Bildnachweis: © Universum | Liam Neeson in "96 Hours - Taken 2"

Ein Abend mit der "Taken"-Trilogie!

von Thomas Söcker

Was ursprünglich nur als ein straighter und harter Actionritt geplant war, avancierte schnell zu einer großangelegten, städteübergreifenden Krawall-Trilogie der Marke „Ein Bad-Ass gegen den Rest der Welt!“ Die Rede ist natürlich von der “Taken” (bzw. "96-Hours")-Reihe mit Superstar Liam Neeson ("Rob Roy") als in die Jahre gekommener Agent Bryan Mills sowie Maggie Grace ("Lost") als Damsel in Distress und Famke Janssen ("Wolverine") als (un)besorgte Mutter und Ex-Frau. Seit Ende des letzten Monats hat Universum die gesamte Trilogie auf Bluray in einer schicken Box veröffentlicht, ein Grund sich mit den Freunden zusammenzusetzen, Bier und Wein zu schlürfen und gemeinsam in die Röhre zu schauen. Über 300 Minuten später haben wir nun nicht nur circa 10 Kilo an unnötigem, dickflüssigem Fett zu uns genommen und gefühlt 20 leere Kästen Bier gestapelt, sondern müssen uns auch eingestehen, dass die “Taken”-Trilogie vielleicht ein einzelnes Actionevent hätte bleiben sollen. Was aber nichts an einem spaßigen Abend ändert. 

96 Hours - Taken

Das größte Problem, dass man sich bei einer Trilogie-Nacht vorstellen kann? Der erste Teil ist der beste, die Qualität und der Spaß sinken mit der Zeit und ein anfänglich freudiger Abend versinkt immer mehr in fassungslosem Kopfschütteln. Naja, dann muss man die ersten 90 Minuten wenigstens richtig in sich aufnehmen, ihre Wucht verinnerlichen und sie für die kalten und qualitativ minderen Stunden horten.

96 Hours - Taken” ist ein wahres Actionfest. Ein geradliniger, kompromissloser Thriller, in dem ein großer, Lederjacke tragender Kerl (mit einem ganz besonderen “set of skills”) seine Tochter vor fiesen Gangstern in Paris retten muss. “Taken” ist ein ehrlicher Film, ein Ritt, der sich nicht als mehr verkauft, als er ist und der daher auch nicht mit einer ausschweifenden und unnötig langen Laufzeit um sich wirft (dazu später mehr), sondern schnell und hart von Punkt A zu B läuft, sich dabei wirklich gelungen inszeniert, nötige Abwechslung liefert und so schnell wieder endet, wie er begonnen hat. So soll es sein.

Wir Jungs sogen jeden Millimeter dieses überzeugenden Actioners in uns auf, speicherten mental die Aspekte ab, die die späteren “Taken”-Filme alle falsch machen sollten und fühlten uns auf der weichen Couch, umgeben von Pizza, Bier, Wein und Rum so langsam richtig wohl.

96 Hours - Taken 2


Doch die Nacht war mit dem versöhnlichen Abschluss von Teil 1 noch lange nicht vorbei. Sie ging gerade erst los. Vereinzeltes Stöhnen war beim Kollegen Jannes zu vernehmen und auch ich selbst konnte mir im vornherein den ein oder anderen Kommentar nicht verkneifen. Der Grund: Wir beide hatten, im Gegensatz zu Yoyo, „Taken 2“ schon vorher irgendwann mal gesehen, wussten was auf uns zukommt und hätten wir die Tür nicht abgesperrt und den Schlüssen aus dem Fenster geworfen, dann wären wir vermutlich ohne Gewissensbisse rüber nach Mexiko abgehauen. Aber nein, wir sind ja Männer. Und manchmal müssen Männer tun, was sie tun müssen, egal wie masochistisch das auch klingt.

Dabei hat “Taken 2” durchaus einige gute Ideen im Gepäck. Die immer wiederkehrenden Spiegelmotive sind nett, ebenso wie der Aspekt, dass die Morde von Mills aus Teil 1 eben nicht einfach ungesühnt an ihm vorbeiziehen. Aber anstatt diesem im Grundsatz emotionalen Kern wirklich auf den Grund zu gehen, wird der hier vorgestellte Bösewicht zum Sadisten und Bond-Fiesling degradiert, Mills selbst ist das massenweise Töten sowieso egal („Schatz, schmeiß die Garantan einfach irgendwo hin.“ „Aber Dad, da unten sind Menschen.“ „Hör gefälligst auf mich, ich bin Liam FUCKING Neeson!“) und auch die gespiegelten Wiederholungen aus Teil 1 dienen eher als lahme Zweckmittel im Sinne von: „Schaut Mal, das hier ist wirklich, wirklich, wirklich eine absolut sinnige Fortsetzung, die total viel mit Teil Eins gemein hat und diesen ungemein aufwertet. Echt jetzt!“

Ja, hier war ein neuer Regisseur am Werk. Und das merkt man auch. Kumpel Yoyo stelle irgendwann ganz nachvollziehbar fest, dass die Tour mehr an die Fast & Furious-Reihe erinnere, als an den ersten “Taken”, der vor gerademal einer Stunde über den Bildschirm huschte und uns so überzeugend mitriss.

