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"Sid Meier's Civilization VII" - Videospiel - Test / Review

von Thomas Repenning

Wenn es um globale 4X Strategie geht, dann ist natürlich ein Name ganz vorne mit dabei: Sid Meier’s Civilization! Seit 1991 (damals unter dem Banner von MicroProse, mittlerweile unter Firaxis Games) findet dabei die Spielereihe ihr Publikum und jede Menge Welteroberungen (Stichwort Atom Ghandi), sodass sich Fans immer wieder auf einen neuen Teil der Reihe freuen. Seit 2016 sind nun mittlerweile auch wieder insgesamt neun Jahre vergangen, sodass nun endlich auch ein neuer Teil in den Startlöchern steht. Mit Civilization 7 wurden dabei durchaus auch große Änderungen angekündigt, die das Spiel an vielen Stellen grundlegend verändern, den Kern aber beibehalten. Ist es dabei nun eine Revolution oder gar eine normale Weiterentwicklung? Wir haben uns auf jeden Fall mehrmals von der Antike bis in die moderne gekämpft, die verschiedenen Zeitalter-Wechsel überlebt (oder auch nicht) und geben euch einen allumfassenden Blick auf den neuen Teil der Reihe, welcher seit dem 11. Februar für PC, Switch, XBox und Playstation (mit Crossplay- und Crossplattform-Progression) verfügbar ist.


Kritik

Civilization 7 hat indes keinen leichten Start: Zum einen, weil der Vorgänger bis heute einer der besten Teile der Reihe ist (und über die Zeit fast regelrecht perfektioniert wurde), zum anderen, weil die Konkurrenz nicht wirklich geschlafen hat. Zuletzt hatten Humankind, Revival: Recolonization, Old World und ARA: History Untold den Versuch gestartet, den Thron der 4X Strategie zu erobern. Und trotzdem ist Civilization weiterhin der Genre-Primus, wenn es dabei geht taktisch und strategisch die Welt zu erobern und sich mit anderen Spielerinnen und Spielern zu messen. Allerdings haben die oben genannten Spiele auch ihre Spuren hinterlassen und so sogar Civilization 7 selbst beeinflusst. Allerdings nicht immer zum Positiven. Wo der Vorgänger noch absolute Freiheiten inne hatte – gerade was die diversen Zeitalter betraf und technologische Fortschritte – gibt es nun mit den Zeitalter-Wechseln eine deutlich begrenztere Art des Gameplays. Doch kommen wir erst einmal zum gewohnten: Wie gehabt wählen wir aus 24 verschiedenen Anführern, die allesamt historische Figuren sind und bestimmte Besonderheiten aufweisen, die im Spiel in expansionistisch, diplomatisch, kulturell und wirtschaftlich kategorisiert werden. Neu ist dabei, unser Anführer bleibt bestehen, die gewählte Kultur wird sich aber ändern.

Denn nun gibt es insgesamt drei große Wechsel der Zeitalter, unterschieden in Antike, Aufklärung und Neuzeit, wobei sich unsere Kultur dann eben grundlegend ändert (und eher angepasst an das jeweilige Zeitalter daherkommt). Wir können also nicht mehr Amerika spielen und dabei gleichzeitig in der Steinzeit beginnen oder eben mit den Azteken das Atom-Zeitalter einläuten. Dabei will Civilization 7 eben weniger Freiheit bieten, dafür aber deutlich mehr Realismus in sein Setting bringen. Dies wird – und hat auch schon im Vorfeld – die Spielerschaft etwas spalten. Welches einem nun besser liegt, also mit Römern Panzer ins Feld schicken oder eben eine richtige moderne spielen, muss wohl dabei jeder für sich selbst entscheiden. Im ersten Moment zumindest, gefällt das realistischere und bodenständigere Setting etwas mehr. Geändert haben sich zudem die Ziele im Spiel. Wo vorher kulturelle, religiöse, militärische oder wirtschaftliche Dominanz erreicht werden musste, gibt es nun deutlich verzweigter und vor allem auch subtilere Ziele, die von Beratern unterstützt werden. Hier können wir uns dann auch auf unseren Lieblingsspielstil konzentrieren. Dabei ist sogar Pazifismus ebenso möglich wie eben gewohnte militärische Vorherrschaft. Wenn wir schließlich einen gewissen Prozentsatz im jeweiligen Zeitalter erreicht haben, winkt dann der große Sieg.

