Bildnachweis: © 11 Bit Studios

Videospiel "Frostpunk" im Test

von Sebastian Stumbek

Story

Frostpunk versetzt den Spieler in die Rolle des Anführers der möglicherweise letzten menschlichen Gemeinschaft, in der letzten Stadt, die auf der Erde eines alternativen 19. Jahrhunderts übriggeblieben ist. Der Spieler herrscht über die Bevölkerung der Stadt, baut ihre Infrastruktur und entwickelt dampfbetriebene Technologien, damit sein Volk den apokalyptischen Winter überlebt.


Kritik

Mit dem Gamepad lässt sich auf der Konsole vieles angenehm(er) spielen, vor allem aber in einem Genre hat man gegenüber PC-Spielern das Nachsehen: Strategiespiele werden oftmals gar nicht erst für die Konsole portiert, da die Steuerung nur mit Maus und Tastatur wirklich sinnvoll ist. Frostpunk des polnischen Entwicklers 11 Bit Studios (bekannt vor allem durch ihr ausgezeichnetes Survival-Game This War of Mine) wurde 2018 auf dem PC zum echten Überraschungshit, nun dürfen sich auch PS4- und Xbox-Spieler die Hände reiben, da sie ebenfalls in den Genuss kommen dürfen. Bevor wir auf die Umsetzung zu sprechen kommen, zunächst ein Überblick über das eigentliche Spiel.

Frostpunk versetzt uns in ein düsteres Endzeitszenario, in welchem die Menschheit durch extreme klimatische Veränderungen größtenteils dahingerafft wurde. Im ewigen Eis versucht eine Gruppe Überlebender, den niedrigen Temperaturen zu trotzen und den apokalyptischen Winter irgendwie zu überstehen. In einem kreisrunden Krater errichten wir als Anführer die neue Heimat, im Herzen steht ein brummender Generator, welcher fortan über Leben und Tod entscheiden wird. Aus der schrägen Vogelperspektive ist es nun unsere Aufgabe, den Aufbau der Stadt zu planen, geschickt mit Ressourcen umzugehen und auf die Bedürfnisse der Einwohner einzugehen. Leichter gesagt als getan, Frostpunk bestraft Nachlässigkeiten und Fehler knallhart und lässt uns damit den sich abspielenden Horror regelrecht spüren.

Zu Beginn der Hauptkampagne haben wir nur mit Minus 20 Grad zu kämpfen, was gelegentlich zu Erkrankungen in der Bevölkerung führt, aber noch keine ernst zu nehmende Gefahr darstellt. Behausungen für unsere Einwohner wollen gebaut, eine medizinische Grundversorgung hergestellt, Nahrung beschaffen und Rohstoffe (Kohle, Stahl und Holz) abgebaut werden. Damit wächst unsere Siedlung nach und nach an und ermöglichst den Bau immer komplexerer Gebäude und Technologien. Letztere erforschen unsere Ingenieure in einer Werkstatt, wodurch Energie beispielsweise effizienter genutzt werden kann, Gebäude besser gegen Kälte abgeschirmt werden können oder unsere Jäger mehr Beute auf ihren Streifzügen beschaffen. Da wir stets gegen die Zeit arbeiten, wollen Entscheidungen wohl überlegt sein. Denn was wir als Nächstes erforschen, bauen oder tun, kann gravierende Auswirkungen auf den weiteren Verlauf haben.

Die Temperaturen fallen schnell ins Bodenlose, Rohstoffe werden knapp und das Volk muss außerdem bei Laune gehalten werden. Steigt nämlich die Unzufriedenheit oder sinkt die Hoffnung, führt das nur zu vielen weiteren Problemen: Die Gewalt nimmt zu, Lager werden geplündert, Aufständische untergraben unsere Autorität und im schlimmsten Fall werden wir sogar verbannt, was das sofortige Game Over bedeutet. Um das zu verhindern, müssen wir stets für ausreichende Wärme sorgen (kostet unheimlich viel Kohle), genügend Nahrung beschaffen, jedem ein Dach über dem Kopf anbieten und uns um die Kranken kümmern, was zunehmend schwieriger wird.

