Story
Remothered: Broken Porcelain fungiert sowohl als Prequel als auch als Sequel des Vorgängers. Der Titel dreht sich um die temperamentvolle Jennifer, die ihren neuen Job als junges Dienstmädchen im Ashmann Inn beginnt. Das Hotel stellt sich bald als sehr eigentümlicher Ferienort in den Bergen heraus, der dunkle Geheimnisse birgt und seine Gäste im wahrsten Sinne des Wortes verfolgt.
Kritik
Mit ihrem 2018 veröffentlichtem Survival-Horror Remothered: Tormented Fathers gelang dem italienischen Entwicklerstudio Stormind Games ein schöner Indie-Hit, der vermutlich etwas unter dem Radar vieler Spieler flog, den Genrefans bei Gelegenheit aber ruhig einmal nachholen sollten. Eingesperrt in einem alten Herrenhaus galt es den durchgeknallten Bewohnern und dem dortigen Wahnsinn zu entkommen, was für jede Menge Nervenkitzel sorgte. Von Anfang an war bekannt, dass die Macher eine Trilogie anstrebten, daher blickte man nach dem gelungenen Einstand gespannt auf die Veröffentlichung des zweiten Teils, der seit dem 13. Oktober für Konsolen und PC verfügbar ist. Die Freude über Remothered: Broken Porcelain währt jedoch nicht lange, bei der Entwicklung scheint so einiges gehörig schief gelaufen zu sein.
Eigentlich ist es ja ein gutes Zeichen, wenn ein Spiel seinen Release vorzieht. Das zeugt irgendwo von Selbstbewusstsein und deutet auf einen fertigen, zufriedenstellenden Zustand hin. Was im Falle von Remothered: Broken Porcelain dazu geführt hat, das Spiel um eine Woche vorzuverlegen, gibt dagegen Rätsel auf. Hier fehlte es nicht nur am letzten Feinschliff, das Spiel befand sich technisch in einem katastrophalen Zustand, der eigentlich niemals durch eine Qualitätssicherung hätte durchgewunken werden dürfen. Wir sind mit unserem Test knapp zwei Wochen nach dem Release auf der PS4 Pro eingestiegen. Einige Patches sind bereits veröffentlicht worden und gaben Hoffnung, dass zumindest die schlimmsten Fehler behoben wurden. Mag sicher auf das ein oder andere Problem zutreffen, doch noch immer spielt sich Remothered: Broken Porcelain derart unsauber, dass es an ein kleines Wunder grenzt, das Spiel doch noch beendet zu haben.
Das beginnt schon bei elementaren Dingen wie der Steuerung, die sehr schwerfällig und fummelig ausfällt. Um mit Objekten der Umgebung zu interagieren, beispielsweise mit den vielen Schubladen an einem Schrank und darin verborgenen Gegenständen, ist echte Fleißarbeit gefragt. Millimetergenau muss die Kamera so justiert werden, dass auch wirklich das richtige Objekt ausgewählt wird. Oftmals vertut man sich dabei oder einem ist gar nicht klar, was genau die Interaktion nun auslöst. Nimmt man einen Gegenstand nun auf? Oder schließt man die Schublade doch nur wieder? Und was genau hebt man da überhaupt auf? Auch unser Inventar ist höchst unübersichtlich aufgebaut und sortiert beim Aufheben neuer Gegenstände einfach ohne Vorwarnung alte Gegenstände ab einer bestimmten Anzahl aus, selbst wenn sie durch vorheriges Crafting die eigentlich Besseren waren, die wir gern aufgehoben hätten. Damit verliert das Crafting jegliche Relevanz.
Für noch mehr Ärger sorgt die Steuerung beim Aufeinandertreffen mit Gegnern. Klassische Kämpfe gibt es zwar nicht, da unsere Widersacher nicht getötet werden können, doch haben wir in der Theorie die Möglichkeit, sie kurzzeitig außer Gefecht zu setzen, indem wir beispielsweise in einem Quicktime-Event eine mitgeführte Waffe einsetzen, um uns aus ihrem Griff zu befreien. Klappt allerdings nur in den seltensten Fällen, da die Aktion entweder gar nicht angeboten wird oder durch die sperrige Kamera nicht sichtbar und dadurch nicht auswählbar ist. Bleibt also eigentlich nur die Option, wegzulaufen. Doch nicht selten kommt es vor, dass wir in eine Ecke gedrängt werden, aus der wir uns dann nicht mehr befreien können. Der Gegner versperrt uns den Weg und schlägt munter auf uns ein, bis wir sterben. Wir können das Elend dann nur taten- und bewegungslos mit ansehen.
