mit seiner Geschichte vermitteln möchte. Das war natürlich nur möglich, weil Martin Freeman (Fargo, Sherlock), die Fähigkeit besitzt, mit einer Präzision die Vielschichtigkeit seines Charakters darzustellen. Chris Carslon (Freeman) ist menschlich, liebevoll, verletzlich und stark zugleich. Genau diese Kombination macht einen realen Menschen aus.

Ein Responder ist jemand, der Türen eintritt und Brände bekämpft. Mal buchstäblich, mal im übertragenen Sinne. Manchmal müssen die Polizisten, Entscheidungen treffen, die nicht ganz mit dem Gesetz übereinstimmen, die jedoch moralisch dennoch richtig erscheinen. The Responder spielt oft mit dieser Thematik und problematisiert, dass es nicht leicht ist, sich immer zu hundert Prozent an das Gesetz zu halten, weil es zwischen den Farben schwarz und weiß irgendwie auch eine Grauzone existiert. Besonders interessant wird es, wenn Rachel (Adelayo Abedayo, Unlocked), die Anfängerin, versucht eins zu eins die Vorschriften aus ihren Lehrbüchern zu befolgen, während sie immer mehr einsehen muss, dass das wahre Leben mit den Vorschriften meist nicht viel zu tun hat. Die Diskrepanz zwischen den Figuren von Chris und Rachel macht die Geschichte zusätzlich spannend, weil sie auch den Unterschied zwischen einer blutjungen enthusiastischen Anfängerin und einem alten abgebrühten Hasen verdeutlicht. Die Serie spart auch die Thematik der posttraumatischen Belastungsstörung nicht aus. Sonst gibt es in den Polizeiserien ständig nur die Superhelden-Cops, die ohne mit der Wimper zu zucken jedes Problem sofort lösen können und emotional nie selbst involviert sind. The Responder ist dagegen viel menschlicher. Diese Serie offenbart den inneren Kampf, den die Polizisten jedes Mal mit sich selbst führen, weil sie unter großem Druck stehen und keine Ahnung haben, was die nächste Nachtschicht mit sich bringt.

Chris bewegt sich ziemlich nahe am Abgrund und man fragt sich, wie lange er diesen Drahtseilakt zwischen seinem Job und seiner Familie noch meistern kann? Stürzt er ab? Verliert er die Kontrolle? Wird er für Menschen, die ihm nahe stehen, eine Gefahr? Martin Freeman ist in seiner Rolle als Polizist einfach großartig. Er spielt einen Menschen, der sich krankhaft versucht unter Kontrolle zu halten und der jeden Moment ausrasten kann. Irgendwo zwischen Apathie, Resignation und Depression findet Chris seine innere Stärke, um das Leben weiter zu meistern. Selten darf man einen derartigen Facettenreichtum einer Figur beobachten. Es ist stark gespielt und stark inszeniert. Im Übrigen sind alle Rollen hervorragend besetzt. Außerdem hat die Serie auch noch ein cooles Intro, das einen guten Einblick in ein Polizistenleben zeigt: Brennende Autos, ständige Notrufe, Menschen, die ausflippen und Martin Freeman, der resigniert im Auto durch die Gegend fährt. Dazu läuft der Song: „Oh! When The Sun Goes Down“ von Tramp Attack. Dieses Lied beschert einem garantiert für die nächsten paar Jahre einen Ohrwurm. Selten hört man einen Seriensong, der so gut ins Schwarze trifft.

Technischer Part

Polyband veröffentlichte die 6 Folgen der ersten Staffel von The Responder auf 2 DVDs am 29. Juli 2022 in einer Softbox (O-Card) in hervorragender Bild- und Tonqualität auf Deutsch und Englisch (jeweils in Dolby Digital 5.1) mit deutschen und englischen Untertiteln. Als Bonus enthält die Disc 2: Das Making-of und über die Produktion.


Fazit

„The Responder“ ist ein Volltreffer! Authentisch, vielschichtig und einfach nur genial räumt diese Serie mit sämtlichen Klischees über Polizisten, Junkies und Dealer auf. Hier bekommt man eine große Portion Realität und Menschlichkeit präsentiert. Klasse gemacht und großartig inszeniert! „The Responder“ ist zu hundert Prozent sehenswert. 

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