Wenn es um die legendäre Mana Reihe geht, dann geht es auch immer um Emotionen. Kein Wunder, denn wohl kaum ein SNES Spiel hat so viele Spielerinnen und Spieler für immer verzückt, wie das alte Secret of Mana aus dem Jahre 1993. Die Geschichte rund um Randi, Prim und Popoi wure zusammen mit der hervorragenden Vertonung sowie der abwechslungsreichen wie intensiven Inszenierung zu einem wahren Meisterwerk Nintendos. Die Seiken Densetsu Reihe (wie sie im Original heißt), hatte es danach aber nicht immer so leicht: Der Nachfolger Trials of Mana (1995) kam erst nach über 24 Jahren überhaupt von Japan aus zu uns und einige der Nachfolger wie Legend of Mana schafften es nicht an die Vorgänger anzuknüpfen. Heroes of Mana für den Nintendo DS war schließlich 2007 die letzte große Veröffentlichung, enttäuschte aber ebenso in Bezug auf Gameplay und Geschichte. Mit der Veröffentlichung des Remakes von Trials of Mana sowie der Mana Collection, war das Thema bei Square Enix aber wieder brandaktuell. Und so erreicht uns mit Visions of Mana (seit dem 29.08. für PC, PS5, PS4, Xbox Series X/S erhältlich) ein komplett neuer Teil der Reihe. Einer, der wie aus der Zeit gefallen wirkt, die Stärken der alten Reihe dabei gekonnt aufnimmt, jedoch auch einige Schwächen erbt. Wir haben einen Blick riskiert.
Story
In Tiana, dem Dorf des Feuers, steht ein besonderes Ereignis bevor: Die Ankunft der Fee und die Ernennung eines Geweihten. Alle vier Jahre werden auf der ganzen Welt Geweihte auserkoren, die sich auf die Reise zum Mana-Baum begeben, um den Fluss des Mana wieder zu beleben. Auf ihrer Reise werden sie von einem Seelenwächter begleitet, der sie sicher ans Ziel führen soll. Diesmal ist es der junge Val, dem diese Aufgabe zufällt. Am Tag der Ankunft der Fee nehmen Val und seine Jugendfreundin an den Feierlichkeiten auf dem Dorfplatz teil. Im warmen Licht der Abendsonne warten alle gebannt auf ein Zeichen der Fee, denn jeder im Dorf hofft darauf, auserwählt zu werden. Endlich erscheint die Fee, schwebt auf seine Freundin zu und ernennt sie zur Feuergeweihten. Ganz Tiana freut sich für die zwei und betet für den Erfolg ihrer Reise - doch noch ahnen die beiden nicht, was für ein unglaubliches Abenteuer ihnen bevorsteht.
Kritik
Das Gute gleich vorweg: Die Geschichte von Visions of Mana holt gleich zu Beginn sowohl Fans als auch Neulinge gleichermaßen ab: Wer von der Welt, der Mana Tradition oder dem Wasser, Holz, Feuer, Wind, Mond, Erde, Licht und Dunkelheit Element, noch keine Ahnung hat, wird recht behutsam eingeführt. Gleich zu Beginn lernen wir dabei Val und Hina kennen, mit denen wir schließlich die große Reise beginnen. Diese ist aber – abgesehen von einigen Kleinigkeiten und wenigen starken emotionalen Momenten – recht bekannt und an vielen Stellen doch leider auch vorhersehbar und klischeehaft. Allerdings ist sie auch, und dies wohl eines der stärksten Argumente für das Spiel, hervorragend klassisch. Auch hier entsteht an vielen Stellen das klassische Mana-Gefühl für Veteranen, während Neulinge mit Val und Hina ein sympathisches Duo bekommen, welches die Geschichte gut vorantreibt. Doch auch die anderen Figuren wachsen einen schnell ans Herz und haben genug Eigenheiten, sodass wir gut unterhalten werden. Eines der größten Probleme der Story ist aber wohl ihre Inszenierung: In vielen, vielen Dialogen, schwarzblenden und minutenlangen Dialogen (die manchmal nur von kurzen Laufpassagen unterbrochen werden) wird unsere Geduld deutlich auf die Probe gestellt. Hier wäre weniger definitiv besser gewesen und mehr als einmal erwischen wir uns dabei, die Überspringentaste auszunutzen. Am Ende bleibt so die Geschichte recht seicht und oberflächlich, dient aber gut für unsere actionreiche Reise durch Tiana. Und die kann zum Glück wirklich auftrumpfen.
Beim Kampfsystem setzt indes Visions of Mana gleich auf insgesamt vier Dinge: Zum einen eine gute (vielleicht etwas zu lange) Einführung in alle Mechaniken, eine ausufernde spannende Inszenierung, ein Kampfsystem, welches gleich mehrere Möglichkeiten im Kampf sehr gut miteinander vereint sowie eine starke Individualisierung, sodass im Gesamten hieraus der wohl größte Spaß im Spiel entsteht. Fangen wir mit der Einführung an: Während wir zu Beginn noch leichte Gegner und kleine Gegnergruppen in Echtzeit bekämpfen, präsentiert uns das Spiel im Laufe der Zeit viele weitere Mechaniken, die uns aber niemals überfordern. Wir haben erst nach fast 10 Stunden alles zu sehen bekommen (von Items, Samen, Rüstungen und Waffen, Zauber, Reliquien bis hin zur Mana-Kraft) und konnten dann in den Kämpfen vollends das Effektgewitter zünden. Und dieses ist es auch: Mana-Angriffe, Reliquien Superkraft (KA Leiste), Zauber und diverse Gegnergeschosse können zwar durchaus an der Übersichtlichkeit kratzen, aber im Gesamten ist es ein wahres Fest auf dem Bildschirm. Zudem können wir hervorragend ausweichen und auch gute Sprungattacken starten, sodass wir das Kampfgeschehen gut dominieren können. Mit unseren beiden Kampfbegleitern (insgesamt können wir aber mehr Figuren mit uns führen), die wir sogar KI technisch einstellen können, wird das Spektakel schließlich abgerundet.
