Bildnachweis: Hamburg Media School

Katja Benrath im Interview: Watu Wote oder ein Appell an die Menschlichkeit

von Maximilian Knade

GoldenEra: Dir ist da auch ein sehr schöner Kontrast gelungen: einerseits fühlt sich der Film sehr niederdrückend und traurig ist, er behandelt schließlich auch ein sehr ernstes Thema, andererseits merkt man, dass hier etwas Gutes, etwas Schönes passiert. Inwiefern denkst du denn, dass solche Taten, die es bei uns im Alltag auch durchaus gibt, in den Medien zu wenig in den Vordergrund gerückt werden? Denkst Du, dass eine vermehrt positive Berichterstattung einen direkt positiven Einfluss auf die Gesellschaft und das Leben miteinander hätte?

Katja Benrath: Davon bin ich hundertprozentig überzeugt. Das, worauf wir unseren Fokus legen, manifestiert sich in unserer Gesellschaft mehr und mehr. Ich bin der festen Überzeugung, dass wenn wir den Fokus auf das Positive legen, dass wir dann auch mehr Positives erreichen können. Ich will auch nicht, dass in den Medien alles beschönigt wird, ernste Themen sollen auch ernst besprochen werden, aber ich glaube wenn wir mehr und mehr merken, dass Menschlichkeit funktioniert, dann ziehen wir daraus auch etwas Positives für unser eigenes Leben und können es dort in die Tat umsetzen.

GoldenEra: Nun hast Du ja sehr positive Resonanz für deinen Film bekommen. Wie zufrieden bist du momentan damit, wie alles läuft und wie zufrieden bist du mit Deinem Film?

Katja Benrath: Das ist eine ganz spannende Sache als Filmemacher, man sitzt ja Wochen im Schnitt in der Postproduktion. Ich habe den Film so oft gesehen, während wir ihn geschnitten haben, ich weiß bei jeder kleinen Bewegung, was nicht so funktioniert hat wie wir das wollten. Insofern habe ich nicht das Gefühl -und ich kenne keinen Filmemacher, der das macht- dass ich den Film komplett unbeeindruckt ansehen könnte. Der Film läuft wirklich sehr gut, wir haben inzwischen 53 Preise und Nominierungen und knapp unter hundert Festivaleinladungen und um die fünfzig Prozent aller Preise abgeräumt. Das ist eine unglaubliche surreale Situation. Ich bin sehr viel mit dem Film gereist und mit den Menschen ins Gespräch gekommen und das ist es ja auch, was ich liebe. Ich konnte mit einem Publikum im Raum und im anschließenden Gespräch spüren, wie der Film auf sie wirkt und was sie dazu zu sagen haben. Da konnte ich Stück für Stück merken, was funktioniert und dass ich die Rührung und Ergriffenheit, die ich spüren konnte, als ich erstmals von der Geschichte hörte, auf das Publikum übertragen hatte. Besonders beeindruckt hat mich dabei natürlich die Erfahrung in Katar, als ich gesehen habe wie der Film auf dieses komplett arabische Publikum wirkte. Das war generell ein tolles Erlebnis, da wurden auch noch andere Filme gezeigt und es war sehr interessant zu sehen, welche Fragen aus dem Publikum gestellt wurden. Auch da merkt man deutlich, wie wenig Kontakt wir in Deutschland teils wirklich intensiv mit arabischen Menschen und deren Anschauungen innerhalb von Gruppen haben. Unter den Fragen war so viel Fortschrittliches dabei, wo sie gedanklich gefühlt deutlich weiter waren, als wir in Deutschland, an anderen Stellen auch wieder nicht. Das ist ja auch kein Wettstreit, es zeigt nur, wie sehr es sich lohnt mit jedem Menschen in einen Dialog zu treten. Insofern bin ich sehr zufrieden damit, was der Film erreicht und auslöst. Ich mache keine Filme für Preise, das interessiert mich dabei nur peripher, sie sind lediglich ein Zeichen für die Wertschätzung, ich mache Filme für das Publikum und ich freue mich über jedes Gespräch und jeden Publikumspreis. Das mit dem Studenten- Oscar war natürlich eine tolle Sache und was man auch von Hollywood halten mag, dort sammelt sich das komplette kreative Filmpotential von einem halben Kontinent in einer Stadt. Das war eine wirklich sehr interessante Woche mit vielen faszinierenden Gesprächen. Da sind ganz tolle Einstellungen zu spüren und großartige, weltoffene Menschen zu finden. Es ist am Ende genauso wie alle anderen Preise eine große Wertschätzung und auch ein Türöffner für unseren Film, aber dennoch machen wir Filme im Endeffekt für das Publikum.

GoldenEra: Und wie geht es jetzt weiter bei Dir?

Katja Benrath: Es gibt ein Projekt, das wir in demselben Team machen wollen, jedoch diesmal zu einem anderen Thema. Wir wollen das dänische Kinderbuch „Pferd, Pferd, Tiger, Tiger“ adaptieren. Das ist eine schöne sensible Coming-of-age Story, für die wir auch schon Drehbuchförderung bekommen haben. Ich bin komplett begeistert, dass das Drehbuch schon in der Entstehungsphase ist. Und es ist noch ein anderes Projekt geplant, da kann ich an dieser Stelle noch nicht viel zu sagen, es ist aber wieder etwas ganz anderes und auch nicht politisch, aber wieder etwas, das meine Werte widerspiegelt.

Ich tüftele auch an einer Idee herum, die wieder in Kenia spielen soll, aber das steckt noch ganz in den Kinderschuhen.

Das andere ist natürlich die Short- List für den Oscar, das ist natürlich auch eine sehr aufregende Zeit und am meisten freue ich mich für die kenianischen Teammitglieder. Das Team bestand auch zum Großteil aus Kenianern, einfach weil wir nicht die europäische Sicht der Dinge repräsentieren, sondern einfach aus der Mitte heraus erzählen wollten, was natürlich sehr schwer ist, wenn man etwas über einen fremden Kulturkreis erzählen möchte, weshalb die gemeinsame Arbeit auch sehr intensiv war. Umso mehr würden wir uns für Kenia freuen, wenn wir da jetzt noch weiter kämen.


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