Story
Das lang ersehnte Sequel führt Cutter Slade erneut auf eine atemberaubende Reise durch eine spektakuläre Alien-Welt. Nach seiner Wiedererweckung durch die mächtigen Yods kehrt Cutter zurück, um die Talans zu befreien, deren Schicksal mit der Erde verwoben ist. Die Handlung enthüllt eine bedrohliche Welt, in der die Talans versklavt sind, die natürlichen Ressourcen geplündert wurden und robotische Eindringlinge das Schicksal der gesamten Welt bedrohen.
Kritik
1999 veröffentlichte das belgische Entwicklerstudio Appeal mit Outcast ein fantastisches Open World-Action-Adventure, welches für viele Spieler älteren Semesters Kultstatus besitzt. Ein Spiel, das auch mich als Verfasser dieser Zeilen einen ganz besonderen Platz im Herzen hat und sogar als eines der Lieblingsspiele aus der Kindheit bestens in Erinnerung geblieben ist. Dabei machten damals gleich mehrere Dinge Outcast zu etwas ganz Besonderem: Das Spiel bot eine exotische und faszinierende Welt, in die man regelrecht versinken konnte. Es erzählte eine spannende Geschichte um einen Mann, der auf einem fremdartigen Planeten strandete und dort wie allerlei Wunder erlebte. Es überzeugte durch liebevolle Details wie der eigens geschaffenen Sprache der Aliens, die man mit der Zeit erlenen konnte. Mit seiner Voxel-Grafik sah es zu seiner Zeit zudem umwerfend gut aus und war seiner Konkurrenz technisch voraus. Dazu ein epischer Soundtrack, der von Lennie Moore komponiert und vom Moskauer Sinfonie Orchester inklusive Chor eingespielt wurde (hier reinhören). Unbedingt erwähnenswert ist auch die sympathische Synchronisierung durch Manfred Lehmann, der deutschen Stimme von Bruce Willis, wodurch Held Cutter Slade erst so richtig an Coolness gewann ... kurzum: Outcast war und ist einfach großartig.
Doch trotz positiver Rezeption sah es für die Marke Outcast und Entwickler Appeal danach sehr düster aus. 2001 begannen zwar die Arbeiten am Nachfolger Outcast: The Lost Paradise, wurden jedoch im darauffolgenden Jahr infolge der Insolvenz des Studios eingestellt. Das vorläufige Aus und ein schwerer Schlag für die Fans. Doch 2015 wurde Appeal aus Teilen der ursprünglichen Besatzung ganz unerwartet neu gegründet und veröffentlichte zwei Jahre darauf ein Remake seines Klassikers unter dem Namen Outcast: Second Contact, welches jedoch aus technischer Sicht arg enttäuschte. Erneut das Ende? Glücklicherweise nicht, denn mittlerweile gehört Appeal zu THQ Nordic und damit zur Embracer Group und hat mit reichlich Rückendeckung die Möglichkeit erhalten, endlich einen Nachfolger zu verwirklichen. Nach 25 Jahren ist es nun so weit: Outcast - A New Beginning erscheint für Konsolen und den PC und möchte an frühere Erfolge anknüpfen. Keine einfache Aufgabe, denn war das Game damals im Genre fast noch eine Rarität, sieht es heute mit Titeln wie Horizon: Forbiden West, Assassin's Creed oder Ghost of Tsushima uvm. ganz anders auf dem Markt aus. Die Konkurrenz ist nicht nur vielfältig, sondern zum Teil auch ziemlich gut. Insofern wird es Outcast als AA-Titel nun viel schwerer als damals noch sein Vorgänger haben, sich zu behaupten.
Den muss man übrigens nicht zwangsweise kennen, um Outcast - A New Beginning zu verstehen, auch als Neuling findet man ganz gut in das Abenteuer hinein. Als Kenner profitiert man jedoch von diversen Anspielungen und einem besseren Verständnis um die Figuren, was natürlich immer von Vorteil ist. Protagonist Cutter Slade landet mit Gedächtnisschwund auf mysteriöse Weise wieder auf dem Alien-Planeten Adelpha und verfolgt fortan zwei Ziele: Dieser Welt zu entkommen, um mit seiner Tochter wiedervereint zu werden, die von klein auf von ihm getrennt ist sowie den Ureinwohnern gegen ihre aggressiven menschlichen Invasoren beizustehen. Letzteres weißt deutliche Parallele zu James Camerons Avatar auf, wo ebenfalls Themen wie Kolonialisierung und Ausbeutung behandelt wurden. Die Story macht zwar keine Höhenflüge, fällt insgesamt aber sehr ordentlich aus und motiviert, stets am Ball zu bleiben.