Die Kampfmechaniken selbst greifen dabei sehr gut ineinander: Während wir unsere Superkraft (die sich mit Kämpfen langsam auflädt) im Auge behalten, greifen wir immer wieder gut mit unserer jeweiligen Reliquienkraft an (nach den diversen Elementen, die wir nach und nach im Spiel finden können) und puschen diese noch mit der Mana-Leiste. Währenddessen achten wir darauf, dass uns große wie schwere Gegner nicht festnageln können und wir gleichzeitig mit Bonbons, Schokolade sowie anderen Items uns am Leben halten oder buffen. Insgesamt entsteht hieraus eine gute Sogwirkung, die uns sogar noch belohnt, wenn wir richtig gut sind: Schaffen wir Gegner in einer bestimmten Zeit und/oder ohne Schaden, bekommen wir noch ein paar Erfahrungspunkte obendrauf. Am Ende gibt es dann noch die Individualisierung: Egal ob jeweilige Waffe (je nach Klasse die wir gewählt haben und Reliquie), Rüstung, Samen (zum verbessern einzelner Attribute oder zum anlegen von Zaubern) oder dem Reisbrett zum Stärken unserer Klasse und Reliquienkraft. Wir können hier mit unserer Figur – als auch den übrigen Charakteren denen wir klassisch wie in jedem Mana Spiel über die Reise hinweg begegnen – viel individualisieren und unseren persönlichen Kampfstil entstehen lassen. Allerdings gibt es am Ende doch zwei große Kritikpunkte am System: Denn so actionreich und spektakulär dieses auch ist, richtig herausfordernd ist es dann am Ende nicht. Auf dem normalen Schwierigkeitsgrad gibt es kaum einmal eine Stelle (selbst bei Bossen nicht), die richtig herausfordern wäre. Im Gesamten ist das Kampfsystem – trotz seiner Komplexität auf dem Papier - dann doch einfach zu simpel und vor allem zu leicht. Erfahrene Spielerinnen und Spieler sollten daher direkt mit dem letzten Schwierigkeitsgrad starten.
Eines der größten Argumente für Visions of Mana ist indes seine Grafik und seine Welt. Zugegeben, auf das recht bunte und farbenfrohe Spektakel muss man wirklich Lust haben, aber die Welt von Tiana ist wirklich wunderschön und vor allem abwechslungsreich. In immer wieder kleineren schlauchartigen und sehr großen offenen Gebieten erkunden wir nach und nach diese Welt, die sets anders aussieht, uns spektakuläre Aussichten bietet und gerade mit seiner Farbpracht auch visuell wirklich atemberaubend daherkommt. Kein Wunder also, dass das Spiel nicht mehr auf die Switch gekommen ist, diese hätte das einfach nicht geschafft. Und dennoch: Ein paar recht lieblose Texturen und aufpoppende Elemente sowie ein paar kleine Performanceeinbrüche gibt es auch auf der PS 5. Richtig ins Gewicht fällt das allerdings nicht. Zudem kann Visions of Mana mit seinen Figuren und vor allem den Monster-Designs auftrumpfen. Gerade letztere sind sehr gut gelungen und manchmal so knuffig anzuschauen, dass wir sie gar nicht verkloppen wollen. Zudem gibt es überall etwas zu erkunden, zu sammeln, zu bestaunen, zu bekämpfen und zu entdecken. Schade ist allerdings, dass die Welt dann doch eher statisch gebaut wurde und uns die Nebenmissionen eher zu Sammel X und Töte Y einladen. Hier wurde viel Potenzial liegen gelassen.
Fazit
Visions of Mana ist im Kern ein klassisches JRPG der alten Schule. Was zum einen für Fans von Secret of Mana eine gute Nachricht ist, bedeutet aber auch viele Schwächen, die es so heute eigentlich gar nicht mehr gibt. Daher wirkt das Spiel ein wenig wie aus der Zeit gefallen. Und dennoch ist es auch gleichzeitig wunderschön und vor allem actionreich. Trotz seiner manchmal doch zu starken fehlenden Herausforderung sind die Kämpfe spektakulär in Szene gesetzt und machen so viel Spaß, dass wir uns gerne in die Gefechte stürzen. Dies zusammen mit der fabelhaften wie traumhaften Welt, die klar zum Erkunden einlädt, entsteht eine gewisse Sogwirkung, die nur noch vom gelungenen Soundtrack übertroffen wird. Schade ist hingegen, dass die Geschichte und die Figuren hier deutlich zurückfallen. Am Ende bleibt Visions of Mana dennoch ein schönes Action-Rollenspiel, welches aber viel von seinem Potenzial einfach liegen lässt.