Zwischen den Zeitaltern können wir indes unser Vermächtnis mitnehmen – je nachdem welche Ziele und welchen Rang wir im vorhergehenden Zeitalter hatten – und so besondere Boni freischalten. Doch gerade das System scheint noch etwas unausgereift: Wir hatten zum Beispiel die Forschung im Blick und mussten per Ziel Spezialisten in unseren Bezirken hinterlassen. Dies hat sich über ewige Runden aber so gezogen – da wir schon große ausgebaute Städte besaßen – sodass dann doch etwas kurzzeitige Langweile aufgekommen war. Dies muss aber nicht für alle Ziele gleichermaßen gelten. Beim Kultursieg hingegen müssen wir schnell sein, bei der Forschung eben strategisch, beim Kampf taktisch und so weiter. Schwierig fanden wir bislang allerdings die Religion: Hier beginnt zur Aufklärung ein wahrer Wettlauf von Missionaren, die wir immer wieder über das Spielfeld schicken, damit unsere Religion die größte bleibt. Spätestens wenn aber die Krisen hervorbrechen – immer zum Ende eines Zeitalters – wird dies aber fast unmöglich. Gerade wenn die Pest ganze Städte ausradiert, und die Truppen gleich samt mit, verliert sich das alles etwas im Chaos. Und in der Moderne spielt das System dann wiederrum keine große Rolle. Unter den Zielen und Zeitaltern ist das Spiel aber im Kern gleichgeblieben. Wir bauen unsere Städte aus, ziehen die Einheiten über die Karte und nutzen Ressourcen, Wunder und Diplomatie, um Stärke zu gewinnen.

Viele kleine Änderungen sorgen dabei aber für mehr Spielfluss und eine bessere Zugänglichkeit. Abseits der hervorragenden Grafik von Civilization 7, betrifft dies vor allem die Städte und Gemeinden. Hier wirkt nun alles deutlich organischer, kompakter und nicht mehr so überladen. Und auch wenn wir später im Spiel etwas die Übersichtlichkeit verlieren, macht es unglaublich viel Spaß die Städte unserer Träume hochzuziehen. Gerade weil bestimmt Gebäude die Zeitalter überstehen, und wir sogar auf manche Felde mehrere Gebäude platzieren können. Diese fügen sich auch optisch gut in das Geschehen ein, sodass wir Burg, Bank und Theater fast nebeneinander bestaunen können. Hier kommt auch das neue System der Städte und Gemeinden zu tragen: Wollen wir lieber auf großes Wachstum setzen (oder andere Spezifikationen), dann lassen wir unsere neu gegründeten Städte als Gemeinde stehen. Hier kaufen wir nur per Geld Gebäude und Einheiten. Wir können sie allerdings später auch zu Städten umwandeln (gegen einen gewissen Obolus), natürlich mit allen Vor- und Nachteilen. Insgesamt sorgt das System dabei für einen schnelleren Spielfluss, ohne uns ständig in Micromanagement zu verlieren. Überhaupt ist die Wirtschaft nun deutlich effizienter, auch was die Zuweisung von Ressourcen und später die Fabriken betrifft. Entschlackung und Verbesserung war hier das Sichtwort, welches sich definitiv gelohnt hat. 

