Bildnachweis: © THQ Nordic / Piranha Bytes

Videospiel "Elex II" im Test

von Sebastian Stumbek

Story

Einige Jahre nach Jax‘ Sieg über den Hybriden erscheint eine neue Bedrohung am Himmel, die die gefährlichen Kräfte des dunken Elex entfesselt hat und alles Leben auf dem Planeten gefährdet. Um den Frieden auf Magalan und die Sicherheit seiner eigenen Familie zu schützen, muss Jax sich auf eine Mission begeben und die Fraktionen überzeugen, sich gegen die feindlichen Invasoren zusammenzuschließen. Dabei ist er auch auf der Suche nach seinem Sohn Dex, der von ihm getrennt wurde ...

Kritik

Piranha Bytes dürfte Gamern vor allem durch die beliebte Rollenspiel-Reihe Gothic bekannt sein, welche zwischen 2001 und 2006 veröffentlicht wurde und bis heute einen festen Platz im Herzen vieler hat. Danach widmete sich das deutsche Entwicklerstudio der Risen-Reihe, bis es 2017 schließlich zu ELEX kam, einem Rollenspiel in einem postapokalyptischen Science-Fantasy-Szenario, das trotz seiner nicht von der Hand zu weisenden Macken ebenfalls wieder reichlich Fans für sich gewann. Fünf Jahre später steht mit ELEX II nun der Nachfolger vor der Tür, der nahtlos an die Ereignisse des Vorgängers anknüpft und den Helden Jax in ein neues Abenteuer führt, das wir uns auf der PS5 näher angesehen haben.

ELEX II fasst zu Beginn die vorherigen Ereignisse in einem Intro-Video zusammen, um neue und auch alte Spieler abzuholen. Gewisse Vorkenntnisse sind allerdings nicht verkehrt, denn schon bald treffen wir auf viele alte Bekannte des früheren Abenteuers, die in Gesprächen natürlich Bezug auf Vergangenes nehmen. Das lässt sich zwar auch als Neuling grob verstehen, Kenner werden aber deutlich mehr Freude an den zahlreichen Anspielungen haben, die auch schon mal sehr witzig ausfallen können. Oder eben nützlich, um die komplexe Welt mit ihren ausgetragenen Konflikten besser zu verstehen. 

Erneut bereisen wir eine große Welt, die wir nach Belieben erkunden können. Zwar gibt es einen roten Faden, der uns eine gewisse Richtung vorgibt, doch ELEX II bedeutet Freiheit und sich dort hinzubegeben, wo man eben gerade hin möchte. Dabei besuchen wir in verschiedenen Regionen, darunter Wüsten, Wälder, feurige Vulkangebiete bis hin zu frostigen Eislandschaften zahlreiche Siedlungen, geheimnisvolle Höhlen und zerlassene Gebäude einer untergegangenen Zivilisation, quatschen mit vielen NPCs und kloppen uns mit fiesen Gegnern, die an jeder Ecke lauern. Auch schließen wir uns ganz klassisch wieder einer von insgesamt fünf Fraktionen an, die jeden Spielgang ein klein wenig anders gestalten. Die Welt ist atmosphärisch, voller Mysterien und weckt in uns eine ungeheure Neugier, immer weiter in sie einzudringen. Eine der großen Stärken von Piranha Bytes.

Eine weitere Stärke ist zweifellos die Interaktion mit den vielen coolen Charakteren. Die Gespräche fallen gewohnt humorvoll und auch ruppig aus, ganz wie man es von den Entwicklern kennt und zu schätzen weiß. Daraus ergeben sich eine Menge spaßiger Quests, die von eigenen kleinen Geschichten begleitet werden und auch schon mal herrlich abgedreht sein können. Mal helfen wir kleinen Kindern bei ihrer selbst eingeleiteten Morduntersuchung, mal schließen wir uns einer Gruppe Söldner an, die uns gleich nach Aufbruch in den ersten Einsatz an der nächsten Ecke kräftig vermöbelt. Hier präsentiert man wieder eine schöne Palette an kreativen Ideen, die das Abenteuer unterhaltsam und durch und durch charmant gestalten. Was auch zu gefallen weiß: Nicht nur haben wir bei der Bewältigung der Quests viele Freiheiten, auch in Gesprächen dürfen wir Entscheidungen treffen, die gewisse Konsequenzen für den weiteren Verlauf haben und darauf, wie uns Charaktere oder Fraktionen künftig gegenüberstehen. 

Wie in Rollenspielen üblich, sammeln wir für erledigte Aufgaben oder bezwungene Kämpfe Erfahrungspunkte, steigern dadurch unsere Attribute (Stärke, Konstitution, Geschicklichkeit, Intelligenz und Gerissenheit), um damit Voraussetzungen für neue Gesprächsoptionen, mächtigere Zauber oder stärkere Waffen zu erfüllen und können bei Ausbildern im ganzen Land mit verdienten Lernpunkten diverse Fähigkeiten wie Schlösserknacken, Hacken, Schmieden, Taschendiebstahl oder Magie erlernen, die uns wiederum neue Möglichkeiten geben, auf vielfältige Weise mit der Umgebung zu interagieren. Auch in dieser Hinsicht ist ELEX II sehr gut gestaltet und motiviert zum immer weiteren Charakterausbau.

