1. Highlights aus den Kinosälen:
Hm, habe ich wieder nichts zu bieten.
2. Flops aus den Kinosälen:
Das Gesetz der Familie - Für ein Debütwerk sicherlich nicht gänzlich uninteressant, hat es Adam Smith durch eine solide Regie relativ sicher geschafft, auch in Zukunft noch eine Rolle in der Branche zu spielen. Seine Geschichte um eine Horde britischer Gypsys, die in einem notdürftig arrangierten Trailerpark hausen und sich abseits gesellschaftlicher Konventionen und staatlicher Organe ihr kleines Outlaw-Reich aufgebaut haben, setzt sich aus zwei Leitmotiven zusammen: Familie und Männlichkeit. DAS GESETZ DER FAMILIE erzählt von innerfamiliären Machtstrukturen und der Crux, dass man sich sein eigenes Blut nun mal nicht aussuchen kann. Er erzählt von Vätern und Söhnen, von Erziehung und Sozialisation – und natürlich auch vom Scheitern beider Aspekte. Adam Smith aber gelingt es nicht, dem Filme eine echte, einzigartige, originäre Strahlkraft einzuverleiben, was sich vor allem an der Tatsache abzeichnet, dass die Schauspieler DAS GESETZ DER FAMILIE vielmehr Emotionalität eingestehen, als das Drehbuch veranschlagen könnte. Da lassen einen die ganzen Gewissenskonflikte seltsam unberührt. Alles zieht an einem vorbei. Das Einzige, was man wahrnimmt, sind die gewohnt starken Fassbender und Gleeson. Der Rest ist morgen vergessen.
Table 19 - Kennste einen, kennste alle. TABLE 19 ist eine harmoniesüchtige Hochzeitskomödie von der Stange. Da wird dann zu Anfang die klischierte Typologie der Gästeliste vorgestellt, um dann nach und nach das gesamte Figurenkonstrukt wie auf einem Schachbrett hin und her zu verschieben – und mehr und mehr Chaos zu stiften. Das könnte dann im besten Fall ganz niedlich werden und im schlechtesten Fall furchtbar nervtötend. Jeffrey Blitz hat mit TABLE 19 aber einen Film gedreht, der sich als vollkommen unstimmig erweist und niemals weiß, ob er nun eigentlich entspannte Comedy sein will oder doch über Lebenswahrheiten sinnieren. Das narrative Ungleichgewicht lässt den Film schnell in sich zusammenbrechen, was zur Folge hat, dass TABLE 19 weder amüsiert, noch berührt. Und ganz ehrlich: Was ist mit Anna Kendrick los? Gefühlt wird die von Film zu Film schrecklicher.
3. Highlights im Heimkino:
Blade Runner - Gegenstand des inhaltlichen Diskurses sind philosophische, existentialistische und ethnische Gedankengänge (die zu tiefschürfend sind, als dass ich ihnen an dieser Stelle mit Worten gerecht werden könnte), die aber doch immer auf eine Antwort hinauslaufen: Nichts ist wertvoller, als die Erlaubnis, Mensch zu sein. Ridley Scott inszeniert das Ganze wie ein Visionär. Immersive, vom Neo Noir unverkennbar inspirierte Bild- und Klangwelten saugen den Zuschauer ein, machen ihn zum Gefangenen dieser, zum Jünger der Visionen und setzen eine schöpferische Sprengkraft frei, die einmalig ist. Einmalig.
Terminator 2 - In TERMINATOR 2 kommt vor allem Camerons visionärer Schöpferdrang zum Ausdruck: Damals unfassbare, heute noch extrem gut anzusehende Effekte stehen auf der einen Seite, eine emotional grundierte, am Ende überraschend berührende Geschichte um Zusammenhalt, die menschliche Hybris und familiäre Werte auf der anderen. Die erzählerische Harmonisierung aus brillanten Action-Sequenzen und nicht minder einnehmenden Charakter-Momenten sind der Schlüssel zum Erfolg – und erklären TERMINATOR 2 zum die Zeiten überdauernden Klassiker. Den Rest erledigt Robert Patrick, der als T1000 einen der geilsten Antagonisten ever darbietet. Speerspitze der Reihe und die Erkenntnis, warum Menschen weinen. Schnüff.
