Neben der möglichen Übernahme von Warner und der finalen Staffel von Stranger Things sorgt Netflix derzeit auch mit der Mini-Doku-Serie Sean Combs: The Reckoning für Schlagzeilen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie bislang unveröffentlichte Aufnahmen aus den Tagen vor der Festnahme von Sean „Diddy“ Combs im September 2024 in die Produktion gelangten.
Nun liefert Combs’ langjähriger Dokumentarfilmer Michael Oberlies eine neue Erklärung. Er betont, dass weder er noch sein offizielles Team das Material weitergegeben hätten. Stattdessen sei eine dritte Person, die ihn während einer dreitägigen Abwesenheit vertreten habe, für die Weitergabe verantwortlich. Oberlies weist zudem Behauptungen zurück, es habe Streitigkeiten über Honorare oder Verträge gegeben, und kritisiert das Vorgehen als „unethisch“ und „inakzeptabel“.
Die Aussagen widersprechen Darstellungen aus Combs’ Umfeld. Dort ist weiterhin von „gestohlenem Material“ die Rede. Zudem werfen Combs’ Vertreter*innen Netflix vor, aus persönlichen Gründen gehandelt zu haben: Laut ihnen habe der Streamingdienst vor Jahren versucht, ein eigenes Diddy-Projekt zu entwickeln, was Combs ablehnte. Anfang Dezember verschärfte sich der Konflikt durch ein Unterlassungsschreiben, das rechtliche Schritte offen androhte.
Netflix weist die Vorwürfe kategorisch zurück. Die Aufnahmen seien „legal erworben“ worden, betont der Konzern. Executive Producer Curtis „50 Cent“ Jackson habe keinen kreativen Einfluss gehabt. Regisseurin Alexandria Stapleton sagt, ihr Team habe die notwendigen Rechte korrekt erhalten. Die Aufnahmen zeigen Combs in intensiven, teils hitzigen Gesprächen mit seinen Anwält*innen, während er versucht, auf die Vielzahl der gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu reagieren.
Die Debatte wird auch durch den seit Jahren schwelenden Streit zwischen 50 Cent und Diddy beeinflusst. Beide Rapper liegen seit Langem im Clinch – öffentlich, oft lautstark und regelmäßig über Social Media ausgetragen. Viele Kritiker*innen vermuten, dass diese Fehde den Ton der Netflix-Produktion zusätzlich verschärft hat, was die Diskussion um die Serie weiter befeuert.
Für zusätzliche Aufregung sorgte kürzlich Scary Movie-Co-Schöpfer Marlon Wayans. Er warf 50 Cent vor, persönliche Konflikte in die Doku eingebracht zu haben, und betonte, er wolle Diddy nicht „unter den Bus werfen“ (via The Tab). Wayans sprach in Interviews und Social-Media-Beiträgen von „Karma“ und bezeichnete 50 Cent sogar als „Sklave“. Die Auseinandersetzung eskalierte rasch: 50 Cent reagierte mit Spottbildern und bissigen Kommentaren, worauf Wayans mit weiteren Memes nachlegte. Der Schlagabtausch zeigt, wie polarisiert die Diskussion mittlerweile ist.
Auch Diddys Mutter, Janice Combs, meldete sich zu Wort und kritisierte die Netflix-Serie als „voller Ungenauigkeiten und Unwahrheiten“. Sie wies Behauptungen über angeblichen Missbrauch entschieden zurück und verurteilte die Darstellung eines Vorfalls aus dem Jahr 1991, der laut ihr falsch wiedergegeben werde. Sie betonte, ihren Sohn als alleinerziehende Mutter unter schwierigen Bedingungen großgezogen zu haben, und forderte eine Richtigstellung.
Die Kontroverse macht deutlich, wie tief die Gräben zwischen Diddy und 50 Cent tatsächlich liegen – und wie sehr die Netflix-Produktion alte Konflikte erneut angefacht hat. Während viele Zuschauer*innen die Serie als schonungslose Aufarbeitung sehen, kritisieren andere, dass persönliche Feindschaften und umstrittene Narrative mit hineinspielen.
Sean Combs sitzt derzeit eine 30-monatige Haftstrafe im Gefängnis Fort Dix in New Jersey ab. Zwar wurde er im Sommer 2024 von den schwersten Vorwürfen wie Sexhandel freigesprochen, jedoch in zwei Fällen wegen Förderung von Prostitution verurteilt. Zudem laufen weiterhin zahlreiche Zivilklagen und neue Ermittlungen in Los Angeles. Seine Freilassung ist aktuell für Juni 2028 vorgesehen – sofern seine Berufung nicht noch für eine überraschende Wende sorgt.