Großen Einfluss können wir auch durch erlassene Gesetze nehmen, die für grundlegende Änderungen sorgen und neben vorübergehenden Vorteilen oftmals unangenehme Folgen nach sich ziehen. Gehen uns beispielsweise die Arbeitskräfte aus, wäre die schnellste Lösung Kinderarbeit zu erlauben. Kinder werden jedoch schneller krank und verletzen sich leicht am Arbeitsplatz, außerdem sorgt das Gesetz für großen Unmut innerhalb der Bevölkerung. Auch der Umgang mit Schwerkranken will gut überlegt sein: Versuchen wir sie vollständig zu heilen, riskieren damit aber auch ihren Tod? Oder führen wir im Notfall Amputationen durch, was Leben retten kann, uns dafür aber mit dem Bau eines Pflegeheims und der Forschung nach Prothesen vor neuen Aufgaben stellt? Wie auch immer wir uns entscheiden, sobald ein Gesetz unterzeichnet wurde, ist es für den aktuellen Spielgang endgültig, was das Ganze umso spannender macht.

Ganz allein sind wir in der eisigen Wüste übrigens nicht, das Umland lässt sich mit Spähtrupps erforschen, wobei wir auf weitere Überlebende und wertvolle Ressourcen stoßen können. Auch hier ist immer wieder spannend, was wir aufspüren und wie wir damit umgehen. Entdecken wir eine Gruppe kranker Kinder in einer eisigen Höhle, die uns um Hilfe anfleht, können wir sie natürlich sicher in unsere Siedlung geleiten, halsen uns damit aber womöglich weitere Probleme auf. Oder aber wir berauben sie um ihr Hab und Gut und überlassen sie ihrem Schicksal. Die Entwickler wollen, dass uns Frostpunk unter die Haut geht und unangenehm berührt, das ist ihnen definitiv gelungen. Immer wieder werden wir mit moralischen Dilemma konfrontiert, was das Spiel deutlich von anderen Aufbauspielen abhebt, in welchem uns das Volk völlig egal ist.

Die Hauptkampagne gipfelt schließlich in einem tödlichen Sturm, auf welchen wir uns gut vorbereiten müssen, um irgendwie zu überleben. Wer hier nicht sorgsam geplant hat, wird ganz schnell seine gesamte Bevölkerung verlieren. Ist das jedoch erst einmal geschafft, schalten wir für ein neues Spiel drei neue Szenarien frei, in welchen wir vor ganz neuen, fesselnden Aufgaben gestellt werden. Auch lässt sich Frostpunk in einem Endlos-Modus starten, in welchem wir möglichst lange überleben müssen. Je nachdem, welche Schwierigkeit wir dabei wählen, wird Frostpunk damit zum Survival-Albtraum oder zum gemütlichen Aufbauspiel.

Die Portierung auf die Konsole ist den Entwicklern übrigens hervorragend gelungen, die Steuerung per Gamepad ist ohne Einschränkungen möglich und durch übersichtliche Radialmenüs und sinnvolle Shortcuts auch äußerst komfortabel, was für ein Spiel mit derart vielen komplexen Eingaben alles andere als selbstverständlich ist. Auch technisch gibt es nichts zu beanstanden, auf der getesteten PS4 Pro läuft das Spiel wunderbar flüssig und sieht dabei auch noch richtig gut aus.


Fazit

"Frostpunk" ist ein packender Mix aus Survival- und Aufbauspiel, das uns immer wieder zu moralisch schwierigen Entscheidungen zwingt, wodurch der eisige Albtraum umso greifbarer wird. Auch auf Konsolen ist das beklemmende Game uneingeschränkt zu empfehlen und sollte unter Strategiefans in keiner Sammlung fehlen.

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