Silence - Obgleich sich SILENCE hin und wieder in einigen Offensichtlichkeiten verliert (Symbolbilder, Voice Over), bleibt dieser Film ein besonders ambivalenter, in dem Glauben derartig viele Konnotation besitzt, dass es einen schlicht überwältigt: Glaube als Selbsterhaltungstrieb, Glaube als Flucht, Glaube als Gefahr, Glaube als Projektionsfläche individueller Krafthubereien, Glaube als Nahrung für Seele und Geist, Glaube als Refugium, Glaube als Bürde, Glaube als Sackgasse und Ausweg, als Geheimnis und Todesurteil. Und mit welcher inszenatorischen Dichte Scorsese hier mal wieder zur Tat geschritten ist. Unfassbar. Der Film ist gezeichnet von einer sagenhaften Sogwirkung. Bildgewaltige, aber gleichzeitig enthaltsame Fotografien unterstützen eine Meditation über die allgegenwärtigen Irritationen im eigenen Glaubensbekenntnis. Was ist das für ein Gott, der unseren Gebeten Gehör schenkt, aber unsere Schreie ignoriert?
Tod in Venedig - Wie sollte es anders sein: Luchino Visconti hat mit seiner Thomas-Mann-Adaption ein Meisterwerk des intellektuellen Kinos geschaffen. Als tiefgreifende, herausragend inszenierte und fortwährend kontemplativ erzählte Meditation über das Leben und der Unmöglichkeit, an diesem teilzuhaben, fesselt und faszinierend TOD IN VENEDIG erneut auf ganzer Linie.
Achteinhalb - Ein Füllhorn an Motiven, eine selbsttherapeutische Versuchsanordnung, ein wegweisender Arthaus-Primus. Zwischen Fiktion und Realität angesiedelt, begibt sich Federico Fellini in sein tiefstes Inneres und berichtet im Zuge einer Meta-Psychografie davon, wie sein Leben von Erwartungshaltung und Leistungsdruck aus der Spur gekommen ist. Herausgekommen ist dabei einer der wohl größten Klassiker des Weltkinos, dessen Klasse sich daraus speist, bei aller Verzweiflung niemals zu vergessen, das Leben zu lieben.
4. Flops im Heimkino:
Anaconda - Anfänglich erweckt ANACONDA durchaus den Eindruck, dass man es hier mit einem knackigen Tierhorror-Abenteuer zu tun bekommen könnte, doch leider gewinnt zusehends die inszenatorische Inkompetenz seitens Luis Llosa die Oberhand. Herausgekommen ist dabei ein zuvorderst dröger B-Movie-Flic, bei dem einzig und allein ein entfesselter Jon Voight verstanden hat, in was für einem Schund er sich hier eigentlich bewegt.
The Card Player - Sieht aus wie eine Billo-Produktion, die allein fürs Fernsehen entstanden hat, absolut schmucklos und bildsprachlich ohne einen einzigen mehrwertigen Akzent zu setzen. Stattdessen wickelt Argento den ausschlaggebenden Spannungsherd unfassbar statisch und lustlos ab, anstatt die Wechselwirkung zwischen digitaler und analoger Realität mit reichlich durchtriebener Anspannung anzufeuern. Fühlt sich die meiste Zeit halt so an, als würde man jemandem dabei zugucken, wie er auf Windows 95 Solitär spielt. Und nebenbei dudelt noch ein Score vor sich hin, der sich anhört, als würde die Atari-Konsole hochfahren. Die beiden Hauptrollen funktionieren aber ganz gut im Zusammenspiel, ansonsten ist die Nummern für'n Arsch.
Guardians of the Galaxy Vol.2 - Die ersten 30-40 Minuten machen als grelles Popart-Spektakel auch noch Laune, weil James Gunn wieder einmal seine Begeisterung für die Fabulierlust aufzeigt und in dieser überstilisierten Achterbahnfahrt durch den interplanetaren Raum erneut sein gestalterisches Gespür dahingehend beweist, farbtrunkene Bildwelten zu erschaffen. Allerdings folgen auf diesem Zeitraum noch gut 100 Minuten und Volume 2 offenbart immer mehr, dass er bis in den letzten Pixel kalkuliert ist: Hier wird der weitläufige Fundus der Popkultur gefleddert, um sich dadurch selbst zum populärkulturellen Gut zu erheben. Die stilistische Treue zum Vorgänger wird aufgenommen und gnadenlos übersteigert, das ständige Augenzwinkern und Übersteuern weckt rigorose Ermüdungserscheinungen und dem Leitmotiv des Films (Familie) wird der emotionale Grundstock im Rausch der Übertreibung und Anbiederung fortwährend verflacht. So richtig auf die Nase fällt Volume 2 nicht, aber am Ende ist das hier dann doch zu viel von allem.
5. Alles über Serien:
Die siebte Staffel Game of Thrones und die vierte Staffel Brooklyn Nine-Nine sind es diesen Monat geworden. Beides solide, aber nicht mehr auf dem Level, wie man die Serien einst lieben gelernt hat. Trotzdem: Ordentlich.
6. Was ich im September gucken möchte:
In Jedem Fall Ran von Akira Kurosawa.
7. Filmschaffender des Monats:
Lucio Fulci und Jerry Lewis.
8. Mein Monat hat mich irgendwie an diesen Film erinnert:
Raped by Women.