Doch nicht nur die Steuerung sorgt für Frust, auch die KI fällt grauenvoll aus. Manchmal kommt es vor, dass uns Gegner trotz Versteckens und trotz leisen Vorgehens einfach so entdecken, in anderen Momenten können wir beim Rennen beliebig viel Krach machen, ohne gehört zu werden. Fühlt sich alles etwas willkürlich an. Um einen Gegner abzuschütteln, hat es im Test auch schon mal gereicht, mit diesem stupide um eine Tonne zu rennen, bis wir kurz aus dem Sichtfeld verschwunden waren und somit sofort vergessen wurden. Dann gab es aber auch solche Momente, in denen es auf engem Raum überhaupt keine Möglichkeiten zum Entkommen gab, weil es keine Zeit zum Verstecken gab. Dann war der einfachste Weg tatsächlich der, den letzten Spielstand zu laden und beim nächsten Versuch sofort ein Versteck aufzusuchen, bevor sich die endlos dahinziehende Situation wiederholen konnte.
All das ist wirklich schade, denn hinter den vielen Problemen stecken eigentlich schöne Ansätze. Der Schauplatz ist beispielsweise herrlich atmosphärisch ausgefallen und wird grafisch ordentlich und detailverliebt präsentiert. Auch die Musik von Luca Balboni fällt sehr stimmungsvoll aus. Es gibt Möglichkeiten zum Verstecken, Türen zu versperren, Gegner abzulenken und später sogar Charakterwerte zu entwickeln, um noch effektiver vorzugehen, doch all diesen Mechaniken fehlt es am Feinschliff, sie leiden an eigenen Problemen oder gehen aufgrund anderer Probleme im Spiel unter. In diesem abgelegenen, altmodischen Hotel, das in seinen besten Momenten an Shining erinnert, ließe sich mit der psychopathischen Bande, die Jagd auf uns macht, eigentlich wunderbar Spannung generieren, der Vorgänger hat es bereits eindrucksvoll vorgemacht. Warum haben die Entwickler dieses Mal die Kontrolle über ihr Projekt verloren?
Mit gefundenen Mottenschlüsseln können wir, wie zuvor erwähnt, diverse Charakterwerte steigern, wodurch wir uns beispielsweise leiser bewegen oder einfacher zur Wehr setzen können. Etwas blöd nur, dass uns das Spiel nie erklärt, wofür wir die Schlüssel brauchen und wir das nach einigen Stunden erst selbst per Zufall herausfinden. Eine unserer Fähigkeiten hat sogar einen übernatürlichen Ursprung, wir steuern per Gedankenkraft Motten, um entweder Gegner abzulenken oder weit entfernte Mechanismen auszulösen. Eigentlich eine coole Idee, nur ist auch hier die Steuerung furchtbar ausgefallen.
Trotz des Lobs für den Vorgänger kann man sich über dessen Story streiten. Unnötig wirr war sie strukturiert und nahm recht schräge Ausmaße an, die nicht unbedingt jedermanns Geschmack traf. Als Neuling hat man es in Broken Porcelain, das sowohl Prequel als auch Sequel zugleich ist, nicht leicht, dem Treiben zu folgen, denn nun wird es mit zahlreichen Zeitsträngen, Schauplätzen und Figuren, zwischen denen munter hin und her gesprungen wird, noch viel konfuser. Zwar frischt zu Beginn ein umfangreiches Rückblendenvideo unser Gedächtnis auf, das macht die Sache aufgrund der unnötig verschachtelten Struktur und den vielen Referenzen aber nicht unbedingt leichter. All das wird aufgrund von Bugs und technischen Schnitzern leider auch nicht sehr ansprechend präsentiert, da beispielsweise Zwischensequenzen gerne mal abrupt enden und völlig nebulös neue Szenen einleiten, denen eine nachvollziehbare Überleitung fehlt. Auch die fehlende Lippensychronität, wenn sich die Münder denn in den hölzernen Mimiken denn überhaupt mal bewegen, wirkt dabei sehr unschön.
Es ließen sich noch etliche weitere Bugs an dieser Stelle aufzählen, von Sounds, die aus falschen Richtungen ertönen, bis hin zu Objekten, die einfach verschwinden, doch irgendwo muss man einen Schlussstrich ziehen. Remothered: Broken Porcelain hat viele Probleme, das sollte man sich unbedingt bewusst machen, falls man mit dem Spiel liebäugelt. Und es sind Probleme, die den Spaß stark einschränken. Soweit sogar, dass man das Spiel gar nicht beenden kann oder will. Die Entwickler haben noch viel Arbeit vor sich, wenn sie mit Patches nachhelfen wollen. Ob sie das Vertrauen der Fans zurückgewinnen können, um auch noch einen geplanten dritten Teil schmackhaft zu machen, steht aber in den Sternen. Es sei ihnen aber auf jeden Fall die Daumen gedrückt.
Fazit
Nach dem tollen Vorgänger hat man eigentlich erwartet und sich gewünscht, dass "Remothered: Broken Porcelain" qualitativ mindestens an diesen anknüpft. Zahlreiche Bugs und Designschnitzer sorgen zum Release aber für eine harte Bauchlandung. In Ansätzen ist erkennbar, dass vielleicht auch daraus irgendwann ein gutes Horrorspiel hätte werden können, doch davon ist man im jetzigen Zustand leider weit entfernt. Schade, Stormind Games kann es eigentlich besser.