Ein echtes Highlight ist die Fortbewegung per Jetpack, der sich immer weiter verbessern lässt und uns die Möglichkeit gibt, die Welt mit hohem Tempo zu bereisen. Das spielt sich nicht nur herrlich flott, es gibt einem auch die Möglichkeit, wirklich jeden Winkel genau zu erkunden, Kämpfe auch in der Luft auszutragen oder sich in brenzlichen Situationen schnell aus dem Staub zu machen. Spitze! Doch nicht nur an unserem Jetpack können wir herumbasteln, auch Ausrüstung lässt sich umfangreich craften, Tränke können gemixt werden und Essen gekocht. Ja, in ELEX II lässt sich eine ganze Menge anstellen.

Und so erleben wir in einem rund 60 Stunden langen Abenteuer eine zwar nicht herausragende, aber ordentliche Story in einer stimmungsvollen Welt voller interessanter Figuren und aufregender Quests. Wer Piranha Bytes-Spiele zuvor schon mal gespielt hat, wird sich hier pudelwohl fühlen, denn das Feeling ist etwas ganz Besonderes. Die Haupthandlung hätte zwar noch deutlich Luft nach oben gehabt, doch wer sich in der Welt erst einmal verliert, wird auch so von allen Seiten kompetent unterhalten. So weit, so gut also. Doch – und nun kommt das große Aber – leidet ELEX II eben auch an den bekannten Problemen, die Spiele des Entwicklers leider immer wieder mit sich bringen und die dafür sorgen, dass das Rollenspiel nicht für jedermann geeignet ist. Denn von einem glattpolierten AAA-Game ist man hier dann eben doch ein gutes Stück weit entfernt.

Zunächst wäre da die altbackene Technik, die leider nicht mehr zeitgemäß ist. Zwar sehen Umgebungslandschaften gelegentlich schon mal ganz hübsch aus, gerade die dicht bewachsene Natur kann sich mit passenden Lichteffekten in jedem Fall sehen lassen und auch das Artdesign fällt im Allgemeinen ganz nett aus,  jedoch schmälern hölzerne Animationen, für das Auge wenig aufregende Effekte sowie eine steife Gesichtsmimik wie aus dem Totenreich dann doch die Freude. Klar, Grafik ist nicht alles, doch wenn die Immersion dadurch gestört wird (gerade in Cut-Scenes, die auch schon mal emotional sein wollen, durch die Makel allerdings unfreiwillig komisch rüberkommen), ist das nicht so toll. Und dass diese alte Technik selbst auf der neuen Konsolengeneration nicht sauber läuft, da sie unter starkem Tearing leidet, es zu Clipping-Fehlern sowie PopIns kommt und die Framerate schon mal ordentlich einkrachen kann bzw. sowieso selten konstant auf einem Level bleibt, ist ein echter Jammer.

Ein weiteres Ärgernis ist das hakelige Kampfsystem. Auch hiermit hatte Piranha Bytes schon immer seine Probleme, aber dass das Studio in dieser Hinsicht nach all den Jahren keine Weiterentwicklung zeigt, ist schon ein wenig beschämend. So fallen die Gefechte, von denen es immerhin eine ganze Menge in ELEX II gibt, oft frustrierend aus. In der Regel drescht man plump und schlecht animiert auf sein Gegenüber ein, staunt über die blöde KI und versucht die sperrige Kamera in den Griff zu bekommen. Richtig Clunky also. Auch das ist wirklich schade, denn das Spiel würde sich mit einem guten Kampfsystem ganz anders anfühlen. Man kann nur hoffen, dass sich das mit einem möglichen weiteren Nachfolger irgendwann ändern wird. Doch da sich seit Gothic hier in den letzten 20 Jahren nicht wirklich viel getan hat, sollte man wohl keine zu hohen Erwartungen haben.

Fazit

ELEX II hat diesen ganz besonderen Zauber, den Spiele von Piranha Bytes immer wieder mit sich bringen: Die faszinierende Welt lädt regelrecht zum erkunden ein, die Quests fallen höchst unterhaltsam aus, Dialoge stecken voller Witz und das Freiheitsgefühl ist groß. Die Kehrseite ist aber eine ziemlich veraltete Technik, die obendrein nicht sauber läuft und ein hakeliges Kampfsystem, das nur wenig Freude bereitet. Im Kern also ein echt tolles Game, dem ein gründlicher Feinschliff richtig gut getan hätte. Gewiss wird nicht jeder mit ELEX II warm, was völlig verständlich ist. Doch wer sich an den Fehlern nicht allzu sehr stört und weiß, was ihn hier erwartet, kann damit auch eine gute Zeit haben. 

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