Bildnachweis: © Deep Silver, Plaion, Dambuster Studios

Videospiel "Dead Island 2" im Test

von Sebastian Stumbek

Story

Ein tödliches Virus breitet sich in einer höllischen Vision von Los Angeles, die den Spitznamen HELL-A trägt, aus und verwandelt die Einwohner in gefräßige Zombies. Die Stadt steht unter Quarantäne und das Militär hat sich zurückgezogen. Gebissen, infiziert, aber mehr als nur immun, lernt man, die dunklen Kräfte zu nutzen die einem durch die Adern fließen. Nur man selbst und eine Handvoll anderer angeberischer Arschgeigen, die zufällig resistent gegen den Erreger sind, halten die Zukunft von Los Angeles (und der Menschheit) in den Händen. Während man die Wahrheit hinter dem Ausbruch aufdeckt, erfährt man auch, wer - oder was - man eigentlich ist. Überleben, sich weiterentwickeln, die Welt retten - ein ganz normaler Tag in HELL-A!

Kritik

Das war eine schwere Geburt: Während Dead Island und Dead Island: Riptide bereits 2011 und 2013 erschienen, ließ ein Nachfolger, der eigentlich seit damals beschlossene Sache war, lange auf sich warten. Mehrere Studios wechselten sich in der Produktion ab, zufriedenstellend war das Ergebnis dabei lange Zeit nicht. In der Regel kein gutes Zeichen, wenn ein Spiel eine derart komplizierte Entwicklungsgeschichte hinter sich hat. Bei den Deep Silver Dambuster Studios hatte die Zombiehatz dann allerdings ihr wohlverdientes Zuhause gefunden. Am 21. April 2023 war es endlich so weit: Dead Island 2 erblickte auf Konsolen und dem PC das Licht der Welt. Und am 22. Februar 2024 erschien der Titel dann auch schon im Microsoft Game Pass.

Der Nachfolger spielt nun nicht mehr auf einer Insel, sondern im sonnigen Los Angeles bzw. in einer blutgetränkten Version davon, die den liebevollen Namen HELL-A trägt. Spieler haben zu Beginn die Wahl zwischen sechs vorgegebenen Charakteren, die sich nicht nur in ihren Werten und Spezialfähigkeiten unterscheiden, sondern auch in ihrer Persönlichkeit. Schräge Vögel sind sie allesamt, doch in Dead Island 2 geht es trotz der ungeheuren Brutalität ohnehin nie ernst zu. Es erwartet einen ein abgedrehtes Abenteuer in der Welt der Reichen und Schönen, der Influencer und Möchtegern-Promis, das es sich nicht nehmen lässt, einen bissigen, satirischen Blick auf die gesamte Szene zu werfen. 

Statt durch eine große offene Spielwelt wie zuletzt in Dying Light 2 bewegen wir uns in Dead Island 2 durch mehrere voneinander getrennte Distrikte, die selbst nicht linear aufgebaut sind und zur Erkundung einladen. Wer sich also von riesigen Maps anderer Games mit ihren unzähligen Icons eher erschlagen fühlt, wird den übersichtlichen, entschlackten Ansatz von Dead Island 2 bestimmt begrüßen. Auf die angenehm kurz ausgefallenen Ladezeiten bzw. generell auf die gute Performance auf Current Gen-Konsolen wird sich das sicherlich auch positiv ausgewirkt haben.

In First-Person-Perspektive erledigen wir diverse Haupt- und Nebenaufgaben, halten Ausschau nach lohnenswerter Beute und kämpfen uns durch Horden bissiger Zombies, die überall ihr Unwesen treiben. Dabei geht es durch die millionenschweren Prachtvillen von Beverly Hills, über die touristischen Strandpromenaden von Venice Beach bis hin zu den Filmstudios Hollywoods. Die Schauplätze bieten mit kunstvoller Ästhetik reichlich fürs Auge und verströmen fast schon ein entspanntes Urlaubsfeeling ... wenn da nicht die Untoten wären. Stilistisch bleibt man sich in jedem Fall treu, Dead Island 2 bewegt sich mit seiner farbenfrohen Darstellung nicht allzu weit weg von seinen Vorgängern. 

Quests fallen sehr kurzweilig aus, da sie in der Regel von witzigen kleinen Stories und Sequenzen begleitet werden. Ein betrunkenes Rockerpärchen lockt durch ihre laute Musikanlage beispielsweise ungewollt unzählige Zombies in ihren Vorhof. Also gilt es draußen die Stromversorgung herzustellen, um schnell die elektrischen Türen und Tore zu schließen. Gerettete Charaktere stoßen schon bald zu einer unserer sicheren Hub-Zonen, in welchen wir Handel betreiben, Werkbänke fürs Crafting vorfinden oder weitere Nebenaufträge erhalten. Große Interaktionen mit den Figuren gibt es dabei allerdings nicht, viel mehr ist man stiller Beobachter ihres (durchaus lustig gehaltenen) Treibens. Klar, mit echten Gesprächen und Dialogoptionen hätte man die RPG-Elemente sicherlich noch vertiefen können, aber sei's drum. 

