Story
Nach eurer Entführung durch den menschengeführten Militärkonzern names RDA wurdet ihr, ein Na‘vi, trainiert und geformt, um ihren Zwecken zu dienen. Fünfzehn Jahre später seid ihr frei, aber fremd in eurem eigenen Geburtsort. Tretet wieder mit eurem verlorenen Erbe in Verbindung, entdeckt, was es wirklich bedeutet, Na‘vi zu sein und schließt euch anderen Clans an, um Pandora vor der RDA zu beschützen.
Kritik
Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis auch zu Avatar ein erstes Videospiel erscheinen sollte. Immerhin handelt es sich mit einem weltweiten Einspielergebnis von über 2,9 Milliarden Dollar um den erfolgreichsten Film aller Zeiten. Und auch der Nachfolger Avatar: The Way of Water schlug 2022 mit 2,3 Milliarden Dollar ein wie eine Bombe. Da wäre der Veröffentlichungszeitpunkt im letzten Jahr, wie er von Publisher Ubisoft eigentlich angedacht war, ideal gewesen, um das Momentum mitzunehmem. Die Arbeit verzögerte sich jedoch und nun ist das von Massive Entertainment (dem Studio hinter den beiden The Division-Spielen) entwickelte Game rund ein Jahr später für PC und Konsolen erschienen.
Avatar: Frontiers of Pandora spielt zwischen den beiden ersten Filmen und zählt zum offiziellen Kanon des aus der Filmreihe bekannten Fantasy-Universums, erzählt jedoch eine für sich stehende Geschichte mit neuen Charakteren. Darin schlüpfen wir in die Rolle eines Na‘vi (das Geschlecht dürfen wir wählen und den Charakter optisch nach Wunsch zumindest leicht anpassen), der oder die in jungen Jahren vom Militärkonzern RDA entführt wurde und nach über eine Dekade diesem entkommen konnte. An der Seite der anderen Clans, dessen Vertrauen es zu gewinnen gilt, geht es gegen die RDA in den Kampf, um Pandora zu schützten.
Auf erzählerischer Ebene schlägt sich die rund 30-stündige Kampagne zwar ordentlich, wenn auch nicht herausragend. Da haben Action-Adventures wie Horizon: Forbidden West oder Spider-Man 2 schon besser abgeliefert. Zwar ist man stets bemüht, das Geschehen mit dramatischen Momenten aufzuwerten, doch fehlt es an einer emotionalen Bindung zu den Charakteren, die allesamt recht austauschbar ausfallen und somit kein allzu großes Interesse an ihrem Schicksal entstehen lassen. Man könnte an dieser Stelle auch anmerken, dass die Filme (vor allem der zweite) erzählerisch ebenfalls ihre Schwächen haben, insofern tanzt Frontiers of Pandora hier nicht aus der Reihe. Es hätte aber auch nichts dagegen gesprochen, es mit dem Sprung ins neue Medium besser zu machen. Sei's drum: Auch wenn das Spiel keine erinnerungswürdige Story bereit hält, erzählt es zumindest auch keine gänzlich schlechte. Mittelmaß eben.
In First-Person-Manier betreten wir in Avatar: Frontiers of Pandora einen weitläufigen Open-World-Schauplatz, der zum Erkunden regelrecht einlädt. Was das Team hier an visueller Pracht aus dem Hut zaubert, ist wirklich bemerkenswert. Von exotischen Dschungeln, tiefen Canyons, stilvollen Siedlungen der Na‘vi bis hin zu geheimnisvollen Höhlen, das Art Design fällt abwechslungsreich und überaus hübsch aus und fängt den Zauber der Filme gekonnt ein. Hier kann Ubisoft seine Stärken voll ausspielen, aufregende Schauplätze zeichnen schließlich auch Assassin's Creed oder Far Cry aus. Avatar: Frontiers of Pandora geht aber noch einen Schritt weiter und lässt das Ganze mit vielen liebevollen Details in der Gestaltung von Flora und Fauna noch lebendiger werden.
Und bei der Umgebung handelt es sich auch nicht bloß um eine Kulisse, auch gewisse Interaktionen mit ihr sind möglich. Tiere können gejagt werden, ihre erbeuteten Materialien nutzen wir zum Kochen oder zum Craften neuer Ausrüstung. Pflanzen können ebenfalls gesammelt werden, in einem Mini-Game kommt es dabei auf die richtige Handhabung an, um die bestmögliche Qualität seiner Ernte zu erreichen. Aber auch das Wetter und die Tageszeit spielen dabei eine entscheidende Rolle. Außerdem reagieren die wundersamen Pflanzen auf Pandora sehr individuell auf uns, greifen uns beispielsweise auch schon mal an oder ziehen sich schützend zurück. All das trägt glaubhaft dazu bei, es mit einem organischen Schauplatz zu tun zu haben. Und das flinke Herumturnen von Baum zu Baum und über allerlei Hindernisse geht dabei ebenfalls richtig gut von der Hand. Lediglich die Orientierung fällt in dem Dickicht manchmal etwas schwer und hätte durch bessere Orientierungspunkte (die sich durch die Sinnesfähigkeiten marginal nutzen lassen) gern optimiert werden können, da manchmal nicht klar ist, wo sich das eigentliche Ziel befindet. Wer nicht gern zu Fuß unterwegs ist, greift lieber gleich zum Ikran-Flugtier und genießt die Aussicht von weit oben.