Der Konsum alkoholischer Getränke nahm auf einmal rapide zu. Und irgendwann kamen wir zu der Einsicht, Teil 1 einfach nicht mit Teil 2 vergleichen zu wollen und die (immerhin) nette Action zu genießen. So verflogen auch die 100 Minuten (der extended Version) von Taken 2  relativ fix, einen Eindruck hinterließen aber höchsten die überraschend guten Nachos.

96 Hours - Taken 3


Und nun? Mehr als die Hälfte geschafft! Die Qualität ist zwar mehr in den unteren Bereichen des Durchschnitts angekommen, aber immerhin ist der Abend spaßig, Sprüche können zur Genüge geklopft werden und die Gesellschaft der Freunde ist sowieso auch immer einen mittelmäßigen Film wert.

Aber dann geschah es. Allein die Beschreibung des dritten Teil als 115-minütiger Actionritt ließ uns verdutzt zurück. Ich selbst habe den Film letztes Jahr in der PV gesehen und konnte mir die Tränen der Qual nur sehr schwer verkneifen, während Jannes und Yoyo mich immer wieder fragend beäugten: “So schlimm kann es doch nicht sein”.

Oh, those pitiful fools. “Taken 3” hätte sich so gelungen vom Rest der “Taken”-Reihe abheben können, stattdessen lebt Regisseur Megaton (der sollte mal an den „Transformers“-Filmen mitarbeiten) seine überstilisierte “Fast and Furious”-Fantasie jetzt erst richtig aus. Brian Mills avanciert zu Gott persönlich, während man dem armen Liam Neeson seinen Alterungsprozess  immer mehr ansieht. Logik ist eh nicht mehr erforderlich, ebenso wie gute Charaktere und eine Geschichte, die nur im Ansatz Sinn ergibt. Aus dem Strategen Mills ist ein Kerl geworden, der fiese Mittelchen in Joghurtbecher spritzt, Forest Whitaker("The Last Stand") wird als intelligenter Detective und sympathischer Gegenspieler porträtiert, nur weil er die absolut naheliegendsten Hinweise im Laufe von gefühlten 8 Wochen zusammenpuzzeln kann. Und fangen wir gar nicht von der CGI-überfluteten und überhaupt nicht mehr mitreißenden Action an. Wo sind die starken Kämpfe hin? Am Schnitt dieses Film saß scheinbar ein Mensch mit brutalen Zuckungen, anders kann man sich diese Farce kaum erklären.

Immerhin hatten wir eine gehörige Menge Spaß dabei, uns das Maul über den Abschluss der “Taken”-Reihe zu zerreißen. Nachdem Jannes Versuch durch das Fenster zu entkommen an der Lage meiner Wohnung im fünften Stock scheiterte (er aber geschlagene fünf Minuten überlegte, ob der mögliche Suizid es nicht vielleicht doch wert war), nahmen wir die gesamte Geschichte mit der nötigen Ironie. Und das war verdammt wichtig. Denn „Taken 3“ spult auf solch konsequente Art all die positiven Aspekte des ersten Films im metaphorischen Klosett herunter, dass man dahinter schon fast einen gelungenen Scherz vermuten könnte. Aber leider nur fast.

Am Ende

Hört sich also alles nach einem misslungenen Abend an? Nein, nicht wirklich. Na klar, die Trilogie wirkt ein wenig wie die Liam Neeson-Version von “The Good, the Bad and the Ugly”, auch wenn sich die “Taken”-Trilogie nur den Namen dieses Westerns wirklich verdient, aber Spaß macht das gemeinsame Schauen der Filme schon. Am Ende waren wir erschöpft und traurig darüber, was aus der tollen Ausgangslage des ersten Teils geworden ist, aber weil wir Männer sind, die männliche Dinge tun, kamen wir auch über diesen Niederschlag sehr schnell hinweg. Der Abend endete schließlich versöhnlich mit dem spaßigen Trash-Kurzfilm “Kung Fury”, der vor allem im Hinblick auf Inszenierung und die Ideen den letzten beiden “Taken”-Filmen einiges voraus hat. Und das muss man wohl nicht weiter kommentieren.


Wenn ihr noch weitere Beiträge zum "Taken"-Abend lesen wollt, dann schaut doch mal bei den Kollegen von myofb.de und leinwandreporter.com vorbei!

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