Nach einer kleinen Pause melden wir uns mit unserer Interview-Reihe zurück. Diesmal haben wir keine Kosten und Mühen gescheut und sind ins ferne Südafrika gereist, um unserem Autoren Soren ein paar Fragen zu stellen. Hätten wir gewusst, dass er da unten Telefon hat, wir hätten uns den Flug und das Hotel sparen können. Egal, das Ergebnis zählt und das ist ein (mal wieder) interessantes Interview mit einem waschechten Moviebreak-Veteranen. Viel Spaß.
Steckbrief
Name: Sören Jonsson (Soren)
Herkunft: Südliche Weinstraße
Lieblingsfilm: N/A - sowas kann doch keiner ernsthaft entscheiden
Erster Beitrag bei MB: Kritik zu Walhalla
Letzter Beitrag bei MB: Kritik zu Cloverfield Paradox
Wunschvideo: True Detective-Parodie von Pete Holmes
Wie bist du zu Moviebreak gekommen?
Im fernen Jahr 2013 hat mich mein Freund Thomas (D0mas) auf Moviebreak aufmerksam gemacht. Da wir beide sowieso schon ständig stundenlang über Filme gesabbelt haben, wollten wir das beide aufs nächste Level bringen und haben uns bei Moviebreak als Autoren beworben.
Kanntest du Moviebreak denn schon vorher?
Nein, das war für mich ganz neu. Meine oberflächlichen Besuche auf anderen deutschen Filmseiten hatten mich nicht ermutigt, in dem Bereich weiter zu stöbern. Die lasen sich nämlich in der Regel eher wie ein Werbeprospekt. Wenn ich bestimmte Informationen wollte, bin ich auf IMDB gegangen. Dort habe ich mich allerdings nie mit anderen ausgetauscht weil der (mittlerweile abgeschaffte) Forenbereich ziemlich grauenhaft war. Moviebreak war in dem Zusammenhang ein Glücksfund, weil es für die Kritiker und die User hier viel Freiheit gibt, zu sagen, was man denkt... auch wenn man sich deswegen noch lange nicht einig ist.
[...] Wenn sich jemand eine Analyse zu einem richtigen Meisterwerk durchlesen möchte, hat er wenig Bedarf an meinen billigen Witzen [...]
Du hast erwähnt, dass du mit einem Freund bei Moviebreak angefangen hast. Glaubst du, es war dadurch einfacher bei Moviebreak zu arbeiten, weil du wusstest, du bist nicht der einzige Nichtschwimmer im Becken?
Nein, eigentlich nicht. D0mas und ich waren beide schon vorher textaffin und hatten deswegen keine Probleme Rezensionen zu einem Herzensthema zu schreiben. Außerdem hatten wir zu unseren Bewerbungstexten schon ein ganz gutes Feedback bekommen, daher war die Angst vor der Community eher gering. Ich trete gelegentlich auch als Stand-Up auf, da ist das Bühenfieber viel höher, weil man die Reaktion ganz direkt und circa alle 7 Sekunden abkriegt.
Oho, ein Komiker. Konntest du Dinge, die du bei Moviebreak schon mal erlebt hast für ein Stand-Up einsetzen?
Vielleicht mal eine Referenz aus oder ein Witz über Filme, aber insgesamt eher umgekehrt. Auf der Bühne merkt man schnell, dass man für eine Rede ganz anders schreiben muss als für die Texte, die ich beispielsweise für die Uni geschrieben habe. Man muss ein bisschen anders strukturieren und darf nicht so verschachtelt schreiben. Ich hoffe, dass die Lektion auch auf meine Moviebreak-Texte abgefärbt hat und sie dadurch etwas flüssiger zu lesen sind.
Wie wichtig ist Humor für dich, wenn du etwas für Moviebreak schreibst?
