Bildnachweis: (c) Hulu

"The Handmaid's Tale" - Staffel 1 - Kritik

von Sebastian Stumbek

Story

Die Geschichte projeziert die provozierende Vision eines totalitären Staats, in dem Frauen keine Rechte mehr haben. Atomare Katastrophen, Umweltverseuchungen und Geschlechtskrankheiten sorgten für eine weitestgehende Unfruchtbarkeit auf der Welt. Die Dienerin Offred (Elisabeth Moss) besitzt jedoch die seltene Fähigkeit, Kinder zu gebären, was sie zum Eigentum des Staates Gilead deklariert. In ihrer ihr aufgezwungenen Rolle muss sie für den Nachwuchs der regierenden Männer sorgen. 

Kritik

Im April 2017 ging The Handmaid's Tale als TV-Serie auf dem Sender Hulu an den Start und konnte Kritiker und Fans zugleich begeistern. Kein leichtes Unterfangen, immerhin basiert der beliebte Stoff auf dem gleichnamigen Litaraturklassiker von Margaret Atwood, eine Verfilmung gab es 1990 auch bereits von Volker Schlöndorff, die für sich ganz ordentlich, aber nicht herausragend ausfiel. Bruce Miller, Produzent hinter Serien wie The 100 oder Eureka - Die geheime Stadt, hat als kreativer Schöpfer hinter The Handmaid's Tale eine 10-teilige erste Staffel realisiert, die aufgrund ihres Erfolgs 2018 noch in mindestens einer weiteren Staffel fortgesetzt wird. Und tatsächlich zeigt sich hier sehr deutlich, dass die Geschichte im Serienformat wunderbar aufgehoben ist.

Wer den Stoff nicht kennt: The Handmaid's Tale erinnert in Zügen an Children of Men.  Eine düstere Zukunftsvision, der Fortbestand der Menschheit ist gefährdet, das Gebären von Kindern stellt eine Seltenheit dar und wird als Wunder betrachtet. Wie es zum Zusammenbruch der Gesellschaft kam wird zu Beginn nur angedeutet, im Laufe der Serie zumindest in Form von Flashbacks hin und wieder noch aufgegriffen. Vielmehr geht es um die Gegenwart, die in all ihrer Hässligkeit diesem Chaos entsprungen ist. Religiöse Fanatiker haben die Kontrolle übernommen und den fiktiven Staat Gilead erschaffen, in dem Frauen jegliche Rechte verloren haben. Sie alle sind den regierenden Männern untergeordnet, die wenigen "glücklichen" unter ihnen an der Seite einflußreicher Persönlichkeiten, der Rest lebt, um zu dienen. Entweder als "Marthas", die sich um den Haushalt kümmern, oder als Mägde. Letztere gehören zu den wenigen Frauen, die ihre Fruchtbarkeit behielten. Sie werden fortan als Sexskavinnen gehalten, die nicht nur in regelmäßigen Abständen von ihrem Besitzer zum Vergnügen vergewaltigt werden, sondern ihrem Herren Kinder schenken sollen. Wer ungehorsam ist, kommt in die Colonies, eine Giftmüllanlage, die den sicheren Tod bedeutet.

Eine solche Dienerin ist Offred (Elisabeth Moss), die zentrale Figur der Geschichte. Auf ihrer versuchten Flucht aus Gilead wurde ihre Tochter entführt, ihr Mann (O.T. Fagbenle) erschossen, und Offred einem einflußreichen Politiker (Joseph Fiennes) unterstellt, dessen Ehefrau (Yvonne Strahovski) unfruchtbar ist. Als Gefangene in seinem Haus besteht ihre einzige Aufgabe darin, zu dienen und sich einmal im Monat dem Geschlechtsakt zu unterwerfen. Als wäre das nicht schon schlimm genug, wird der Akt als heiliges Ritual zelebriert, an dem auch die Ehefrau teilnimmt und das missbrauchte Mädchen in ihrem Schoß hält. The Handmaid's Tale ist in der Darstellung seiner Zukunftsvision, mit seinen öffentlichen Hinrichtungen, der militärischen Präsenz in den Straßen und dem Umgang der untergeordneten Menschen, vornehmlich Frauen, ohnehin schon harter Tobak, in solchen Szenen jedoch wird die Serie regelrecht unangenehm. Im Zeichnen eines regelrechten Schreckenbilds gehen die Macher also durchaus erfolgreich vor. 

