Die Geschichte von Cyberpunk 2077 ist mittlerweile wohl legendär und wird vermutlich in die Analen der Videospielgeschichte eingehen. Kein Wunder, immerhin ist CD Projekt RED mit seinem Witcher-Franchise nicht nur sehr erfolgreich gewesen, sondern hatte bis dahin auch einen respektablen Ruf aufgebaut. Einen, der vor allem Qualität beinhaltete. Nach dem Release von Cyberpunk 2077 war aber schnell klar, dass hier zwar ein cooles Sci-Fi-Spiel serviert wurde – gerade was seine Geschichte und die Figuren betrifft – aber gerade der technische Rahmen für viel Ärger und Frust sorgte. So wurden Versprechen nicht eingehalten, die Technik war für die meisten System völlig unausgereift und jede Menge Bugs sorgten dafür, dass regelmäßig der Spielspaß gebremst wurde. Überhaupt bekam man als Spieler schnell das Gefühl, dass man hier bei einem Vollpreistitel als Beta-Tester missbraucht wurde. Dies ist nun mittlerweile fast drei Jahre her: Viele Updates, Entschuldigungen und der kommende Release des ersten und einzigen Addon Phantom Liberty später, gibt es aber endlich Erlösung: Mit der 2.0 Version von Cyberpunk 2077 ist das Spiel endlich in dem Zustand, wie es wohl immer sein sollte und damit auch endlich ein Erlebnis, welches man nicht verpassen sollte!
Story
Die Welt in einer alternativen Zukunft: Während Night City als neue Konzernstadt den Himmel überstrahlt und zwischen Megabauten und Netrunnern unterzugehen droht, entscheidet sich der ehemalige Nomad V sein Glück genau in dieser Stadt zu finden. Nach einigen Erfolgen sowie einer Freundschaft mit dem Kleinganoven Jackie Welles, sieht die Welt auch gleich viel besser aus. Zwischen Implantaten und jeder Menge Euro-Dollar lebt es sich ganz gut. Bis zu dem Tag, als sich Jackie und V zu einem großen Coup entscheiden, der das Leben von V für immer verändert. Denn als die Sache schief läuft, wartet nicht nur ein mysteriöser Biochip, sondern damit verbunden auch der digitale Geist einer Legende: Des ehemaligen Musikers und Terroristen Johnny Silverhand. Fortan muss V die komplette Stadt auf den Kopf stellen, sich gegen boshafte Konzerne stellen und so sein Überleben sichern. Willkommen in Night City!
Kritik zu Cyberpunk 2077 – Version 2.0
Zuallererst die ganz scharfe Kritik: Das es insgesamt drei Jahre gedauert hat, bis Cyberpunk 2077 überhaupt einen Zustand erreicht, der schon zu Beginn eigentlich abgeliefert werden sollte, ist eine schiere Frechheit. Viele Spielerinnen und Spieler haben schon längst Night City besucht und sind über schlechte Design-Entscheidungen und Bugs gestolpert, die so nie vorgesehen bzw. nie da sein sollten. Natürlich lässt sich jetzt hier eine Empfehlung dafür aussprechen, dass man unbedingt noch einmal zurückkehren sollte. Aber irgendwie ist dies auch zynisch. Wer aber bislang – wie der Tester hier – gewartet hatte, wird nun belohnt. Ein Zustand, der sich irgendwie nicht so befriedigend anfühlen sollte und vor allem auch keine richtige Entschuldigung von CD Projekt RED bedeutet. Zumindest jetzt hat das Spiel aber einen Zustand erreicht, der nicht nur einen adäquaten Test zulässt, sondern auch bereits vor dem Test das Fazit durchklingen lässt: Hier ist nun ein Blockbuster-Spiel endlich fertig geworden, welches teils seines gleichen sucht. Bevor wir uns also in den Spionage-Thriller von Phantom Liberty stürzen, sehen wir uns erst einmal die Version 2.0 von Cyberpunk 2077 an. Los geht’s.
