Nachdem er mit WALTZ WITH BASHIR bereits bewies, dass innovative Animation für ein erwachsenes Publikum die etablierten Disney-Pfade sehr erfolgreich verlassen kann, geht Ari Folman seinen Weg konsequent weiter. Aber das, ohne sich selbst zu kopieren. Tatsächlich könnte THE CONGRESS – in diesem Jahr bereits als Eröffnungsfilm der „Quinzaine“ in Cannes bestaunt und euphorisch beklatscht – kaum verschiedener sein von seinem dokumentarisch orientierten Vorgänger: Folmans neues Werk sieht sich keiner Realität verpflichtet. Es ist ein Science-Fiction-Werk in der Tradition von Godards ALPHAVILLE, der sich in der zweiten, mittlerweile animierten Hälfte vor Tex Avery, Ralph Bakshi und YELLOW SUBMARINE verneigt. Es gelingt Folman allen Ernstes, Stanisław Lems Roman „Der futurologische Kongress“ in seine eigene Vision einer Zukunftswelt umzumünzen. Lems satirischer Ansatz, den Kommunismus zu entlarven, transferiert sich dabei nonchalant in einen düsteren Abgesang auf das Medium Film. Folman präsentiert uns eine schöne neue Welt, in der Unterhaltung buchstäblich Opium für das Volk geworden ist. Das klingt erst einmal ziemlich irrwitzig – und ist es auch! Die 44-jährige Schauspielerin Robin Wright – die sich selbst oder besser: eine Version ihrer selbst spielt – steht am Scheidepunkt ihrer Karriere. In einem langen, niederschmetternden Monolog wird sie von ihrem Manager (Harvey Keitel als käme er aus einem Outtake von David Lynchs TWIN PEAKS: FIRE WALK WITH ME) an die vielen miesen Entscheidungen und selbst verschuldeten Flops in ihrem Leben erinnert. Jetzt liegt das allerletzte Angebot auf dem Tisch. Die einstige Star-Akteurin soll das Copyright ihres Aussehens mittels „Scan“ an das Studio Miramount überschreiben und fortan nie mehr spielen dürfen ... Robin Wright macht sich die Entscheidung nicht leicht. Als sie 20 Jahre später als nunmehr größte Action-Heldin der Welt auf dem Weg zum futurologischen Kongress in der Wüste Realfilm und Realität hinter sich lässt, offenbart sich in psychedelischen Bilderkaskaden nach und nach eine Dystopie, deren Finsternis im extremen Kontrast zur rauschhaften Visualisierung des Films steht.
Die Abrechnung mit der Maschinerie Hollywoods ist in ihrer Umsetzung an Originalität kaum zu übertreffen. Ein Film, der absolut vorwärts gewandt ist, und trotzdem seinen Vorbildern huldigt. Ari Folman indes stellt klar, dass er nicht nur als Chronist bitterer politischer Wahrheiten wahrgenommen werden will. Sondern als einer der eigenwilligen Ikonoklasten, die sich dem einst Stanley Kubrick zugeschriebenen Credo verpflichtet fühlen: Wenn man es denken kann, kann man es auch filmen!