Kommt ganz auf den Film an. Meistens versuche ich schon eher den Film nüchtern zu betrachten und meine ersten Impulse und Einschätzungen argumentativ zu hinterlegen. Das ist umso wichtiger, je besser der Film ist. Wenn sich jemand eine Analyse zu einem richtigen Meisterwerk durchlesen möchte, hat er wenig Bedarf an meinen billigen Witzen. Wenn der Film allerdings so schlecht ist, dass ich mich selber drüber aufrege, dann kanalisiere ich die Gefühle gerne in ein bisschen gepflegte Polemik und spiele auch mehr mit dem Format eines Artikels herum. Wenn der Film schon nicht unterhaltsam war, dann muss ich mich beim Schreiben amüsieren.
Glaubst du Polemik wird heutzutage in Kritiken zu oft verwendet?
Polemik nicht unbedingt, aber hyperbolische Sprache auf jeden Fall. Klar ist es unterhaltsamer und dramatischer für die eigene Kritik, wenn der besprochene Film "schlimmer als Ebola" oder "eine absolute Revolution des Films" ist, aber das trifft auf die wenigsten Filme wirklich zu. Wenn man immer nur in die oberste Schublade des Vokabulars greift, mindert das glaube ich eher die Bedeutung dessen, was man zu sagen hat. Beispielsweise frage ich mich, was ein Kritiker, der "Jurassic World" als ein "packendes Meisterwerk des Actionkinos" bezeichnet noch zu Terminator 2 oder Heat sagen kann.
Hat sich deine persönliche Herangehensweise, bzw. Auseinandersetzung mit Filmen und Serien geändert, seit dem du bei Moviebreak bist und Kritiken schreibst?
Auf jeden Fall. Ich habe mich in den letzten fünf Jahren noch mehr als vorher mit den verschiedensten Filmaspekten wie Schnittechnik, Maske, Ton, etc. auseinander gesetzt und ich habe Filme gesehen, die nicht in mein normales Spektrum gefallen wären. Dazu kommen dann noch die Festivalerfahrungen wie das Fantasy Filmfest oder die Nippon Connection.
Wie unterscheidet sich eigentlich ein normaler Kinobesuch von einem Abstecher zum Fantasy Filmfest?
Beim Abstecher ist das noch recht einfach zu beschreiben: Man sieht einen (Horror-)Film, den man vielleicht nicht so auf dem Schirm gehabt hätte und noch ein ganze Stück vor dem eigentlichen Kinostart. Danach gibt es vielleicht noch ein Q&A mit einem der Filmschaffenden. Der große Unterschied stellt sich eigentlich erst nach 5-6 Tagen ein, wenn man sich 3-5 Filme pro Tag reinzieht und dann noch 1-2 Kritiken raushaut, damit sich nicht zu viel Rückstau bildet. Irgendwann ist man dann schon ziemlich übermüdet und weich im Kopf.... auf eine gute Art und Weise.
Warum glaubst du gibt es so viele Leute, die sich über Kritiken mitteilen wollen. Es kann ja nicht am Geld, dem schnellen Sex und den Drogen liegen?
Wir haben nahezu unbegrenzte und spaßige Möglichkeiten uns mit verschiedenen Teilen der Popkultur zu beschäftigen. Wenn man sich mit etwas intensiv beschäftigt, dann will man seine Gedanken ja nicht bloß für sich behalten. Da braucht man ein Ablassventil und will vielleicht auch wissen, was andere dazu denken. Letztlich ist eine Kritik zu schreiben ja nicht nur Arbeit. Man macht sich auch zusätzliche Gedanken und findet vielleicht ein neues Maß an Werschätzung für seinen Gegenstand.
[...] Man kriegt halt nicht immer einen Smiley-Sticker [...]
Stichwort Wertschätzung. Wie ist es für dich, bzw. wie fühlt es sich an, wenn eine Kritik scheinbar keinerlei Resonanzen bringt, etwa in Form von Kommentaren?
Ein bisschen enttäuschend ist das schon, aber das muss man verkraften können. Wenn der Film obskur ist, kann man auch für die Kritik keine große Resonanz erwarten. Man kriegt halt nicht immer einen Smiley-Sticker, aber das sollte einen nicht demotivieren, sondern eher antreiben es besser zu machen. So ist das bei fast allem im Leben.