Etwas nervig sind hingegen die Naturkatastrophen, die es nun nicht erst per Addon gibt, sondern schon direkt im Spiel enthalten sind. Wer dies nicht möchte, kann es aber auch jederzeit ausschalten. Spätestens wenn zum 10mal hintereinander der Vulkan um die Ecke ausgebrochen ist, wird man aber sehr geneigt sein, dies zu tun. Apropos Krisen: Wie schon erwähnt, warten die am Ende der Zeitalter um noch einmal eine gewisse Herausforderung einzuspielen. Mit gewissen Nachteilen ausgestattet, werden so die letzten Runden noch einmal richtig schwer, gerade wenn wir noch unser Vermächtnis stärken wollen. Dieses System bringt noch einmal Schwung hinein, bevor es dann an den Wechsel des Zeitalters geht. Allerdings gibt es hier durchaus Kritik. Während wir so beispielsweise mühsam geforscht, riesige Armeen aufgestellt und zur stärksten Macht wurden, werden kurzerhand die Karten neu gemischt und gleich auf alle fast verteilt. Einheiten gehen verloren, technologische Defizite ausgeglichen. Dies sorgt natürlich dafür, dass Spielerinnen und Spieler (gerade bei Online-Partien) nicht mehr abgehängt werden. Auf der anderen Seite fühlt sich das ganze dabei nicht sonderlich befriedigend an. Wer nun einmal viel erreicht hat, sollte nicht nur mit einem Vermächtnis und ein paar Boni abgespeist werden. Zudem müssen wir uns nach jedem Wechsel erst einmal wieder orientieren. Wie ist die neue Kultur, wo liegen nun unsere Vor- und Nachteile. Wo gibt es noch Einheiten, wo fehlen nun welche. Und besonders ärgerlich: Unsere angebandelten Stadtstaaten – die wir mit unseren Diplomatiepunkten auf unsere Seite ziehen können – sind weg und werden neu ausgewürfelt.

Ebenfalls neu ist, dass die Karte sich nach jedem Zeitalter immer mehr öffnet. Dies passt natürlich zum neuen Realismus von Civilization 7. Vor allem im Zeitalter der Aufklärung kommt dabei der Kolonialismus in den Fokus. Das Rennen nach neuem Land entbrennt regelrecht und wir suchen auf der noch so kleinsten neuen Insel oder dem neuen Kontinent nach den letzten Bauplätzen mit den besten Ressourcen. Mit unseren Schatzschiffen, die dann generiert werden, holen wir dann jede Menge Gold nach Hause und natürlich Punkte. Später in der Moderne konzentrieren wir uns natürlich auf Technologie und Ideologien. Schade ist hingegen, dass die Zeit dann in den späten 60er Jahren endet. Zukunftstechnologien oder anderen eher futuristischere Dinge (oder eben die Jetztzeit) spielen keine Rolle. Der Verdacht liegt nahe, dass solche Mechaniken noch als DLCs oder Erweiterungen in Zukunft warten. Wie eben die Engländer und vielleicht auch noch Ghandi als Kultur oder eben Anführer. Natürlich muss Civilization 7 zum Start nicht alles besitzen was die Vorgänger über Jahre hinweg aufgebaut haben, aber so richtig vollständig fühlt sich das Spiel am Ende nicht an. Dies liegt vermutlich auch daran, dass spätestens in der Moderne das Spiel recht schnell im Finale mündet, wenn wir gewissenhaft an unseren Zielen arbeiten. Hier ist dann irgendwann einfach Schluss, ohne die Möglichkeit weiterzuspielen. Spätestens bei den Atom-Bomben ist recht bald der Auswertungsbildschirm da. Eine Entscheidung die wir nicht ganz nachvollziehen können.


Fazit

Civilization 7 zeigt sich erwachsender, realistischer und an vielen Stellen auch deutlich flüssiger als noch sein Vorgänger. Zudem ist die Inszenierung – bis auf kleinere grafische Stolperer bei den Animationen – wunderschön und die Grafik so imposant, dass wir uns regelrecht in unseren Städten verlieren können. Die neuen Zeitalter fügen sich dabei gut in das globale Eroberungsgeschehen ein, während die vielen kleinen neuen Systeme wie Gemeinden, Krisen, Vermächtnis und Kulturwechsel für ziemlich viel Abwechslung und Spielspaß sorgen. Allerdings beinhaltet dies auch manchmal bei gewissen Zielen etwas Leerlauf und auch das abrupte Ende dürfte nicht jedem gefallen. Am Ende ist das Spiel aber ein gelungener Nachfolger geworden, der jede Menge Spielstunden bietet. Jedoch ist der verlorene Sandbox-Aspekt noch ein Problem. Und auch fehlende Inhalte – wie gewisse Kulturen, die moderne Jetzt-Zeit oder Anführer – hinterlassen einen faden Geschmack. Aber die Roadmap liefert bereits jetzt Abhilfe und zeigt ungefähr, in welche Richtung es gehen soll. Noch fühlt sich aber das Spielgeschehen an manchen Stellen unrund an, selbst wenn wir uns Stunden um Stunden verlieren und ins Zeitalter des Atoms jagen. Strategie-Fans, kommen aber definitiv nicht um das Spiel herum.

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