Retro ist definitiv im Trend: Da werden Erntemaschinen kurzerhand aus der Mottenkiste geholt, Zombies generalüberholt und sogar lineare Pixel-Shooter bekommen ihre Renaissance. Da darf natürlich ein Schwergewicht mit ordentlich Waffenpower natürlich nicht fehlen – Sam Stone aka Serious Sam. Doch kann das alte Spielprinzip – Waffe rausholen, schießen, schießen, und noch mal schießen (und keineswegs fragen) – heute noch überzeugen? Devolver Digital und die Entwickler Croteam versuchen es zumindest und bringen uns mit Serious Sam 4 einen richtig klassischen Shooter, in dem die Waffen ordentlich krachen, die Gegner mit schierer Masse glänzen und die Sprüche so dumm sind, dass es schon wieder irgendwie witzig ist. Wir haben uns einmal ins Getümmel gestürzt und sagen euch, ob sich der Kampf gegen die außerirdischen Horden lohnt. Serious Sam 4 ist indes seit dem 24.09. auf PC und Stadia verfügbar (PS4 und Xbox One folgen 2021).
Story
Die Menschheit wird belagert. Mental's Horden breiten sich über die Erde aus, um die Überreste einer gebrochenen und geschlagenen Zivilisation zu vernichten. Der letzte verbleibende Widerstand gegen die Invasion ist die Earth Defence Force, angeführt von Sam "Serious" Stone und seiner schwerbewaffneten Einheit schräger Kommandos.
Test
Zuallererst stellen wir uns die Frage: Was erwarten wir eigentlich von einem Serious Sam? Nun, jede Menge Gegner(horden), viele Waffen und Absurditäten, markige Sprüche und eine Story, die mehr zum simplen Rumballern animiert als zum Nachdenken. Und ja, auch dies liefert uns der mittlerweile vierte Ableger der Reihe im Kern herrlich überdreht und spaßig. Doch reicht dies heute noch? Die Antwort darauf liegt wohl bei den Erwartungen: Wer ein modernes Spielegefühl mit viel Abwechslung und intensiver Story sucht, ist hier ebenso verloren wie Shooter-Freunde mit dem Hang zum Realismus. Hier geht es in erster Linie um – zugegeben sehr sportliches und präzises – Ballern, und zwar aus allen verfügbaren Rohren. Wer hier bereits nach den ersten zwei Stunden von Serious Sam 4 überfordert oder ermüdet ist, sollte wohl gleich den Kontroller oder die Tastatur zur Seite legen. Der Rest kann bitte folgen und den Raketenwerfer anschnallen.
Denn wer einfach ein recht simples Shooter-Vergnügen für zwischendurch sucht, ist heute wie damals bei Sam Stone an der richtigen Adresse: Dank der sehr gut umgesetzten Steuerung und dem stets kontrollierbaren Gameplay, können wir alles auf dem Bildschirm hinwegfegen, was uns Mental entgegenwirft. Egal ob Selbstmordbomber, schleimige Explosionsmonster, knochige Reittiere, Magma-Vieher, einäugige Krallen-Goblins oder Raketen-Fleisch-Mechs … hier gibt es mehr Gegner in Schlagzahl, als man zählen könnte. Anders als bei Doom – keine so durchdachten Shooter-Techniken – oder anderen Spielen des Genres, setzt man bei Serious Sam 4 gerne einmal den Rückwärtsgang ein und ballert sich schwitzend und fluchend durch die teils riesigen Areale. Die schiere Masse an Gegnern ist es schließlich, die das Kernspiel ausmacht: Lieber gleich den Raketenwerfer oder Kugelgranate auspacken, oder doch erst einmal mit Schrotflinte die Reihen lichten. Das macht Spaß, ist absolut kurzweilig, aber eben auch schnell stumpfsinnig.
Zumindest dank der Levelvariation, den manchmal überfordernden Arenen, Extra-Gadgets und dem kleinen Skillsystem (z.B. härter zuschlagen, Gegner lassen Munition fallen oder Doppelwaffen), gibt es aber genügend Abwechslung, sodass niemals wirklich Langeweile aufkommt. Sogar kleine Nebenmissionen hat dieses Mal Croteam mit eingebaut, abseits der bekannten Fundorte von Besonderheiten, Waffenverstecken oder Easter Eggs. In der zehnstündigen Story gibt es dann aber doch oftmals Längen, was vor allem an der gewollt witzigen Geschichte liegt, die zwischen okay und absurd hin- und herwechselt. Ein deutscher Wissenschaftler der sich mit Sam Wortgefechte liefert, eine Klischeehafte Truppe mit gescheiterten Soldatenpersönlichkeiten sowie natürlich Kenny. Das ist insgesamt oftmals nett und lädt dank der ironischen Kommentare von Sam zum Schmunzeln ein, bleibt aber an vielen Stellen oberflächlich und nichtssagend. Zumindest bei den Monstern – und vor allem bei den Bossgegnern – sitzt es aber immer. Am meisten Spaß macht das Spiel aber wohl im Koop mit einem Freund – doppelt schießt eben besser.
Abseits des Fun-Schooter-Parts, ist Serious Sam 4 aber etwas ernüchternd: Neben sehr langen Ladezeiten – wir meinen hier richtig, richtig langen Ladezeiten – haben uns immer wieder kleine (und große) Bugs ereilt, während Texturen flackernden oder verwischt waren. Insgesamt ist das Bild eher gemischt: Zwar sind manche Texturen richtig scharf und die riesigen Areale können überzeugen, doch manchmal sind Schatten und Lichteffekte wenig gelungen. Auch insgesamt scheint die Technik etwas überholt zu sein, sodass hier kein vollends moderner Shooter wartet. Dies ist besonders bei den Animationen mehr als deutlich. Zum Glück ist das Monster-Design sehr gut geworden, sodass das Schießen selbst wenig Grund zu Kritik bietet. Ganz anders beim angekündigten Feature der Tausenden Monster: Das Legion System ist eher nette PR als wirkliches Spiel. Schade
Fazit
Serious Sam 4 ist wie ein alter Kaugummi, der immer noch Geschmack besitzt. Im ersten Moment fühlt es sich komisch an, doch mit längerer Spielzeit, kommen wir sehr schnell wieder ins Oldschool-Geballer hinein. Gerade im Koop, kann dies jede Menge Spaß bieten, doch im Solo-Modus werden wir durch wenig spielerische Abwechslung, dumpfe Sprüche, eine platte Story, flache Gags und eine angestaubte und aktuell manchmal fehlerhafte Technik immer wieder gebremst. Am Ende macht es immer noch viel Spaß mit Sam über den Bildschirm zu fegen und alles niederzumähen was nicht bei drei vor unserem Raketenwerfer wegspringt, doch für mehr reicht es dann eben nicht.