Story
Als Morgan im Jahr 2032 auf der Talos I, einer Forschungsanlage im All, die Außerirdische untersuchen soll, erwacht, wurde die Station von einer fremden Lebensform namens Typhon überrannt. Wissenschaftler hatten diese Wesen unter Verschluss gehalten und untersucht – mit dem Ziel, die Fähigkeiten der Menschen zu verbessern. Mithilfe seltsamer Alien-Kräfte muss Morgan jetzt den Ausbruch überleben, die Typhon-Geheimnisse aufdecken und die Menschheit vor der drohenden Gefahr an Bord der Station retten. Erreichen die Aliens die Erde, bedeutet das das Ende der Menschheit. Es liegt nun an Morgan, die Geheimnisse der Talos I zu lüften, die Alien-Invasion aufzuhalten und die Menschheit zu retten.
Kritik
Erst kürzlich legte das Entwicklerteam Arkane Studios mit ihrem Stealth-Action-Adventure Dishonored 2 einen Volltreffer hin, nun folgt mit Prey bereits der gelungene Nachschlag. Mit dem gleichnamigen Spiel der Human Head Studios aus dem Jahre 2006 hat der neue Ableger nichts mehr gemein, das neue Prey ist etwas gänzlich Neues und Eigenständiges.
In Ego-Perspektive stürzen wir uns wahlweise als weiblicher oder männlicher Charakter auf die Talos I-Raumstation und erleben bereits in den ersten Minuten einen großartigen Auftakt mit psychologischen Kniff unter der Verwendung der "Und täglich grüßt das Murmeltier"-Formel . Wie in Half-Life laufen diverse Experimente an Bord schief und sorgen schnell für jede Menge Chaos und Schrecken. Dabei spielt Prey mit der Unwissenheit des Spielers und weiß diesen von Beginn an gekonnt zu fesseln. Abgesehen von offensichtlichen Fragen, woher die Aliens z.B. kommen, welchen Zweck sie verfolgen und wie man sie wieder loswerden kann, geht es unter anderem darum, wer man selbst eigentlich ist. Warum wurde an uns experimentiert? Wer ist dafür verantwortlich? Der Einstieg wirft viele interessante Fragen auf und lässt uns zunächst einmal im Dunkeln zappeln.
Nach Ankunft in der Lobby, etwa nach einer Stunde Spielzeit, lässt uns Prey auch direkt von der Hand los und überlässt uns von nun an die Entscheidungsgewalt über das weitere Vorgehen. Die Raumstation ist riesig, unterteilt in rund ein Dutzend separate Bereiche wie dem Kraftwerk, den Mannschaftsquartieren, der Brücke oder dem Maschinenlabor. Wohin wir uns zuerst bewegen ist uns überlassen, auch wenn nicht jeder Bereich sofort zugänglich ist, so liegt es dennoch an uns, wie wir vorgehen wollen oder uns Zugänge zu verschlossenen Arealen beschaffen. Mysteriöse Funksprüche, bei denen unklar ist, ob es sich um Freund oder Feind handelt, erreichen uns und beauftragen uns mit diversen Aufgaben. Viele finden wir auch selbst, indem wir die Raumstation genau untersuchen, dabei auf zahlreiche Notizen, E-Mails, Audiologs oder vielleicht auch Überlebende treffen. Schon bald ist unsere To-Do-Liste mit Aufgaben derart überfüllt, dass es gar schwierig wird den Überblick zu behalten. Doch die Story treibt uns voran und entfaltet sich umso mehr, je weiter wir die Augen offen halten.
Das Schöne an Prey ist, dass wir eben selbst entscheiden können, was wir davon machen. Spannend sind die Aufgaben allemal, fügen sie sich gelungen in das Survival-Setting ein und geben uns stets das Gefühl, auf sinnvolle Art ums Überleben zu kämpfen. Und wenn wir nach und nach neue Zugänge freischalten, neue Wege entdecken, uns Zugriff auf verschlossene Türen und Terminals verschaffen, ist das stets ein befriedigendes Gefühl, das uns nur umso mehr motiviert, weiter zu machen. Prey ist übrigens kein einfaches Spiel, wer blind durch die Station rennt wird schnell das Zeitliche segnen, stumpfes Geballer ist daher kaum eine Option. Vorgehen mit Köpfchen ist gefragt, Prey lässt uns dabei eine Menge Spielraum zum Ausprobieren. Schleichen ist stets eine gute Variante, wird mit der Zeit auch durch freischaltbare Fähigkeiten unterstützt, die uns leiser machen, uns erlauben in Computersysteme zu hacken, Geschütztürme zu reparieren und aufzustellen lassen oder schwere Gegenstände zur Seite zu schieben. Oder aber man möchte sich doch zur Wehr setzen und verbessert seine Schusskraft, erhöht seine Energie und schraubt an seinen Waffen rum, um diese effektiver zu machen. Problem hierbei jedoch, dass Munition stets knapp ist, daher sollte man sparsam mit ihr umgehen. Im späteren Verlauf schalten wir sogar Psi-Fähigkeiten frei und können uns auch darauf spezialisieren. Damit bringen wir feindliche Wesen unter unsere Kontrolle, schleudern Energiekugeln von uns oder verwandeln uns in Gegenstände, um uns zu tarnen oder als solche Zugang in neue Gebiete zu erlangen. Als Apfel(!) rollt man eben auch durch kleinste Lücken. Die Vielfalt an Möglichkeiten zur Entwicklung des Charakters sind groß, fühlen sich sinnvoll integriert an und sorgen jeweils für ein ganz anderes Spielgefühl, je nachdem für welchen Weg man sich entscheidet. Fällt die Wahl übrigens auf die übersinnlichen Kräfte, trägt man fortan selbst außerirdische DNA in sich und wird von Maschinen an Bord eben auch als Bedrohung gesehen. Alles hat seine Vor- und Nachteile.
