Die Idee hinter Stephen Kings Roman „Under the Dome“ war so simpel wie genial: Eine unbekannte Macht stülpt an einem sonnigen Nachmittag eine unsichtbare und undurchdringbare Kuppel über eine spießige amerikanische Kleinstadt. Die eingeschlossenen Bewohner, die den bunten Mix eines ganzen Landes repräsentieren, werden dabei auf eine harte Probe stellt. Die Kuppel ist einfach da. Es gibt keine Erklärung, in der Stadt herrschen Panik und Hilflosigkeit. Die Nahrungsmittel werden irgendwann knapp, die Luft wird immer schlechter. Als wäre all das nicht genug, treibt noch ein mörderischer Psychopath sein Unwesen.
Diesen Mikrokosmos mitsamt den unterschiedlichen Charakteren hat Stephen King hervorragend seziert und hielt damit unserer heutigen Gesellschaft einen Spiegel vor.
Mittlerweile dürfte sich ja bereits herumgesprochen haben, dass die Serie dem Vergleich zum Roman nicht standhält, ja aufgrund der komplexen Charaktere mit all ihren Beweggründen nicht standhalten kann. Das hat vor allem die erste Staffel zu spüren bekommen, die dank durchschnittlicher Schauspieler und einiger echten Fehlbesetzungen sowie einer völlig abweichenden Handlung für ausufernde Diskussionen in den Weiten des Internets sorgte.
Die nun für das Heimkino veröffentliche zweite Staffel hat mit der literarischen Vorlage nichts, aber rein gar nichts mehr gemeinsam. Wieso die Macher diesen Weg wählten und trotzdem noch mit dem Hinweis „based on the novel by“ werben, bleibt wohl ihr großes Geheimnis. Der Name Stephen King scheint immer noch ein großes Zugpferd zu sein, wobei nur wenige seiner genehmigten Roman-Verfilmungen bleibenden Eindruck hinterließen.
Man darf es durchaus betonen: „Under the Dome“ hätte - in den richtigen Händen und mit namhaften Darstellern - als Miniserie oder möglicherweise sogar als Filmtrilogie herausragend sein können. Man hätte sich eben nur an die düstere Vorlage halten müssen.
Alles jammern und lamentieren hilft aber nichts, die Produzenten (darunter auch Steven Spielberg) haben anders entschieden. Der amerikanische Sender CBS sicherte sich die Rechte, übernahm nur die Grundidee von Kings Geschichte sowie die Namen der wichtigsten Charaktere. Staffel 1 der Serie war demnach sehr unausgewogen, für Fans des Romans gerade zu enttäuschend. Klar, als Leser zieht man natürlich ständig den Vergleich zu den Bildwelten in seinem Kopf und da konnte die Vision der Drehbuchautoren und Regisseure eben nicht mithalten. Nichtkenner des Buches waren da schon wohlgesinnter.
Glücklicherweise wirkt die zweite Staffel irgendwie ausgewogener und temporeicher als der Vorgänger. Und dies aus einem Grund: Die Serie weicht nun wie bereits erwähnt komplett vom Buch ab. Was man der ersten Staffel noch ankreiden konnte, kann man nun durchaus positiv sehen, denn Staffel 2 geht nun ihren eigenen Weg und hat eine eigene Identität. Verschwunden sind irgendwelche Erwartungen des Zuschauers, der Vorlage folgen oder dieser gerecht werden zu müssen. Gedanken wie „meine Güte, das haben sie aber bescheiden umgesetzt“ sind verschwunden. „Under the Dome“ auf der Mattscheibe hat mit Stephen Kings Bestseller nur noch den Titel gemeinsam. Die Macher haben sich so weit von Kings Vision entfernt, dass auch die Leser – sofern sie denn wollen – durchaus ein Vergnügen mit den dreizehn neuen Folgen haben können. Stephen King selbst gibt den Tipp, dass man sich Chester’s Mill eben einfach in einem Paralleluniversum vorstellen müsse, in dem sich die Ereignisse eben anders entwickeln würden als in seiner eigenen Geschichte. Die Hard-Fans des Romans sollten trotzdem lieber einen großen Bogen um die weitere Story-Entwicklung machen.
Obwohl es leicht fiele, die Serie niederzuschreiben und sie nach wie vor eine polarisierende Wirkung ausübt, muss man nach dem Sichten der neuen Staffel trotzdem zugeben, dass sich „Under the Dome“ in eine solide Sci-Fi-Mystery-Thrillerserie gewandelt hat. Das unterhält wunderbar, tut nicht weh und ist nicht sonderlich anspruchsvoll. Die flachen und teilweise überaus dämlichen Dialoge sind – oh Überraschung - geblieben. Man kann also durchaus mal das Notebook nebenher aufklappen und ein paar E-Mails beantworten, ohne dass man das Gefühl haben müsste, wichtige Details der Handlung zu verpassen.