Was den Machern wieder gut gelingt, ist, eine faszinierende Welt zu erschaffen, die äußerst liebevoll gestaltet ist und sich im Laufe der Zeit auch durch die angestoßenen Ereignisse ein Stück weit verändert. Treibt man beispielsweise den Widerstand an, so ist das in den Siedlungen der Aliens auch anhand vieler Details stets sichtbar, was das Abenteuer glaubwürdiger macht. Auch ist der Welt anzumerken, dass sie nicht einfach aus dem Generator kommt, sondern wirklich per Hand erschaffen wurde. Dabei setzt sie sich aus unterschiedlichen Biomen zusammen, die allesamt für optische Abwechslung sorgen. Die Reise führt unter anderem durch Canyons, dicht bewachsene Wälder, schneebedeckte Gebirge oder auch brodelnde Lavalandschaften. Outcast - A New Beginning ist mit einer Spielzeit von rund 30 Stunden gewiss kein kleines Spiel, dennoch ist die Welt im Vergleich zu manch anderem Titel des Genres angenehm kompakt gehalten. So gibt es genug zu entdecken, ohne aber die Spieler gleich zu erschlagen.
Aus der Third-Person-Perspektive steuern wir Slade frei durch Adelpha und erledigen dabei allerlei Haupt- und Nebenaufgaben sowie optionale Open World-Aktivitäten. Die Quests dienen in erster Linie dazu, das Ansehen bei den verschiedenen Völkern zu steigern, damit sie sich dem gemeinsamen Kampf gegen die Unterdrücker anschließen. Auch wenn es sich dabei meist um simple Botengänge, Beschaffungen oder Tötungsaufträge handelt, sind diese nett in die Geschichte eingewoben und oft auch mit reichlich Witz garniert. Denn auch wenn Outcast - A New Beginning ein ernstes Grundthema hat, wird das Geschehen stets mit sympathischen Humor aufgelockert. Vor allem die Gespräche zwischen Cutter Slade und den Ureinwohnern sind aufgrund von ständigen Verständigungsproblemen und kleinen Albernheiten für reichlich Lacher gut, wobei auch der 90er-Jahre Charme beibehalten wurde. So fallen die One-Liner passend zur damaligen Ära auch schon mal cheesy aus, was wiederum für Kenner des Originals eine nostalgische Wirkung erzielt und umso mehr erfreut. Ein wenig schade ist nur, dass Manfred Lehmannn diesmal nicht an der Vertonung beteiligt ist. Doch mit Torsten Münchow (der deutschen Stimme von Brendan Fraser) hat man immerhin einen guten Ersatz gefunden.
Überaus gut fällt das Traversal System aus, sobald man seinen Jetpack erhält und dessen Funktionen freischaltet. Denn dann ist Cutter Slade richtig mobil, schwebt über den Boden hinweg, springt etliche Meter in die Lüfte und fliegt mit zusätzlichem Wingsuit in rasendem Tempo durch die Landschaften. Das lässt sich alles wunderbar steuern und macht wirklich Spaß. So kann man die Welt auch vertikal prima erkunden und kommt in Windeseile zu seinem Ziel. Eine Fast-Travel-Funktion gibt es darüber hinaus selbstverständlich aber ebenfalls.
Auch das Kampfsystem präsentiert sich solide: Slade ballert mit 2 Waffen aus der Ferne, schlägt zudem im Nahkampf zu, besitzt einen Schutzschild und macht auch im Gefecht von seinem Jetpack Gebrauch. 2 Waffen im Arsenal mögen zunächst nach wenig klingen, sind aber durch frei aufsetzbare Mods sehr individuell gestaltbar. Ob nun zielsuchende Geschosse, Elektrokugeln, explodierende Haftmienen, Schnellschussfunktionen oder heilende Effekte für die Kills – mit den Waffen lässt sich (freigeschaltete Slots und gefundene Mods vorausgesetzt) einiges anstellen. Zu viel des Guten sorgt aber auch für negative Effekte, da die Knarren dann schneller erhitzen und weitaus mehr Munition verschlingen. Hier gilt es die richtige Balance zu finden. Mit der Zeit lassen sich Mods dann auch noch nach Bedarf in drei Stufen verbessern.
