Bildnachweis: Constantin

Moviebreaks Monatsrückblick: Juni

von Levin Günther

1. Highlights aus den Kinosälen:

A Beautiful Day war wohl das größte Highlight des Monats für mich: Ein unheimlich eindringlicher Film über die Ausuferungen von Gewalt. Er zeigt in betörenden Bildern, wie verschieden strukturelle und individualistische Gewalt ausfallen können, wie die Gewalt als Akt wie auch als Gedankengut vorhanden sein kann und sich verschieden auf das Subjekt in aktiver wie in passiver Form ausüben kann: Wir erleben alles von Erlösung bishin zum Schmerz im klassischen Sinne. 

In den Gängen war auch ein sehr beeindruckender Film über den Mikrosmos Supermarkt. In stillen und vor allem sehr menschlichen Bildern wird uns eine authentische Geschichte über den normalen Alltag des normalen Menschen erzählt. Der Alltag wird in all seiner Schlichtheit und der darin gefühlten Schlagkraft begriffen. Wir fühlen uns wie jemand, der einen Mann schreiend hinter einer Scheibe beobachtet. Wir hören den Schrei nur ganz stumpf, doch fühlen, dass er hinter der Scheibe lauter zu ertönen scheint. Die Melancholie, die daraus spricht, wird subtil vermittelt und verliert auch nicht das Gespür für das Schöne im Leben. 

2. Flops aus den Kinosälen:

Solo: A Star Wars Story begreift leider gar nicht das subversive Potential, das sich hinter den Charakter Han Solo befindet. Das Star Wars- Universum ist geprägt von zwei totalitären Systemen, zu denen man sich mehr oder weniger zuordnen muss. Das hat der sehr gelungene Star Wars: The Last Jedi aufgegriffen und hat damit das nötige Fundament für Kritik am eigenen Universum hergestellt. Solo: A Star Wars Story ignoriert das und konzentriert sich auf Fan-Service und eine möglichst konforme Machart. So fühlt er sich wie jeder andere Star Wars-Filme an und arbeitet weder inhaltlich noch visuell die Besonderheit des untersuchten Charakters aus. Entstanden ist kein schlechter, aber ein sehr uninspirierter Film.


3. Highlights im Heimkino:

Ich habe in letzter Zeit sehr viele gute Filme im Heimkino gesichtet, aber einer - auch wenn er nicht gerade frisch aus dem Kino kommt - hat mich besonders beeindruckt: 

Die Verachtung von Jean-Luc Godard ist Meisterwerk sondergleichen, das wunderbar die Differenzen zwischen Kunst und Kommerz, zwischen Liebe und Verachtung herausarbeitet. Godard beobachtet wie nah sich das scheinbar Ferne ist und wie unerträglich die Realität im Vergleich zum Idealismus erscheint. Dafür werden poetische, stille und kraftvolle Bilder gefunden. Ich verbeuge mich vor diesem bahnbrechenden Werk, das ich wohl nicht das letzte Mal gesichtet habe. 

4. Flops im Heimkino:

Mister before Sister hat den letzten Schuss leider nicht gehört: Hier wird weder Schönheit begriffen, es werden ausschließlich gängige Klischees bedient, noch wird die moralische Problematik zwischen "Wollen" und "Dürfen" thematisiert. Wir haben Filme dieser Art schon oftmals gesehen, doch irgendwie erscheint es diesmal besonders unsympathisch: Es gibt keinen Underdog, hier spielt "vermeintlich perfekt" gegen "vermeintlich perfekt", um "vermeintlich perfekt". Dabei wird das "Spiel" in keinster Art hinterfragt, es scheint das Normalste der Welt zu sein. Was sich bei dem schon eher schlecht als rechten Das gibt Ärger schon angedeutet hat, wird hier zu einen Höhepunkt geführt: Es gibt nur noch die perfekten Körper und den Wettkampf um die Perfektion. Menschliche Makel und Moral spielen keine Rolle mehr. 

5. Alles über Serien:

Ich habe diesen Monat die Serie Skins für mich entdeckt, die ausnahmsweise mal ein Bild auf die Jugend wirft, das nicht einem Instagram-Filter gleicht. Hier wird die Härte, die Brutalität der Jugendjahre thematisiert. Auch wenn das Alter rundum die Pubertät im Nachhinein gerne mit einem lachenden Auge gesehen wird, ist das sicherlich auch eine Zeit einer ungemeinen Ernsthaftigkeit. Hier entscheidet sich, wie sich ein Individuum in die Gesellschaft eingliedert, ob es das überhaupt schafft und auch als was es sich überhaupt versteht. Skins stellt uns echte Menschen vor und keine hohlen Klischees. 

6. Für den Juli plane ich:

Ich habe mir vorgenommen, einige meiner Bildungslücken zu schließen: Zum einen stehen die Hellraiser-Filme seit kurzem bei mir zuhause, die ich in den folgenden Tagen wohl sichten möchte, zum anderen stehen Filme von Jean-Luc Godard, Wim Wenders (Pina) und Ingmar Berman (Wilde Erdbeeren) auf dem Pogramm. Ich freue mich auf einen Monat voller magischer Filmmomente. 

7. Filmschaffende(r) des Monats:

Franz Rogowski ist in In den Gängen eine sehr ruhige und eindringliche Darstellung gelungen. Wir erkennen genau, dass sich ein Sturm hinter diesem stillen Gewässer befindet. Er verkörpert eine ungemeine Zärtlichkeit, die mit der Härte der Zeit abgestumpft und in einem wenig kommunikativen Ausdruck gemundet ist. Doch auch in der Zurückhaltung, in der Wortkargheit, liegt ein kommunikatives Potential. So verkörpert er einen Charakter, der obwohl er fast nichts sagt, irgendwie auch alles sagt. 

8. Mein Monat hat mich irgendwie an diesen Film erinnert:

Meinen Monat assoziiere ich mit sehr viel Nachdenklichkeit, sehr viel Arbeit am Computer und sehr viel schöner Zeit mit meiner Freundin. Er raste an mir vorbei und fühlte sich trotz vieler schöner Momente im Nachhinein etwas melancholisch an. Beim Lesen der Frage musste ich direkt an Her denken und darum bleibe ich auch direkt bei diesem ersten Gedanken, auch wenn er inhaltlich mit meinen doch auch sehr schönen Erlebnissen wahrscheinlich nicht so viel gemein hat. 

9. Thema des Monats: Meine Gedanken zu den Star Wars-SpinOff-Filmen:

Im Allgemeinen stehe ich dem Trend der unzähligen Spin-Offs eher kritisch gegenüber. Das Besondere am Film ist schließlich die Reduziertheit auf eine bestimmte Lauflänge, in der wir dem Fremden begegnen. Das ist nur möglich, wenn es auch ein Ende gibt und das ist bei vielen Franchises moment nicht in Sicht. So ist es leider auch bei den Star Wars-Filmen, die auch langsam mehr in ein Serienformat als in ein Filmformat hineinpassen. Es stimmt einen nachdenklich, wenn man sieht, dass jeder Stein im Universum umgedreht wird, um den Fans auch noch den letzten Groschen aus der Tasche zu ziehen. Und ich? Ich mache das auch noch mit und werde es wohl auch weiterhin mitmachen. Doch warum? Aus Interesse oder aus einem Verblendungszusammenhang, zu denken, dass ich diese Filme sehen "muss"?

GoldenEra

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