Bildnachweis: © Telltale

Videospiel "The Walking Dead - The Final Season: Episode 2" im Test

von Thomas Söcker

Was sich zwischen der ersten und zweiten Episode der finalen Staffel des Point and Click-Adventures The Walking Dead bei Entwickler Telltale getan hat, ist nur als Ausnahmezustand zu beschreiben. Nicht nur vermeldete das Unternehmen wie aus dem Nichts die Schließung und Einstellung der meisten offenen Projekte, auch viele Mitarbeiter erfuhren von dem Verlust ihres Jobs erst kurz vor dem plötzlichen Ende. Telltale war 2012 für ihre Spieleserie The Walking Dead berühmt und als Gamingstudio bekannt geworden, das gerade in punkto Kreativität und Writing neue Akzente auf dem Gamingmarkt setzte. Das Zeitalter des interaktiven Films, das Studios wie Dontnod nachhaltig zu Erfolgen wie Life is Strange inspirierte, fand durch Telltale neuen Aufschwung. Und erleidet nun seinen Tiefpunkt.

Natürlich fragten sich die geschockten Fans wie es mit der finalen Staffel der Erfolgsserie The Walking Dead weitergehen würde. Telltale hatte noch bei Release der ersten Episode im August angekündigt, dass die vier Episoden des Adventures in einem etwas engeren Rahmen als gewohnt auf den Markt kommen würden und dass man Clementines Geschichte Ende des Jahres 2018 abschließen könnte. Nach einigen Tagen des Bangens übernahm Skybound, das Studio des Walking Dead-Schöpfers Robert Kirkman, die letzten 2 Episoden des Games, obwohl man diese erst einmal auf unbestimmte Zeit verschob. Ob Skybound inszenatorische und inhaltliche Änderungen an Telltales Vision vornehmen wird, bleibt dabei vorerst offen.

Story

In der zweiten Episode von Telltale’s „The Walking Dead“ müssen Clem und AJ mit den Konsequenzen ihres Handelns umgehen und die Gruppe davon überzeugen, dass nicht sie die wahre Bedrohung darstellen, sondern sich diese langsam von Außen nähert und die jungen Überlebenden auf ihre bisher größte Probe stellen wird.


Kritik

Episode 2 der letzten Staffel mit dem Titel Suffer the Children wurde noch vor dem Telltale-Tohuwabohu fertiggestellt und kurz nach den schockierenden Meldungen trotz Studioschließung released. Viele Fans spielten die zweite Episode der Final Season daher mit dem Gefühl das letzte Mal auf Reise mit Clementine gehen zu können und waren dementsprechend enttäuscht. Dass Skybound die Staffel nun zu Ende bringt, kann man in Hinblick auf die Qualität der zweiten Episode nämlich als echten Glücksfall bezeichnen.

Grundsätzlich setzt auch Suffer the Children die Atmosphäre und ruhige Gangart von Done Running gelungen fort. Fühlte sich The Walking Dead in vergangenen Seasons oft gehetzt an, nimmt sich The Final Season Zeit nötige Atmosphäre aufzubauen, neue Settings vernünftig vorzubereiten und frische Charaktere richtig zu vertiefen. Dies führt in Episode 1 zu einem befriedigenden Erlebnis, wirkten die Schockmomente durch die besonnene Gangart doch weit mehr nach.

In Episode 2 fällt es Telltale allerdings oft schwer die (für das Franchise) beachtliche Episodenlänge von über 2 Stunden vernünftig zu füllen. Zu oft verliert sich Suffer the Children in unnötigen Umwegen, Fleißaufgaben und gestreckten Dialogsequenzen. Man hat beinahe das Gefühl mit Clem und AJ in einem Wartezimmer-Limbo festzusitzen, was zwar gut zur Situation der Figuren passt, für den Spieler aber zu viel Leerlauf bedeutet. Auch Episode 2 bewegt die Geschichte einen Schritt weiter und eröffnet neue Facetten des übergreifenden Handlungsbogens, diese werden aber in zu großen Abständen serviert und können nicht immer so befriedigen oder überraschen wie sie es sollen.

Erneut befriedigend ist jedoch das Voice-Work der Episode, ebenso wie der weiterentwickelte Stil des Spiels. Zwar lässt Episode 2 neue dynamische Spielmechaniken vermissen, dafür setzt sich auch hier das Gefühl durch, etwas mehr Kontrolle über Clementine zu haben als zuvor. Auch die Charaktere bleiben dreidimensional, die Beziehung zwischen Clem und AJ entwickelt sich zufriedenstellend weiter und das Setting der Schule wird angenehm vertieft. Spielmechanisch darf sich The Final Season in den nächsten Episoden sicherlich wieder etwas kreativer präsentieren, im Vergleich zur alten Machart der Spiele bleibt Clementines Abschluss jedoch ein Schritt in die richtige Richtung. Eine Schande, dass dieser Schritt bei anderen Projekten nun nicht mehr weitergeführt werden kann.

Fazit

Mit Suffer the Children nimmt Telltale das Tempo noch ein wenig weiter aus der Erzählung der Final Season heraus, was trotz des nach wie vor besonnenen, ruhigen Aufbaus einer packenden Atmosphäre, zu viel Leerlauf in den 2 Stunden Spielzeit führt. Da die neuste Episode auch weder mit neuen Spielmechaniken oder tiefergehenden Entscheidungen punkten kann, sind es die mitreißenden Figuren, die das Spielerlebnis über das Mittelmaß retten.

Trotz der Kritik aber dennoch eine angenehme Vorbereitung auf die finalen Episoden der Serie, die durch Entwickler Skybound hoffentlich das hohe erzählerische Niveau der Serie halten können. Fingers crossed.


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