Bildnachweis: © Team 17 / OverBorder Studio

Videospiel "Thymesia" im Test

von Sebastian Stumbek

Story

Für das einst stolze Reich Hermes hat ein unheilvolles Zeitalter begonnen.Lange Zeit wurde die Alchemie im Königreich als Allheilmittel angesehen und im ganzen Land praktiziert. Auch die Bürger öffneten ihr Tür und Tor und verbesserten und heilten mit ihr, wie es ihnen beliebte. Als der Preis für die Alchemie zu hoch wurde, versuchte man mehrfach, ihr Einhalt zu gebieten, jedoch ohne Erfolg. Die katastrophalen Folgen waren im gesamten Reich zu spüren. Innerhalb weniger Tage fiel das Königreich dem Chaos anheim. Infizierte Monster marodierten auf den blutüberströmten Straßen und die Hoffnung auf Heilung schien verloren.Nun liegt das Schicksal des Königreichs Hermes in den gefiederten Händen von Corvus. Er ist die letzte Hoffnung, doch die Wahrheit liegt tief in Corvus' verlorener Erinnerung verborgen. Er muss sich nun durch die unwirtliche Welt kämpfen, um seine Erinnerung zurückzuerlangen und das Reich zu retten. Doch mit jeder zurückgewonnenen Erkenntnis offenbaren sich ihm neue Geheimnisse.

Kritik

Für Fans von Soulslike-Titeln wird es nicht so schnell langweilig, immer wieder tauchen neue Genrevertreter in interessanten Variationen auf. Zuletzt schlug in diesem Bereich bekanntlich Elden Ring wie eine Bombe ein, einem der besten Spiele der letzten Jahre. Die Japaner von From Software bleiben eben die unangefochtenen Meister. Doch auch kleineren Studios gelingen gelegentlich ganz nette Projekte, wie beispielsweise Mortal Shell unter Beweis gestellt hat. Mit Thymesia von OverBorder Studio gibt es nun eine weitere Indie-Alternative, die sich stark von den From Software-Spielen inspirieren ließ, gleichzeitig aber auch auf eigenen Beinen zu stehen versucht. Optisch erinnert es mit seinem düsteren Look vor allem an das Action-RPG Bloodborne. Und auch die flotten Kämpfe wirken davon stark inspiriert, durch das viele zeitgenaue Parieren ist zugleich eine Nähe zu Sekiro erkennbar. Was Thymesia nun taugt, haben wir auf der PS5 versucht herauszufinden.

In Thymesia schlüpfen wir in die Rolle eines Pestdoktors in einem finsteren Mittelalter-Fantasy-Setting und müssen die Welt von einer üblen Seuche befreien. Genretypisch bleibt es dabei kryptisch, kurze Videosequenzen und einzelne auffindbare Notizen geben stets nur eine grobe Ahnung davon, was sich drumherum zugetragen hat. Auch hier setzten die Entwickler auf Evironmental Storytelling, bei dem Spieler sich durch das Erkunden der Umgebung vieles selbst zusammenreimen müssen. Ob man das nun mag oder nicht, ist natürlich Geschmacksache. Für die Story sollte man den Titel aber nicht spielen, denn ein tiefgreifendes Lore wie bei den From Software-Spielen wird einen hier nicht erwarten. Dennoch schafft das Spiel es, trotz nebensächlicher Handlung eine gelungene Atmosphäre aufzubauen. 

Im Gegensatz zu Elden Ring und seiner weitläufigen Open World geht es in Thymesia wesentlich linearer zu. Abkürzungen, versteckte Abzweigungen usw. gibt es auf dem Weg natürlich auch hier, die Gebiete bleiben aber insgesamt sehr überschaubar und führen letztendlich immer zum nächsten Boss. Was natürlich für all jene, die es kompakter mögen und nicht wie bei manch anderem Titel von der Fülle erschlagen werden wollen, so erst mal eine prima Sache ist. Dennoch fällt das Leveldesign etwas öde aus und lässt die Raffinesse und ein umwerfendes Artdesign, wie man es von From Software kennt, vermissen. Auch ist es nur selten lohnenswert, Geheimnisse aufzuspüren, da dabei in der Regel einfach nur belanglose Notizen erbeutet werden. Das ist für Trophy-Hunter und Leute, die wirklich jeden Story-Fetzen aufsaugen wollen, womöglich interessant, löst bei allen anderen aber nur ein gleichgültiges Schulterzucken aus. Lohnenswerte Items bekommt man meist nach erfolgreich bestandenen Kämpfen.