Zur Wehr setzen wir uns sowohl im Nah- als auch Fernkampf. Letzteres jedoch erst nach mehreren Stunden, denn zu Beginn sind wir zunächst nur mit Macheten, Baseballschläger, Äxten und allem, was wir sonst in die Finger kriegen können, unterwegs. Später kommen diverse Knarren zum Einsatz, doch da der Munitionsvorrat stets begrenzt bleibt, verlieren Nahkampfwaffen nie an Wichtigkeit. Das Kampfsystem selbst mag nicht unbedingt komplex gestaltet sein und kann unter Umständen auf Dauer beim Einkloppen auf riesige Gegnermassen etwas monoton empfunden werden, doch durch das vielseitige Crafting-System kommt ein wenig Schwung in die Sache. Denn man darf wieder mächtig an seinen Waffen herumtüfteln, sofern man die dafür nötigen Ressourcen gesammelt und entsprechende Baupläne gefunden hat. Dann lässt sich der Knüppel schon mal unter Hochspannung setzen, um beträchtlichen Schockschaden zu verteilen. Oder das Schwert durch entsprechenden Umbau anzünden, um sein Gegenüber zu verbrennen. Damit lässt sich auch prima auf die Umwelt Einfluss nehmen, indem beispielsweise Hydranten aufgeschlagen werden, um die Umgebung zu fluten, die man kurzerhand unter Strom setzt. Das ist nicht nur nützlich, um Feinde effizient zu bekämpfen, sondern außerdem immer zum Lösen kleinerer Rätsel nötig. Und das Kombinieren damit macht in jedem Fall eine Menge Freude.

Wer die beiden vorigen Games gespielt hat, weiß, dass Brutalität hier sehr großgeschrieben wird. Immerhin landeten Dead Island und Riptide damals in Deutschland ganz schnell auf dem Index. Und auch Dead Island 2 machte vorab schon zahlreiche Schlagzeilen mit seinem Härtegrad, der für die USK-Version Böses erahnen ließ. Ganz uncut erscheint das Game bei uns also erwartungsgemäß nicht, jedoch sind die Einschränkungen geringer, als man befürchtet. Der einzige Unterschied zur internationalen Version ist der, dass sich die Leichen besiegter Gegner nicht mehr weiter zerstückeln lassen. Damit dürfte man sich aber ganz gut arrangieren können. Denn alles andere bleibt unverändert und hat es ordentlich in sich. Von abgetrennten Gliedmaßen, Blutfontänen bis hin zu abgerissenen Hautfetzen oder zermatschten Schädel, Dead Island 2 liefert extrem dargestellten Splatterspaß. Je nach Waffe und Trefferzone ist die Auswirkung beim Gegenüber deutlich sichtbar, Fans ausufernden Gores kommen bei diesem hohen Detailgrad, den die Macher hier anbieten, also voll auf ihre Kosten.

Doch trotz des Gemetzels ist Dead Island 2, wie schon eingangs erwähnt, eben alles andere als ein ernstes Spiel. Der Ton bleibt stets humoristisch, die Story (wenn auch nicht unbedingt originell) ist völlig überdreht, die Charaktere allesamt ausgefallen und die Sprüche herrlich bekloppt. Wer in einem Hochzeitssaal beispielsweise auf Becky die Braut (den ersten Zwischenboss im Spiel) trifft, und auf der Tanzfläche zu schnulziger  Musik zwischen Torte und Luftballons auf das Monstrum eindrescht, wird garantiert zu lachen haben. Die Kombination aus Horror und Comedy fällt äußerst stimmig aus und macht daraus ein sehr unterhaltsames und auch charmantes Zombie-Abenteuer, das man entweder allein oder mit weiteren Spielern im Koop erleben kann. Rund 20 Stunden benötigt man für einen Durchgang, wenn man sich auf die Hauptquest und gelegentliche Nebenaktivitäten konzentriert. Wer aber alle optionalen Tasks und Geheimnisse lösen möchte, wird sicherlich noch länger damit beschäftigt sein. 

Durch das Erledigen von Gegnern oder Lösen von Aufgaben sammelt man stetig Erfahrungspunkte und steigt mit seinem Charakter im Level auf. Dadurch verbessern sich einzelne Grundwerte wie die Gesundheit, interessanter jedoch ist das Skillsystem, das sich dadurch immer weiter öffnet. In Form von Karten, die wir während des Abenteuers finden oder verdienen können, bestimmen wir ein Skillset für unseren Charakter, das sich jederzeit beliebig verändern lässt. So kann jeder seinen individuellen Build anlegen, der dem eigenen Spielstil entspricht. Wer gerne ausweicht und blockt, kann dadurch beispielsweise zahlreiche Buffs erhalten, die für den Kampf nützlich sind. Wer hingegen lieber Spezialattacken auslösen oder für besonders aggressives Vorgehen belohnt werden will, setzt die dafür nötigen Karten ein. Die Auswirkungen sind nicht gravierend, zum Verfeinern der eigenen Spielfigur aber brauchbar. 

Technisch hinterlässt Dead Island 2 einen guten Eindruck. Das Spiel ist schick inszeniert und läuft angenehm flüssig und sauber. Gelegentlich traten kleinere Bugs im Test auf, doch kam das äußerst selten vor und hat sich nie störend auf das Erlebnis ausgewirkt. Und auch die Vertonung ist sehr gelungen, was sich in der Auswahl netter Tracks und der professionellen Synchro zeigt.  


Fazit

"Dead Island 2" ist im Großen und Ganzen der Zombiespaß, den man sich erhofft, an den man nach seiner schwierigen Geschichte aber kaum noch geglaubt hat. Ein Action-RPG mit Witz, kurzweiligem Gameplay und jeder Menge Gore, das ästhetisch toll verpackt wurde. Innovationspreise wird das Spiel vielleicht nicht gewinnen und in Teilen mag es etwas repetitiv im Ablauf sein, einer insgesamt sehr vergnüglichen Zeit dürfte das jedoch nicht sonderlich im Wege stehen.

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