Bildnachweis: © Mad Head Games, Plaion

Videospiel "Scars Above" im Test

von Sebastian Stumbek

Story

Ein kolossales und rätselhaftes außerirdisches Gebilde taucht in der Erdumlaufbahn auf und versetzt die ganze Welt in Erstaunen; die Menschheit nennt es "Das Metaeder". Das Sentient Contact Assessment and Response-Team (SCAR) - bestehend aus Wissenschaftlern und Ingenieuren - wird entsandt, um den Vorfall zu untersuchen. Die Dinge verlaufen jedoch nicht wie geplant, und das Metaeder schleppt das Team quer durch den Weltraum auf eine mysteriöse extrasolare Ebene. Hier wacht die Protagonistin Kate allein in einer fremden und feindlichen Welt auf. Entschlossen, zu überleben, macht sie sich auf die Suche nach ihrer Crew und dem Geheimnis hinter den Geschehnissen zu entschlüsseln.

Kritik

Eine Frau, gestrandet auf einem fremden Planeten voller tödlicher Gefahren, muss einem mysteriösen Geheimnis auf die Spur kommen und mit reichlich Feuerkraft einen Weg nach Hause finden. Nein, die Rede ist nicht vom Roguelike-Actionkracher Returnal, sondern von Scars Above des serbischen Entwicklers Mad Head Games. Als das 3rd-Person-Sci-Fi-Action-Adventure erstmals auf dem Summer Game Fest 2021 vorgestellt wurde, kam einem unweigerlich der Titel aus dem Hause Housemarque in den Sinn. Doch dieser Eindruck besteht tatsächlich nur auf den ersten Blick, denn spielerisch sind die Unterschiede dann doch recht groß. Während Returnal voll auf Speed, Flow und Bombast setzt und dabei mit seinem knüppelharten Schwierigkeitsgrad eine echte Herausforderung für Hardcore-Spieler ist, geht Scars Above ein gemächlicheres Tempo ein, setzt nicht nonstop auf halsbrecherische Gefechte, sondern auch auf Adventure-Elemente, indem die Erkundung der Umgebung und auch das Lösen kleinerer Puzzles immer wieder mal im Vordergrund stehen.

Bei Scars Above haben wir es mit einem klassischen AA-Titel zu tun. Bedeutet, dass ein mittelgroßes Entwicklerteam mit deutlich mehr Budget als Indie-Entwickler arbeiten konnte, um seine Visionen zu realisieren, allerdings nicht in der Größenklasse von echten Blockbustern. Gewisse Limitierungen gegenüber diesen sind daher dann auch meist zu erwarten, aber auch verzeihlich, wenn das Ergebnis stimmt. A Plague Tale: Requiem hat kürzlich beispielsweise prima vorgemacht, was in dieser Klasse alles möglich ist und ließ die Grenze zur AAA-Liga fast schon verschwimmen. Diesen Wow-Effekt kann Scars Above zwar nicht erzeugen, schlägt sich in seinem Bereich aber dennoch sehr ordentlich, um ein gelungenes, rund 10-stündiges Abenteuer mit Abstrichen abzuliefern.  

Die Geschichte spielt mit dem Unbekannten: Was hat es mit dem außerirdischen Gebilde in der Erdlaufbahn auf sich? An welchen wundersamen Ort im Weltraum wird das Team aus Wissenschaftlern katapultiert, das den Vorfall untersuchen sollte? Wer aus der Crew ist überhaupt noch am Leben? Und gibt es einen Weg zurück? All das klingt mehr oder weniger vertraut, Inspiration konnte das Entwicklerteam aus Werken wie Prometheus, Arrival, Auslöschung oder Stargate sicherlich reichlich schöpfen. Das Ergebnis ist auf erzählerischer Ebene letztendlich okay, allerdings auch nicht mehr als das. Die einzelnen Komponenten sind eben in ähnlicher Form bekannt und der Mut, darüber hinauszugehen und mit eigenen Ideen zu überraschen, fehlt dann doch irgendwie.