Version 2.0 ist indes viel umfangreicher als nur ein simpler Patch zum Hauptspiel. Denn gerade der Umbau von so vielen Komponenten ist recht einzigartig und wird zudem auch kostenlos an alle Besitzer des Hauptspiels ausgeliefert. Der Kern von Cyberpunk 2077 – also Night City als Kulisse, die Story sowie die Figuren – bleibt aber unangetastet, hier geht es vor allem um den Rahmen des Spieleerlebnisses. Wobei der Kern auch niemals das Problem des Spiels war. Immerhin ist die Sci-Fi-Cyberpunk Atmosphäre genau das Aushängeschild gewesen. Die philosophischen wie menschlichen Fragen werden gut eingebettet und auch die Figuren sind stets so gekonnt geschrieben gewesen, dass man sich schnell in der Geschichte von V und Johnny verlieren konnte. Dies ändert sich natürlich auch nach der Version 2.0 nicht. Es geht um die Frage von Kontrolle, Macht und der Menschlichkeit an sich. Klassische Cyberpunk Themen, die hier gekonnt mit einer spannenden Story verwoben werden, die zwischen ruhigen und actionreichen Momenten immer wieder gekonnt hin und herwechseln kann.
Was ist nun also alles anders und warum fühlt sich die 2.0 Version von Cyberpunk 2077 so anders an? Wir versuchen hier einmal einen Überblick zu geben: Als erstes ist hier das Quest-Log zu nennen, welches nun eine wesentlich bessere Übersichtlichkeit bietet. Die Routen und die grafisch deutlich bessere gestaltete Karte schaffen hier ihr Übriges. Die Fahrzeuge steuern sich zwar immer noch so zum Start des Spiels (gerade für PC Spieler ein Problem), doch dafür skaliert nun die Map anhand der Geschwindigkeit. Viel gravierender sind die Änderungen allerdings bei Waffen, Skills und Polizei. Gerad hier ergibt sich ein klares Highlight des neuen Cyberpunk 2077: Wo sich zuvor viele Waffen gleich anfühlten und die Unterschiedlichkeiten sich meist nur in Prozent ausdrückten, gibt es nun deutlich bessere Menüs mit Vergleichswerten und vor allem ein passenderes und besseres Waffenhandling, welches wirklich Spaß macht. Zudem verbraucht das schießen nun immer etwas Ausdauer, was den Rollenspielaspekt noch einmal in den Vordergrund stellt.
Die Polizei indes, eines der größten Schwachpunkte der damaligen Version (Stichwort Polizei-Spawnen), wurde komplett überarbeitet. Nicht nur sind die blauen Punkte auf der Karte nun deutlich schlauer als früher, das neue Sterne-System sorgt zudem dafür, dass man sich nun wie in einem GTA Spiel fühlt. Spätestens beim fünften Stern – wenn das Cyberpsycho Squad – anrückt, bzw. fliegt, hat man ein deutliches Problem. Dies, sowie die rasanten Verfolgungsjagden und das Schießen aus dem Auto heraus, sorgen für ordentlich Action und Rumms beim Spielfluss. Mit am größten verändert wurde unterdessen das Perk bzw. Skillsystem. Wo hier auch zuvor nur Prozente im Vordergrund standen, gibt es nun richtige Builds die wir verfolgen können. Egal ob superkrasser Terminator oder blitzschneller Cyber-Ninja. Dies ist nun möglich und lässt sich mit den eigenen Vorlieben hervorragend im umgebauten Fähigkeiten-System umsetzen. Ergänzt wird das neue System aus Haupt- und Nebenfähigkeiten mit den umgebauten Skill Progressions, die sich nach dem eigenen Stil während des Spiels aufwerten. Was genau ihr hierfür tun müsst, ist aber nicht immer gleich ersichtlich. Leider.