Als Autor von Moviebreak erhält man ja Zugang zur Rezensionsexemplaren von Filmen und Serie sowie Zutritt zu Pressevorstellungen. Wie war das so, als das erste Exemplar im Briefkasten war und du zum ersten Mal als“Journalist“ ins Kino gegangen bist?
Von den Rezi-Exemplaren habe ich ja fast nie wirklich Gebrauch gemacht. Aber die PVs waren am Anfang schon etwas aufregend. Erstmal sind die PVs ja zu einer Tageszeit, wenn das Kino normalerweise geschlossen ist. Da fragt man sich erstmal, ob man auch richtig ist. Aber wenn man sich erstmal auf die Liste schreibt, noch ein Getränk bekommt und sich ein bisschen mit den Kollegen unterhält, fühlt man sich schon edel.
Du bist schon seit einiger Zeit mit an Bord. Findest du, dass Moviebreak sich in dieser Zeit verändert hat und wenn ja, inwiefern?
Ja. Allein das Design hat sich ja mehrmals verändert, seit ich dabei bin. Außerdem ist die Redaktion viel größer geworden. Dadurch haben wir mehr Specials, mehr Kritiken und vor allem die News sind viel häufiger und konstanter geworden. Also insgesamt sind wir einfach größer geworden, würde ich sagen.
Gab es ein Projekt bei Moviebreak, dass du immer einmal umsetzen wolltest, es aber nicht geschafft hast?
Ich habe Ideen für ein paar Specials, die ich gerne mal schreiben würde, aber sonst wäre ich schon zufrieden, wenn ich zu meiner alten Form zurückfinden würde. Seit über einem Jahr war ich so viel mit meinem Abschluss, der Arbeit und meinem Umzug nach Südafrika beschäftigt, dass ich mich von Moviebreak insgesamt ganz schön zurückziehen musste.
Wie sehr hat dieser Umzug dein filmisches Leben bislang geändert?
Ich bin erst seit drei Wochen hier, daher gibt es da noch nicht so viel zu sagen. Ich habe allerdings schon gemerkt, dass Kinos hier vor allem an große Einkaufszentren angebunden sind und ein eher kleines Filmprogramm aufweisen. Three Billboards ist beispielsweise erst nach den Oscars ins Kino gekommen. Andererseits sind DVDs und Miete hier ziemlich billig, daher kaufen wir uns vielleicht einen Beamer und bauen uns ein kleines Heimkino, wenn wir umgezogen sind.
Bist du mehr der Heimkinogucker, oder schätzt du das Erlebenis einen Kinobesuches mehr?
Das hat beides was für sich, aber das Filmerlebnis in einem schönen Kino mit guter Technik ist einfach nicht zu vergleichen.
Welche/n Film/e hättest du gerne im Kino erlebt und warum?
Puh, das ist schwierig. Naheliegend wäre ja eigentlich ein effektlastiger Blockbuster, weil die Leinwandgröße und die Anlage eines großen Kinosaals Effekte erzielen können, die man nicht anders kriegt. Aber ich nehme dann doch lieber Jim Jarmuschs Dead Man. Das war lange Zeit mein Lieblingsfilm und im Gegensatz zu einigen anderen meiner Favourites, kriege ich wohl eher nicht mehr die Gelegenheit ihn im Kino zu sehen. Wenn man in einer Stadt wohnt und sich ein bisschen umsieht, klappt das erstaunlich oft. Beispielswesie über das Filmmuseum oder die Pupille in Frankfurt habe ich schon einiges nachträglich im Kino sehen dürfen: Indiana Jones - Jäger des verlorenen Schatzes, Gold Rush, Zurück in die Zukunft... bei Nosferatu hatten sie sogar live Klavierbegleitung.
Letzte Frage: Wenn du etwas bei Moviebreak verändern könntest, was wäre das und warum?
Ich würde die Suchfunktion überarbeiten. Irgendwie schafft man es ja doch immer, aber ab und zu muss ich schon ein bisschen rumprobieren, damit das Suchfeld mir wirklich anzeigt, was ich eingegeben habe.