Die Geschichte findet ihre Fortsetzung genau da, wo Staffel 1 endete. Die Kuppel hat mittlerweile ein eigenes, leicht zickiges Verhalten entwickelt und bedroht Chester’s Mill mit mehreren biblischen Katastrophen. Eine Raupenplage zerstört die Ernte, ein Virus rafft die Schweine dahin, es regnet Blut und ein Sandsturm verdunkelt den Himmel. Man merkt schon: Während sich der Roman eher realistisch gab, trumpft die Serie mit vielen phantastischen Elementen auf.
Barbie (Mike Vogel) ist seiner Todesstrafe entkommen, der selbsternannte Bürgermeister Jim Rennie (Dean Norris) treibt weiter sein selbstherrliches Unwesen. Die hübsche Julia (Rachelle Lefevre) entdeckt den versteckt lebenden Sam (Eddie Cahill) und rettet ein mysteriöses Mädchen, das eine besondere Verbindung zur Kuppel hat. Die neu hinzugekommene Lehrerin Rebecca Pine (Karla Crome) schmiedet ihre ganz eigenen Pläne, um das Überleben unter der Kuppel zu ermöglichen. Es gibt noch weitere neue Charaktere, die aus Spoilergründen aber nicht näher beleuchtet werden sollen.
Stephen King selbst schrieb die Drehbücher für die ersten beiden Folgen und stellt die Weichen somit völlig neu, denn er lässt völlig überraschen zwei Hauptcharaktere sterben. Er gab der Serie seinen Segen, egal welche Richtung sie nun einschlagen wird. Es wird dem Zuschauer eine völlig neue Chester’s Mill Mythologie präsentiert und damit muss man sich abfinden.
Immerhin geht die Serie wie der Roman der Frage nach, wie Menschen unter extremen Stress reagieren, vor allem wenn ihr eigenes Leben in Gefahr ist. Was muss passieren, damit wir zu egoistischen Bestien werden und nur noch unser eigenes Wohl im Sinn haben? In guten Momenten hat „Under the Dome“ wirklich bewegende und philosophische Momente, die gar nicht so weit weg von der Realität sind.
Inhaltlich jedoch ist das Ganze in den ersten zwei Drittel der Staffel allerdings ein ständiges Auf und Ab. Man merkt regelrecht, dass viele unterschiedliche Autoren am Werk waren und keiner die Ideen des anderen aufgriff. Da werden spannende Handlungsstränge angerissen und zwei Folgen später wieder fallen gelassen. Im Zweifel ist sowieso immer die Kuppel schuld.
Beispiel: Einige Folgen dreht sich alles um die bereits erwähnten biblischen Plagen und plötzlich sind diese von einer Folge zur anderen überhaupt kein Thema mehr. Das macht „Under the Dome“ phasenweise extrem willkürlich und so braucht man sich nicht wundern, wenn die Handlungsweise der einzelnen Charaktere selten nachvollziehbar ist. Daher: Hirn ausschalten und vielleicht wirklich den Second Screen bemühen, nebenher E-Mails beantworten oder Filme bei Moviebreak kommentieren.
Fazit: Man kann an dieser Stelle eigentlich zum selben Schluss wie bei Staffel 1 kommen. „Under the Dome“ ist unterhaltsam und könnte auch für Fans des Romans einen Blick wert sein, da die Serie völlig neue Wege geht. In Sachen Tempo und die Action gibt es eine deutliche Steigerung, vom Niveau her bleibt aber alles beim Alten. Die Dialoge sind größtenteils flach, die Schauspieler schaffen es nie emotional zu berühren und die Handlung ist selten nachvollziehbar, phasenweise sogar etwas albern.
Richtig spannend wird es jedoch im letzten Drittel, wenn sich die Ereignisse überschlagen und die Staffel in einem großen Cliffhanger endet, der trotz aller inhaltlicher Schwächen Lust auf eine Fortsetzung macht.
Die Blu-Rays von Paramount Home Entertainment sehen einfach nur toll aus. Das HD-Material wirkt extrem detailliert und farbecht, der Schwarzwert ist herausragend. Selten wirkt das Bild nachbearbeitet. Vor allem in Nahaufnahmen lassen sich unglaubliche viele Details erkennen. Auch soundtechnisch gibt es keinen Grund zur Beanstandung.
Das Bonusmaterial kann sich ebenfalls sehen lassen, denn die Entstehungsgeschichte der zweiten Staffel wird ausführlich beleuchtet. Seien es die Spezialeffekte, die Drehorte oder die Darsteller. Selbst Stephen King persönlich kommt zu Wort.
Bewertung: 6/10