Gehen wir gerade nicht einer Hauptquest nach, so warten zahlreiche optionale Nebenquests an jeder Ecke auf uns sowie weitere Aufgaben(-reihen). Wollen wir unsere liebste Ausrüstung selber bauen, suchen wir gezielt nach den nötigen Materialien in der Welt. Wollen wir die Natur retten, greifen wir Ölbohrtürme und giftige Fabrikanlagen der RDA an, um sie von dort zu vertreiben und die Maschinen lahmzulegen. Den Effekt auf die Umgebung sehen wir direkt, wenn aus toter Einöde wieder grünes Land wird und Tiere ihren alten Lebensraum zurückgewinnen. Wollen wir unser Ansehen in den Clans steigern (um dadurch von Händlern begehrte Waren zu bekommen), kümmern wir uns um lokale Sorgen und Probleme der Bewohner. Zu tun ist also reichlich und wer an dieser Stelle bereits denkt, dass das irgendwie nach Far Cry klingt, liegt zumindest nicht ganz daneben. Auch in Avatar: Frontiers of Pandora gibt es reichlich (sich wiederholende) Beschäftigungsarbeit und auf die muss man natürlich Lust haben. Da das meiste davon ohnehin optional ist, kann jeder für sich selbst entscheiden, wie viel er davon machen möchte.
Zumindest teilweise kommt man aber nicht drumrum, da das Levelsystem einem sonst den Spielfortschritt regelrecht verweigert. Liegt das eigene Level (welches sich aus der Qualität der getragenen Ausrüstung, der genutzten Waffen und freigeschalteten Fähigkeiten ergibt) unter dem der Gegner, steckt man nicht nur unheimlich viel Schaden ein, sondern teilt auch kaum welchen aus. Das macht das Vorankommen in einigen Missionen und Gebieten nahezu unmöglich, ohne seinen Charakter vorher aufgewertet zu haben. Und um das zu tun, kommt man nicht drumrum, sich auch um einige Nebenaufgaben zu kümmern. Das kann also schon ein gewisser Stolperstein sein, wenn man einfach nur durch die Hauptkampagne flitzen möchte.
Gekämpft wird mit den Waffen der Na‘vi (Bögen, Speere, Fallen) und der Menschen (Schrotflinten, Maschinengewehre, Granaten), 4 davon können wir gleichzeitig mit uns tragen. Gefechte sind insgesamt gut umgesetzt und erlauben sowohl ein heimliches Vorgehen als auch ein brachiales. Bei erstgenannter Variante kommt auch ein wenig Taktik ins Spiel, wenn mechanische Gegner aus der Ferne beispielsweise gehackt oder in Fallen gelotst werden. Und mit freigeschalteten Fähigkeiten in insgesamt fünft verschiedenen Bäumen verschafft man sich noch einige weitere Vorteile im Kampf und auch abseits davon. Etwas schade ist die mangelnde Gegnervielfalt aufseiten der RDA, abseits Soldaten und einige Mechabots kommt da im ganzen Spiel nicht mehr viel.
Zu guter Letzt noch ein paar Worte zur Technik: Avatar: Frontiers of Pandora schaut auf der getesteten PS5 super aus und läuft darauf auch sehr sauber. Bugs kamen im Test nur selten vor und störten den Fluss keineswegs. Auch das Audiodesign und die Musik wissen zu gefallen, was auch für die professionellen Sprecher gilt. Zudem werden die Funktionen des DualSense-Controllers prima eingesetzt und sorgen für eine stärkere Immersion.
Fazit
Open-World-Abenteuer vor malerischer Kulisse, an der man sich so schnell nicht sattsieht. Audiovisuell fängt Ubisoft den Zauber der Filme wirklich gut ein und liefert erneut einen großen Schauplatz mit reichlich Beschäftigungsmöglichkeiten, die mitunter reichlich Spaß machen, worunter sich aber auch schon mal das ein oder andere Füllmaterial befindet. Die Story fällt eher durchschnittlich aus und hätte durch bessere Figurenzeichnung sicherlich wirkungsvoller sein können. Wer sich auf Pandora aber einfach austoben möchte und schon Freude mit Spielen wie denen der "Far Cry"-Reihe hatte, die vom Aufbau her ähnlich gestaltet sind, wird mit "Avatar: Frontiers of Pandora" gewiss eine gute Zeit haben.