Irgendwie kann einem die Academy schon leidtun. Der Weg zur Oscar-Verleihung 2019 war bislang voller Schlaglöcher. Die Verantwortlichen versuchten ganze dreimal die Show für das Publikum daheim attraktiver zu machen, aber jeder Versuch endete in einem PR-Debakel. Wir erinnern uns: Die Academy wollte einen Oscar für den besten, populären Film einführen, bekam mächtig Gegenwind und ruderte zurück. Kevin Hart sollte dann der Host der Show werden. Doch statt Beifall klatschten hingegen Anschuldigungen gegen den Ride Along-Star auf die Oscar-Chefs ein, da Hart in der Vergangenheit homophobe Äußerungen publizierte. Das Resultat: Nach über 30 Jahren wird die Preisverleihung keinen festen Host haben.
Das Crescendo dieser Facepalm-Symphonie war allerdings der Plan der Academy vier Kategorien schnell in den Werbepausen abzuhandeln. Darüber habe ich mich bereits in einer MB-Kommentarspalte ausgekotzt und es hat geholfen. Ja, okay, es wird mehr am allgemeinen Backlash und dem offenen Brief diverser, bekannter Filmemacher gelegen haben, dass die Oscars nun doch alle 24 Kategorien im TV zeigen werden. So oder so, war es durchaus ein schönes Gefühl, als die Academy ihre Pläne revidierte.
Grob zusammengefasst kann man sagen, dass die Academy drei Mal ziemlich tief in den Hundehaufen griff, um ihre Show, aber auch ihren Preis, wieder relevant für ein Publikum zu machen, das vermutlich nur zwei Mal im Jahr ins Kino geht. Warum die Academy diese Leute erreichen und zufriedenstellen will ist klar: Sie sind deutlich in der Mehrheit. Dass die Oscars also auch für "normale" Zuschauer attraktiv werden wollen, halte ich daher für nicht verwerflich. Nur die Ideen, die sie haben waren allesamt unglücklich und/oder ziemlich dumm sowie respektlos. Doch es gäbe da vielleicht eine Möglichkeit, dass die Oscars wieder etwas Glanz erhalten.
Wir brauchen eine neue Kategorie! Nicht irgendeine, sondern eine für den besten Stunt des Filmjahres. Die Stuntleute werden seit Jahrzehnten sträflich bei den Oscars außen vor gelassen. Warum? Ihr Job ihr wichtig, sehr gefährlich und sorgt oft genug über magische Momente auf der Leinwand. Dazu kommt, dass preiswürdige Stunts sich vor allem in populären Filmen finden lassen. Mit einem Stunt-Oscar würde man also die Verleihung auch für die Filme öffnen, die zwar mächtig Geld einspielen, die aber inhaltlich kein wirkliches Oscar-Material sind. Außerdem ist es eine Sache des Respekts!
Die Männer und Frauen des Stuntsteam riskieren oft ihr Leben für unsere Unterhaltung. Immer mal wieder gibt es Todesfalle, wie zuletzt bei Deadpool 2, oder schreckliche Unfälle: Die Stuntfrau Olivia Jackson verbrachte nach einem Unfall am Set von Resident Evil: The Final Chapter zwei Wochen in Koma. Ihr linker Arm musste amputiert werden. Natürlich will ich nicht sagen, dass es ein Stunt-Oscar geben muss, um Verletzungen und Todesfälle zu honorieren – das wäre pervers – und ganz ehrlich, alleine der Gedanke das ein Resident Evil einen Oscar erhält bereitet mir Bauchschmerzen (wobei auch Suicide Squad einen Goldjungen erhielt und wir haben es alle überlebt). Ich finde ein Stunt-Oscar ist notwendig, da es eine Ehrung und Respektsbekundung für die Branche der Stuntleute ist, die für einen Großteil von Filmen unglaublich wichtig und essenziell ist. Film ist eben eine Teamleistung. Erst wenn alle Parts gut funktionieren, kommt auch etwas Sehenswertes dabei heraus.
Die Forderungen einer Stunt-auszeichnung bei den Oscars ist nicht neu. Reagiert hat die Academy leider nicht. Ich verstehe nicht, warum die Verantwortlichen die Stunts außen vor lassen. Liegt es vielleicht daran, weil sie nicht wollen das anspruchslose No-Brainer wie The Fast and the Furious, Shooter oder Kingsman: The Secret Service Teil der Verleihung sind? Wäre das denn so schlimm? Wie gesagt, die Academy wollte populären Filme eine Bühne bieten. Ein Stunt-Oscar wäre eine ideale Möglichkeit dafür. Außerdem: Nicht jeder Actionfilm ist dumm. Fürsprecher, für den neuen Oscar gibt es einige, darunter auch Filmschaffende, von denen man dies vielleicht nicht erwartet hätte, wie Helen Mirren (erhielt 2007 einen Oscar für ihre darstellerische Leistung in Die Queen).
Die Vereinigung Stand Up For Stunts kämpft bereit seit einiger Zeit für den Stunt-Oscars. Sie rufen aktuell sogar zum Boykott der Verleihung auf. Das halte ich für etwas hart, auch wenn ich sie absolut verstehen kann. Vielleicht hört die Academy endlich die Forderungen und nimmt diese ernst, denn es wäre eine gute Möglichkeit die Oscars wieder etwas relevanter und vor allem populärer zu machen. Wenn ihr Stand Up For Oscars unterstützen wollt, lege euch ihre Online-Petition ans Herz.
Seid ihr für oder gegen den Stunt-Oscar?