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Murder by Movie: 12 Filme, die angeblich reale Verbrechen inspirierten

von Lida Bach

Kein lebender Mensch hat Tod Brownings legendären Stummfilm-Horror gesehen, aber fast alle kennen dessen Reklame-Bild von   mit Grusel-Grinsen und Zylinder. Seinen neuzeitlichen Nimbus verdankt der laut zeitgenössischer Kritik eher mittelmäßige Schauerkrimi des cineastischen Dream Teams Browning/Chaney vor allem seinem Mythos als verschollener Film. Die letzte bekannte Kopie verschlang 1965 der Brand des MGM Lagerarchivs. Dabei gebührt dem Werk besonderes Renommee als erster Film - jedenfalls soweit die Recherche für dieses Special ergab - dem ein reales Verbrechen angelastet wurde. Am 28. Oktober 1928 ergriff die Polizei Robert Williams in verwirrtem Zustand neben der Leiche Julia Mangans, der er die Kehle durchgeschnitten hatte. Ein blutiges Rasiermesser in seinem Besitz machte den Fall eindeutig. Doch vor Gericht wies Williams auf einen anderen Schuldigen.

Lon Chaneys Erscheinung in Midnight-Make-up und Montur habe ihn erst tief verstört und dann zu dem Blutbad aufgefordert, erklärte Williams. Laut ihm war außerdem die 21-jährige Ermordete irgendwie selbst schuld, weil sie ihn „provoziert“ habe und seinen Heiratsantrag ablehnte. Wann und wie oft Williams London After Midnight gesehen hatte, ist unklar. Womöglich gar nicht, da seine Schilderung Chaneys dessen Film-Charakterisierung widerspricht. Einige sahen in Williams einen brutalen Typen, der mit seinen frustrierten Besitzansprüchen nicht umgehen konnte. Andere sahen in ihm das erste Symptom einer gefährlichen kinematischen Korruption. Die erste Jury war unentschieden, die zweite befand Williams für schuldig, wobei die Todesstrafe zu lebenslanger Anstaltshaft umgewandelt wurde. Zur Debatte stand allerdings nicht, ob Chaney, Browning oder MGM eine Mitschuld traf, sondern ob Williams zurechnungsfähig sei.

Dass der Täter Chaney in einer Stummfilm-Rolle sprechen hörte, weist entweder auf ernstliche Verwirrung oder ernstlich untalentiertes Lügen. Wer trotzdem einen Blick auf Chaneys von Das Cabinet des Dr. Caligari inspirierten Look riskieren will: Eine 2002 veröffentlichte rekonstruierte Fassung gibt anhand des Originaldrehbuchs, Produktionsbildern und Stills einen Eindruck des verlorenen Werks. Dass der harmlose Schauer-Spaß jemanden zum Mord treibt, mag heute absurd erscheinen. Der Prozess hatte alle Charakteristika eines bizarren Einzelfalls. Doch es sollte keiner bleiben …

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