Gut zu gefallen wissen dafür die Kämpfe. Erwartungsgemäß fallen sie sehr herausfordernd aus und bestrafen selbst kleinste Fehler schnell mit dem Tod. Hier gilt es im richtigen Moment zu parieren, auszuweichen und zuzuschlagen. Eine Ausdauerleiste wie in Bloodborne gibt es dabei nicht, jedoch legt unser Charakter nach jedem Move eine ganz kleine Pause ein, bevor ein weiterer möglich ist. Daran muss man sich als eingefleischter Genrefan erst ein wenig gewöhnen, da es sehr ungewohnt ist, nicht jederzeit die volle Kontrolle zu haben. Eine Besonderheit bei Thymesia ist die Art, wie Gegnern Lebensenergie geraubt wird. Mit Klingen werden Kontrahenten zunächst nur temporär verletzt, was in ihren Lebensbalken farblich grün markiert wird. Schlägt man nicht schnell genug hinterher, füllt sich die Lebensenergie wieder auf. Damit die Verletzung permanent bestehen bleibt, muss man fix mit einer Kralle zulangen. Somit wird vom Spieler also ein stets aggressives Vorgehen verlangt, was gerade in den wirklich coolen Boss-Fights zu spannenden Duellen führt. 

Auch gibt es noch ein paar weitere Feinheiten: Mit einer geworfenen Feder (kommt einem Wurfmesser gleich) können im richtigen Augenblick feindliche Angriffe gestoppt werden. Außerdem kann unser Charakter bis zu zwei weitere Waffen mit sich führen: Eine davon ist nur einmalig anwendbar und kann jedem Feind geraubt werden. Die andere, genannt Seuchenwaffe, muss erst nach Besiegen von Gegnern freigeschaltet werden und ist dann gegen Einsatz von Energie (die sich wieder auffüllen lässt) begrenzt einsetzbar. Somit lassen sich auch Waffen wie Speere, Hellebarden oder Äxte mit sich führen, die in schicken Animationen zum Zug kommen. Insgesamt fühlt sich das Kampfsystem stimmig an und macht eine Menge Freude. Allerdings ist auch wieder eine gewisse Bereitschaft zum Wiederholen und Lernen sowie eine ordentliche Portion Frustresistenz nötig. Der Schwierigkeitsgrad ist nämlich recht hoch (zumindest in den Boss-Fights) und lässt sich nicht anpassen.

Genretypisch sammelt man mit dem Töten von Gegnern Erfahrungspunkte und verteilt bei Levelaufstiegen Attributpunkte in Säbel-, Klauenschaden und Gesundheit. Dabei sammelt man auch Punkte, mit denen eine Vielzahl an interessanten Talenten freigeschaltet wird. Diese verleihen entweder passive Vorteile oder führen komplett neue Moves ein. Und die erweisen sich oftmals als wirklich nützliche Hilfen. Sehr schön dabei: Sie lassen sich jederzeit beliebig umverteilen, sodass man seinen Spielstil auch später noch mal anpassen kann. Und zu guter Letzt lassen sich auch unsere Heilfläschchen mit besonderen Zutaten aufmotzen. Die Charakteranpassungen sind in Thymesia nicht hochkomplex, punkten aber mit sinnvollen Optionen, die sich im Spiel auch wirklich bemerkbar machen.

Grafisch ist Thymesia sichtbar altbacken, läuft dafür aber wenigstens angenehm flüssig und ohne störende Bugs. Sehr löblich. Da hier kein millionenschweres Studio dahintersteckt, seien gewisse Schönheitsmakel schon mal verziehen. Die schicken Kampfanimationen können sich dafür aber durchaus sehen lassen. Auch der Soundtrack fällt sehr ordentlich aus.

Fazit

Wer nach Spielen wie "Elden Ring" oder "Bloodborne" die Messlatte ganz hochgelegt hat und eine ähnliche Erfahrung erwartet, wird an "Thymesia" natürlich einiges zu meckern haben. Klar, die Präsentation könnte schicker sein, der Umfang größer und das Leveldesign aufregender. Doch als Indie-Alternative schlägt sich das Action-RPG dennoch sehr ordentlich und weiß vor allem mit seinem guten Kampfsystem zu punkten. Wer es gern etwas kompakter mag und neues Soulslike-Futter braucht, sollte sich den Titel ruhig mal näher anschauen.

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