Darüber hinaus gibt es ein Crafting-System, mit welchem wir uns Waffen, Munition und Gegenstände selbst basteln können, wenn wir die passenden Baupläne dazu finden. Dazu bedarf es ausreichend Ressourcen, welche wir wiederum durch das recyceln von Müll oder Wertgegenständen erhalten, die wir überall aufsammeln können. Auch dieses System weiß zu gefallen und ermöglicht uns eben das zu bauen, was wir benötigen.
Das Waffenarsenal, welches für sich genommen gar nicht groß ausfällt, sorgt ebenfalls für spielerische Freiheit. Neben Standardgeräten wie einer Pistole oder einer Schrotflinte gibt es beispielsweise eine Spielzeugarmbrust, die Plastikpfeile verschießt. Verletzen lässt sich damit niemand, ablenken jedoch schon. Praktischer ist es, damit auf schwer erreichbare Terminals oder Knöpfe zu feuern, um sie aus der Ferne zu steuern. Highlight dürfte aber unsere GLOO-Kanone sein, die schnell härtenden Schaumstoff verschießt. Damit lassen sich gleich eine Vielzahl an praktischen Dingen tun: Gegner werden verklebt und bewegungsunfähig gemacht, während offene Rohrleitungen geschlossen werden können oder Feuer gelöscht wird. Auch lassen sich damit Treppen bauen, um in neue Regionen zu gelangen oder defekte Stromkästen isolieren. Definitiv ein toller Einfall.
Sehr gelungen ist in jedem Fall auch das Leveldesign, welches genau inspiziert werden will und nach besten Wegen abgesucht werden muss, wovon es eine Vielzahl gibt. Arkane hat bereits in Dishonored 2 bewiesen, dass sie hierfür ein besonders gutes Gespür haben. Im Gegensatz zu einem Deus Ex: Mankind Divided, welches uns solch einen cleveren Aufbau nur vorgaukelt, hält Prey, was es verspricht.
Prey spielt sich somit als bunter Mix aus Survival, Shooter und Schleichspiel mit diversen Rollenspielelementen, eingebettet in einem Sci-Fi-Horrorsetting. Daher erinnert das Spiel auch stark an Dead Space, Bioshock oder System Shock 2, die als große Vorbilder und Inspirationsquellen Pate standen. Auch Prey profitiert durch sein Setting von einer unglaublich starken Atmosphäre, die für dauerhafte Spannung sorgt. Und dank der Mimics, die sich an Bord befinden, gibt es auch eine Reihe fieser Schockmomente. Die kleinen Biester können sich nämlich in gewöhnliche Gegenstände verwandeln, ohne von uns als solche erkannt zu werden. Wenn uns dann mit lautstarkem Soundeffekt plötzlich eine Tasse oder eine Lampe angreift, ist das sicher nichts für zarte Gemüter. Auch sorgt dieser Umstand dafür, dass wir unsere Umgebung stets genau unter die Lupe nehmen, uns fragen, ob wirklich alles an Ort und Stelle steht, wie es soll, oder an der ruhig wirkenden Szenerie nicht doch etwas faul ist.
Unsere Entscheidungen im Spielverlauf haben übrigens Auswirkung auf das Ende des Spiels, wovon es mehrere verschiedene zu erreichen gibt. Enttäuschend ist leider nur, dass die Credits, nach Abschluss des Abenteuers, ohne großes Tamtam oder über den Bildschirm laufen, doch die spürbaren Auswirkungen unserer Entscheidungen auf den Ausgang motivieren dennoch zum Ausprobieren. Bis dahin ist es auch ein langer Weg, für Prey braucht man gut und gerne 20 Stunden, um es zu beenden. Wer sich auch um Nebenaufgaben kümmert, kommt schnell auf 30. Und da der Ablauf nicht linear ist, viele Orte auf der Talos I unerkundet blieben, andere Enden erreicht werden wollen und ein anderer Fähigkeitsbaum ein neues Spielgefühl mit sich bringt, besitzt Prey einen gewissen Wiederspielwert.
Technisch basiert Prey auf der Cryengine, schöpft dessen Möglichkeiten jedoch nicht gänzlich aus. Prey ist zwar weit davon entfernt schlecht auszusehen, punktet mit enormen Detailreichtum, einem charmanten Stil und läuft stets wunderbar flüssig auf der von uns getesteten PS4 Pro, wird mit seiner Grafik aber auch keinen Preis gewinnen. Nicht schlimm, letztlich zählen aber die inneren Werte, die stimmen in Prey definitiv.
Fazit
Wer Survival-Abenteuer mag, bekommt mit Prey einen höchst spannenden Sci-Fi-Horror-Beitrag mit großer spielerischer Freiheit, die es uns ermöglicht, nach eigenen Vorlieben auf Erkundungstour durch eine alienverseuchte Raumstation zu gehen. Viele Wege führen ans Ziel, mindestens einer sollte jeden Genrefreund zu Prey führen.