Die neuen Fähigkeiten bzw. Perks werden schließlich mit dem neuen umgebauten Cyberware Part ergänzt. Denn auch hier geht es nicht mehr um gewisse Prozente die wenig am Spiel ändern, sondern um Ergänzungen zum Perk System. Wo zuvor die Kleidung für Rüstung sorgte (was immer noch im Kleinen möglich ist), gibt es nun die neuen Cyberware bzw. Chrome Teile für unseren Körper. Hier können wir gut die Fähigkeiten ergänzen, ganz neue bekommen und so schließlich unseren Build ergänzen. Und wer sich verbaut hat, kann kurzerhand immer noch alles wieder zurücksetzen und so ein neuen Build aufbauen. Kleinigkeiten wie das neue Telefonbuch, den übersichtlicheren Autokauf sowie die neue Healthitem und Granatenfunktion (diese sammeln wir nicht mehr auf, sondern sie regeneriert sich über die Zeit hinweg, runden die Liste schließlich ab. Herausgekommen ist eine Cyberpunk 2077 Version, die deutlich vielschichtiger, facettenreicher, umfangreicher, komfortabler, rollenspiellastiger und daher atmosphärischer daherkommt. An den passenden Stellen wurde entschlackt, und an anderen entsprechend modernisiert bzw. umgebaut, wie es die Welt auch braucht. Denn gerade das Tüfteln mit Perks und Cyberware, ist einfach ein Kernelement des Spiels und deutlich näher an der eigentlichen Vorlage.
In Sachen Grafik und Performance hat sich indes ebenfalls noch einmal einiges getan: Volles Ray Tracing und sogar Path Tracing sind möglich, während die neue DLSS 3.0 Funktion ordentlich Performance bringt. Doch auch kleinere PCs profitieren deutlich von der DLSS Möglichkeit, sodass die FPS Zahl nach oben geschraubt wird. Im Test selbst gab es daher bei uns ein schöneres und runderes Grafikerlebnis mit vielen Einstellungsfunktionen. Kleinere Grafikfehler und einige Bugs sind uns zwar auch über den Bildschirm gekommen, aber weit weniger, als es mal der Fall war. Ein gelungenes Update und längst überfällig.
Cyberpunk 2077 Phantom Liberty
Zusammen mit der Version 2.0 erschien am 26. September (für 30 Euro und nicht mehr für die Alten Spielekonsolen) auch das erste (und einzige) große Addon für Cyberpunk 2077 mit dem Titel Phantom Liberty. Fans hatten schon lange auf Nachschub in Night City gehofft und wurden hier mit einer Erweiterung erlöst, die nicht nur insgesamt mit einer 20-stündigen Kampagne mit Nebenmissionen aufwartet, sondern auch gerade in Bezug auf Waffen einiges an Content liefert. Inklusive eines komplett neuen Stadtbezirkes: Denn Im Auftrag der Netrunnerin Songbird betreten wir den neuen Stadtbezirk Dogtown und sollen dabei die Präsidentin der New United States of America retten. Dies bietet uns neue Figuren, neue Waffen und Items sowie insgesamt ein noch runderes Spielgefühl als noch im Hauptspiel. Zudem darf uns Idris Elba (als Topspion Solomon Reed) ins Spionageuniversum von Cyberpunk 2077 mitnehmen. Wir haben uns einmal in das Addon gestürzt und könne gleich vorwegsagen, dass hier ein fantastisches Erlebnis und Spiel auf euch wartet. Weit mehr noch als das Hauptgame.
Das Addon starten wir unterdessen mit drei verschiedenen Möglichkeiten: Bei einem schon durchgespielten Spielstand, ruft uns die Netrunnerin Songbird einfach an. Mit einem neuen Spiel müssen wir erst in Akt 2 ankommen und bekommen dann ebenfalls irgendwann den Anruf und können dann den Missionen folgen. Alternativ können wir auch einfach mit einem Level 15 Charakter direkt das Addon starten. Alle Spielerinnen und Spieler werden also direkt abgeholt und müssen nicht unbedingt etwas wiederholen. Die Geschichte selbst, erinnert von seiner Grundstruktur etwas an Die Klapperschlage mit Kurt Russel und bietet eine ähnliche Prämisse: In einem relativ gesetzlosen Areal müssen wir fortan versuchen die Präsidentin der neuen vereinigten Staaten zu retten. Als Belohnung winkt eine alternative Lösung für unser Problem aus dem Hauptspiel. Doch Raffinesse und vorsichtiges Vorgehen ist gefragt. Insgesamt hat uns dabei die Story – vollgepackt mit Intrigen - von Anfang an direkt abgeholt und bietet viele spannende Charaktere und Missionen, die noch einmal deutlich intensiver sind als noch im Hauptgame.