Doch inmitten dieses Szenarios bildet sich auch Widerstand. Eine sich anschleichende Auflehnung gegen die Unterdrücker. Durch Offreds Off-Stimme bekommen wir diesen sowohl aus ihrer Perspektive mit, mit der Zeit ist auch von einer geheimen Untergrundbewegung die Rede. Offreds Spielraum ist durch die permanente Überwachung zwar sehr limitiert, kampflos aufgeben will sie aber auch nicht. Über die zehn Folgen der ersten Staffel hinweg ergibt sich so eine für den Zuschauer spannende Geschichte voller Gewalt und Leid, an deren Ende aber zumindest ein kleiner Funken Hoffnung auf ein Entkommen besteht.

Woran man sich unter Umständen stören könnte: zwischen Kollaps und Gegenwart liegen nur einige wenige Jahre. Dass die Welt sich in dieser Zeit so stark gewandelt haben soll, verlangt einiges an Vorstellungskraft ab. Nicht, weil Gilead unrealistisch gezeichnet ist, denn ganz unvorstellbar ist es in der dargestellten Form gewiss nicht: Atwood hat sich beim Schreiben an zahlreichen Geschehnissen unserer Geschichte orientiert und beispielsweise Elemente der NS-Zeit und der DDR einfließen lassen. Auch erkennt man an der heutigen US-Politik unter Trump sicherlich einige Züge in der Handlung wieder. Damit ist die Idee nicht allzu weit hergeholt und The Handmaid's Tale hat noch heute eine gewisse Dringlichkeit und Brisanz. Ob man sich an der kleinen Zeitspanne nun stört oder nicht soll jeder Zuschauer für sich selbst entscheiden, gern drückt man hierbei aber ein Auge zu und nimmt die rasche gesellschaftliche Entwicklung als gegeben hin, denn die Stärken der Serie überwiegen deutlich, als dass man sich all zu sehr daran aufhält. Übrigens: Das Buch war in dem Sinne sogar noch ein Stück weit mutiger, dort spielte Rassismus noch eine gewaltige Rolle, Schwarze wurden in Gilead nämlich gar nicht mehr geduldet, was angesichts der Geschichte der USA auch vorstellbar erscheint. Die Serie dagegen hat sich gegen diese Darstellung entschieden und macht keinen Unterschied zwischen hellhäutigen oder dunkelhäutigen Charakteren. Dass die Macher keine Debatte auslösen wollten ist verständlich, die Serie funktioniert auch ohne diesen Zusatz bestens.

Womit The Handmaid's Tale neben seiner handwerklich guten Inszenierung und seiner packenden Geschichte noch punkten kann ist der hervorragende Cast. Elisabeth Moss schlägt sich als Hauptfigur, die zig Torturen über sich ergehen lassen muss, stets stark, wird aber auch von einem engagierten Nebencast begleitet. Yvonne Strahovski spielt als Hausherrin eine der interessantesten Rollen, in der sie mit ihren zahlreichen Facetten bis zum Schluss weitestgehend undurchschaubar bleibt. Madeline Brewer schafft es in ihrer kleinen Rolle, das Herz des Zuschauers zu berühren. Sie wird zu Beginn der Serie derart hart misshandelt, dass sie fortan an psychischen Schäden zu leiden hat. Mit Joseph Fiennes und Alexis Bledel gesellen sich zudem noch einige bekannte Namen hinzu, die ebenfalls glänzen dürfen. 

Über seine zehn Folgen hinweg kann The Handmaid's Tale sein Spannungsniveau stets hoch halten und verspricht nach seinem gelungenen Finale auch eine interessante Fortsetzung der Geschichte in der nächsten Staffel. 


Technisches zur Blu-Ray

Twentieth Century Fox Home Entertainment veröffentlicht The Handmaid's Tale am 15. März 2018 auf dem deutschen Heimkinomarkt. Die uns vorliegende Blu-Ray weiß technisch voll zu überzeugen, sowohl Bild (1,77:1) als auch Ton (Deutsch (DTS-HD 5.1), Englisch (DTS-HD MA 5.1)) sind überaus gelungen. Auf den insgesamt drei Discs ist jedoch nicht viel Bonusmaterial vorhanden, lediglich die beiden Featurettes "Script to Screen: Salvagin" (8 Min.) und "Hope in Gilead" (5,5 Min.) gewähren einige Einblicke hinter die Kamera. 

Fazit

Mit The Handmaid's Tale hat Hulu eine der gelungensten Serien 2017 an den Start gebracht, die sowohl für Leser des Romans als auch Neulinge gleichermaßen interessant ausfällt. Das düster gezeichnete Bild der hier aufgezeigten Dystopie fällt überaus intensiv, hart und fesselnd aus und bietet sich darüber hinaus bestens als Diskussionsgrundlage an. Man darf gespannt sein, in welche Richtung sich die Serie noch weiterentwickelt.

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