Daher ist vor allem das Gameplay ausschlaggebend für den persönlichen Spaß. Und hier macht Scars Above zwar keine überragende, aber eine ganz zufriedenstellende Figur. Vor allem das Kampfgeschehen weiß zu gefallen. Mit vier Waffen ausgerüstet (und jeweiligen alternativen Modi), die auf unterschiedliche Elemente setzen, heizen wir den tödlichen Kreaturen des Planeten ein. Dazu greifen wir zu Elektrizität, Feuer, Eis und Säure und setzen all das taktisch geschickt ein. Wenn es beispielsweise regnet, bringt Feuermunition nicht viel. Allerdings lassen sich Gegner dann besonders gut unter Strom setzen oder vereisen. Sind sie aus Metal , so kommt Säure ins Spiel. Und wenn sie über vereistes Wasser laufen, bietet es sich bestens an, den Boden unter ihren Füßen wegzuschmelzen. Die Kombination der vier Waffen erlaubt einige nette Spielereien und kann auch abseits des Kampfes zum Weiterkommen sehr praktisch sein. 

Leichte Anleihen aus dem Souls-Genre sind dabei gegeben (Wiederbelebung an einer Säule, fordernde Gefechte), jedoch in minimalistischer Form. Weder wird man fürs Scheitern hart bestraft (kein Verlust von Items oder Erfahrungspunkten), noch sind die Fights gnadenlos schwer. Jeder Gegner hat gewisse Schwachstellen, die sich clever ausnutzen lassen. Zudem greifen wir auf einige sehr nützliche Gadgets zu, die zusätzlich taktische Vorteile mit sich bringen. Per Raumverlagerung weichen wir flink aus und halten dabei beispielsweise die Zeit kurz an. In einer Schwerkraftfalle werden Gegner stark verlangsamt. Und Ölbomben können wunderbar in Brand gesetzt werden. All das kann jedoch nicht endlos eingesetzt werden und hat seinen Preis in Form von Fasern, die gefunden werden müssen, sodass man den richtigen Zeitpunkt gut abwägen sollte. Wer dennoch an der Herausforderung scheitert, kann jederzeit zwischen den drei Schwierigkeitsgraden hin und her schalten.  

Da die Levels weitestgehend linear aufgebaut sind und nur kleine Abzweigungen beinhalten, ist der Erkundungspart relativ simpel ausgefallen. Beinahe alles Brauchbare, von Waffenupgrades bis hin zu Wissenswürfel für Erfahrungspunkte, sammelt man ohnehin auf seinem Weg ein. Und per Umgebungsscan erkennt man all das auch schon von Weitem. Hier hätte Scars Above gern ein bisschen anspruchsvoller ausfallen können und Spieler, die sich darum bemühen nach Secrets zu suchen, belohnen können. Im Test wurde problemlos alles an Upgrades gefunden und jeder Skill aus insgesamt zwei Bäumen (einer für mehr Waffenpower, einer für bessere Überlebenskünste) freigeschaltet. Diese sind durchaus sehr brauchbar, aber seinen Charakter zu verskillen ist damit quasi unmöglich (ohnehin können alle eingesetzten Punkte jederzeit zurückgesetzt werden). Im letzten Drittel des Spiels dürfte im Grunde beinahe jeder Spieler alles freigeschaltet haben.

Technisch hinterlässt das Spiel einen sauberen Eindruck. Einem Returnal kann Scars Above grafisch zwar lange nicht das Wasser reichen, schaut insgesamt aber auch so ganz nett aus. Altbacken sind vor allem die Gesichtsanimationen der Charaktere, auch manch Cutscene ist etwas grob animiert, dafür wirken die Umgebungen recht stimmungsvoll. Positiv ist auch, dass das Spiel auf der PS5 jederzeit flüssig lief und keine Bugs aufgefallen sind. Zudem ist die Vertonung insgesamt gut. 

Fazit

"Scars Above" hat viele Anleihen von ähnlich ausgerichteten Werken des Genres, wodurch es dem Action-Adventure ohne echte eigene Impulse etwas schwerfallen dürfte, aus der Masse herauszustechen. Wer sich dafür interessiert, darf ruhig hineinschauen, schlecht ist das Game keineswegs und weiß über seine kompakte Kampagne bei realistischer Erwartungshaltung gut zu unterhalten. 

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