Auch unser Held selbst lässt sich in zwei Fertigkeitsbäumen verbessern. In einem geht es um die Funktionen seines Jetpacks (z. B. mehr Energie, Booster etc.), im anderen werden seine Kampffähigkeiten erweitert (z. B. stärkerer Schild, mehr Nahkampfschaden, Bodenschmetterer aus der Luft usw). Für all das muss man fleißig Upgrade-Material sammeln, welches man mit der Zeit für das Erledigen von Aufgaben erhält. Dazu gehören auch die bereits oben erwähnten Open World-Activities, die wie bei so vielen Spielen des Genres wiederholt in der Welt auftauchen, um diese mit Inhalt zu füllen. Für sich sind diese nicht schlecht, mit der Zeit nutzen sich die vielen zu säubernden Außenposten der Gegner, die auszuräuchernden Monsternester oder die Parkours um Tempelanlagen herum aber auch ab, da sich im Ablauf zu sehr gleichen. Ist jedoch alles optional, sodass jeder selbst entscheiden kann, wie viel er davon nun machen möchte oder nicht.
Dafür, dass Outcast - A New Beginning "nur" ein AA-Titel ist, das nicht mit den Ressourcen eines großen Blockbuster-Titels produziert wurde, sieht das Spiel überraschend gut aus. Natürlich kann es sich optisch nicht mit einem Spiel wie Horizon messen, doch was das Team hier auf die Beine gestellt hat, ist wirklich bemerkenswert und mehr als man hätte erwarten können. Vor allem das tolle Art Design holt einiges raus. Und auch der Soundtrack ist, wie schon damals im Original, sehr gelungen. Alles schön und gut so weit, oder? Leider nicht ganz. Denn Outcast - A New Beginning hat auch mit einigen krassen Problemen zu kämpfen. Unsere PS5-Testversion, bei der es sich um eine Pre-Release-Fassung handelte, war nämlich ziemlich buggy. Mal setzte die KI der Gegner aus, mal verabschiedete sich der Sound komplett und ein ums andere Mal steckten Gegner irgendwo im Boden oder in den Wänden fest. Gelegentlich kam es zum Absturz oder zu eigenartigen Darstellungsproblemen. Die Soundabmischung war in einigen Sequenzen völlig daneben, sodass man Gespräche durch überlagerte Umgebungsgeräusche kaum noch verstehen konnte und auch die ein oder andere Quest konnte nicht beendet werden, ohne den Spielstand erst neu zu laden. Zudem kam es manchmal nach längeren Sessions zu starken Performance-Einbrüchen. Über einige Dinge kann man sicher hinwegsehen, da sie nicht sonderlichins Gewicht fallen, anderes wiederum hat schon sehr genervt. Natürlich kann bis zum Release am 15.3. oder kurz danach noch vieles passieren, unsere Testversion repräsentiert womöglich nicht die finale Fassung, doch wir können an dieser Stelle nur diese bewerten und müssen daher auf einige Baustellen hinweisen. Es bleibt zu hoffen, dass die Entwickler nun schnell handeln, damit Outcast - A New Beginning einen guten Start hinlegen kann.
Fazit
Unglaublich, nach 25 Jahren bekommt das großartige Action-Adventure "Outcast" tatsächlich seinen wohlverdienten Nachfolger spendiert, der nicht nur Fans abholt, sondern sich auch für Neueinsteiger eignet. Erneut schafft Entwickler Appeal eine zauberhafte Welt voller Witz und Charme, in die man sich gern für mehrere Stunden ins Abenteuer stürzt. Während das Original damals seiner Zeit gewissermaßen voraus war, wird dem etwas altmodisch gehaltenen Sequel dieses Kunststück heutzutage nicht gelingen. Bei realistischer Erwartungshaltung nicht sonderlich schlimm, denn spaßig ist die Rückkehr nach Adelpha auch so. Größtes Ärgernis sind derzeit noch einige technische Probleme, die es auszumerzen gilt.