Insgesamt erwarten uns im Addon 13 wirklich gut inszenierte und geschriebene Hauptmissionen. Das Besondere: Gegen Ende dürfen wir sogar zwei verschiedene Hauptfade wählen, die nicht nur einfach etwas Story bieten, sondern sogar jeweils mehrere Spielstunden umfassen und völlig unterschiedlich ablaufen. Ein neuer Run nach dem Ende des Addon lockt also mit einem deutlich anderen Weg. Weiterhin bietet uns das Finale ein optionales Ende für Cyberpunk 2077 selbst. Darüber hinaus dürfen wir uns auch in insgesamt 17 Nebenmissionen stürzen, welche dieses Mal nicht einfach abgehackt werden, sondern wirkliche Konsequenzen ausstrahlen und die Welt verändern. Hier wurde deutlich mehr an das Rollenspiel in Cyberpunk 2077 gedacht, sodass sich unser Wirken wichtig und richtig anfühlt (natürlich je nachdem wir uns entscheiden). Im Gesamten ist die Story durch ihre Entscheidungen, Pfade und Konsequenzen deutlich nahbarer und wird zudem mit den wirklich gut geschriebenen Figuren deutlich intensiver präsentiert. Kurzum: Hier hat sich CD Projekt RED wieder erneut übertroffen.
Das Addon bietet aber noch mehr als nur eine spektakuläre Story: Neben der wunderschönen und abwechslungsreichen Kulisse (die sehr schön lebendig wirkt), gibt es auch ein neues Level 60 Limit, damit verbunden neue Perks, neue ikonische Waffen sowie neue Fahrzeuge (die erst einmal gestohlen werden wollen). Für unsere Perks gibt es zudem den neuen Taltenbaum des Relic, die wir über die Hauptquests sowie Militech Terminals sammeln können. Die neuen Skillbäume fügen sich hier gekonnt in die bisherigen neuen Builds ein und bieten jedem Spielstil noch einmal kräftigere und spannende Möglichkeiten. Auch etwas Endgame hat es in Cyberpunk 2077 Phantom Liberty geschafft: Da wären zum einen die Autodiebstahlmissionen sowie die Fahlschirmabwürfe über Dogtown. Dogtown selbst ist indes auch eines der klaren Highlights des Addon: Neben der wunderschönen schon erwähnten Kulisse, bietet der Stadtteil eine eigene schön Dynamik, die schon an eine Endzeitstimmung erinnert. Viele Geheimnisse und eine dichte Struktur, ergänzen dies gekonnt.
Fazit
Wer bislang mit einem Start von Cyberpunk 2077 gewartet hatte, oder gerne ein zweites Mal nach Night City zurückkehren wollte, hat nun den richtigen Zeitpunkt gefunden: Die Version 2.0 liefert ein Spielegefühl ab, welches nicht nur komfortabler daherkommt, sondern auch mit seinem neuen Talentsystem und vielen überarbeiteten Kleinigkeiten ein Spiel entfesselt, welches so eigentlich schon vor drei Jahren kommen sollte: Ein absolutes Sci-Fi-Meisterwerk, welches technisch (noch immer) ebenso spektakulär ist wie seine Geschichte. Dazu wird mit Phantom Liberty ein Addon serviert, welches nicht nur sehr opulent ist, sondern in Sachen Inszenierung, Atmosphäre, Action und Story, noch einmal ordentlich draufpackt und schlichtweg atemberaubend ist. Gerade die Erweiterung stellt ein Meisterwerk dar, welches auf jeden Fall eine Chance bekommen sollte und ein klares Highlight im großen Blockbuster Jahr 2023 darstellt. Hier hat CD Projekt RED viel Vertrauen zurückerkämpft. Hoffen wir, dass es dabei nun auch bleibt. Kurzum: Night City war noch nie so spektakulär wie jetzt!