Bildnachweis: © Devolver Digital

"Anger Foot" - Videospiel - Test / Review

von Thomas Repenning

Manchmal gibt es kleine Indie-Titel, die es gekonnt verstehen bestimmt Mixturen/Genres miteinander zu verbinden, einen eigenen kreativen Style einzubringen, dies gekonnt mit einer grandiosen Musik zu untermalen und damit etwas ganz Eigenwilliges zu erschaffen, welches regelrecht sofort „Kultstatus“ schreit. Spiele eben wie Hotline Miami, Superhot, Neon White oder Hi-Fi RUSH. Im Falle von Anger Foot (Devolver Digital; seit dem 11. Juli erhältlich) haben wir ebenfalls all diese eben genannten Qualitäten ebenfalls: Wir haben ein eigenwilliges schrulliges Setting – welches passenderweise in Scheißhausen spielt – einen treibenden Herzinfarkt Score und ein Gameplay, welches nicht nur einmalig ist, sondern auch jede Menge Spaß bereitet. Wir haben uns einmal die Sneaker geschnappt, die Musik aufgedreht und ordentlich Tritte verteilt. Kurz: Anger Foot ist bereits jetzt einer der coolsten, spaßigsten und herausforderndsten Shooter des Jahres.


Story

Beginnen wir bei der Geschichte: Willkommen in Scheißhausen! Einem Ort, in dem jeder Bewohner und jede Bewohnerin gewissermaßen eine Kriminelle Person ist (mal mehr, mal weniger böse). Die Straßen voller Müll sind, der grüne Schleim der Kanalisation durch die Stadt fließt, wir in Käsefabriken kämpfen und uns jede Menge Toilettenhumor um die Ohren gehauen wird. Einen passenden Ort für unseren Protagonisten Anger Foot, der am liebsten alles – und vor allem JEDEN – mit einem Tritt in die Kloake befördert. Am liebsten sammelt er aber eigentlich Sneaker, die ihm kurzerhand von den Oberkriminellen der Stadt gestohlen werden. Also die Schuhe angezogen, heraus in die von Wolkenkratzern und Abfall verpestete Stadt und jede Menge Tritte verteilen. So gut die Beschreibung allerdings auch klingen mag, am Ende ist die Story vor allem eines: Triebfeder für das Ultraschnelle und unbarmherzige Gameplay. Und dieses hat es wahrlich in sich.


Kritik

So kämpfen wir uns im Gesamten durch insgesamt 64 Level in der Stadt, wobei wir hier jede Menge Abwechslung bekommen: So sind die Level mal verschachtelt, mal linear, mal verwirrend, mal mit Fallen vollgestopft und stets optisch herausragend. Hinzukommt, dass wir uns immer wieder in verschiedenen Stadtgebieten bewegen (Straßen, Wolkenkratzer und Dächer, Kanalisation und Käseland) und alleine so schon jede Menge Abwechslung entsteht. Doch hier fängt Anger Foot erst an: Denn abseits des normalen Gameplays – treten und schießen – ist diese Einfachheit durch seinen Gameplay-Loop ordentlich aufgebohrt worden. Fangen wir bei unseren Tretern an: Die Füße sind unsere Hauptwaffe im Spiel, womit wir nicht nur Türen eintreten, sondern auch die Gegner spektakulär durch die Level kicken. Allerdings haben wir je nach Tretern – die wir im Laufe des Spiels über gewonnen Sterne und Bossgegner freischalten – immer wieder andere Fähigkeiten. Mal einen Doppel-Sprung, dann mehr Schaden beim Bösewicht, explodierende Türen, riesige Schädel bei den Bösewichten und noch vieles mehr. Und auch die Schusswaffen im Spiel strotzen vor Abwechslung: Zwar können wir keine Waffe nachladen, doch Pistole, UZI, Sturmgewehr, Granatwerfer, Armbrust oder gar Flammenwerfer reichen, um hier ordentlich Spaß zu verbreiten. Und ist eine Waffe leer, dann schmeißen wir diese einfach auf den nächsten Gegner, um diesen kurz K.O. zu setzen.

Apropos Gegner: Auch hier wirft uns Anger Foot einiges entgegen. Während wir die normalen Krokodile mit Baseballschläger noch schnell wegtreten können, sind später flinke (Sex)Masken-Ninjas, Matrix-schießende Doppelwaffengegnerinnen oder gar Polizei-Tauben eine ganz andere Herausforderung. Für jeden Gegner-Typ brauchen wir dabei eine andere Herangehensweise oder eben gutes Timing, Schnelligkeit oder einfach Glück. Die Level selbst sind indes in ungefähr 1-4 Minuten meist gut zu schaffen, aber erfordern auch etwas Trial and Error und manchmal auch einfach ein gewissen einprägen von Standorten. Genau hier entsteht aber der beste Teil des Spiels: Sind wir an einem Level bereits 10mal gescheitert, dann treibt uns entweder der Score in den Wahnsinn oder zu Höchstleistungen. So oder so, ist die Geschwindigkeit beeindruckend und wir versuchen es weiter und weiter, bis wir schließlich unseren Stern gewonnen haben. Pro Level bekommen wir dabei insgesamt drei von diesen, wobei hier gewisse Voraussetzungen im Vordergrund stehen. Mal müssen wir einen Speed-Run absolvieren, dann wieder alle Gegner mit Tritten töten oder einen bestimmten Schuh dabei nutzen. Komplettesten werden auf jeden Fall lange am Spiel sitzen, bis schließlich jede Level perfekt sitzt.

Der Schwierigkeitsgrad schwankt dabei durchaus. Manche Level sind fast im Schlaf zu schaffen und schnell vorbei und wieder andere lassen einen gar verzweifeln. Unfair ist das Spiel dabei aber zum größten Teil nicht. Gleiches lässt sich allerdings nicht über die Bossgegner sagen. Nicht nur wirken die wie ein Teil im Spiel welches nicht so recht reinpassen möchte, auch sind diese oftmals keine große Herausforderung. Etwas Einprägung der jeweiligen Stufe und Angriffe und schon kann es weitergehen. Was aber immer Spaß macht ist der herausragende Score. Zwar müssen wir diesen öfter mal etwas runterdrehen um nicht ganz wahnsinnig zu werden, aber fügt sich gelungen in den Spiele-Loop ein und lädt am Ende sogar zum nachhören auf YouTube ein. Am Ende noch ein Wort zum Humor: Dieser ist hauptsächlich bestehend aus schnellen flachen Toiletten Witzen, die am Ende aber gerade dem Setting geschuldet sind und nie wirklich stören. Der Rest ergibt sich aus der Situationskomik des Gameflow heraus. Wenn wir wieder einmal zu schnell um die Ecke gebogen sind um mit dem Holzflock an der Wand enden, können wir uns meist ein Schmunzeln und manchmal auch ein Lachen nicht verkneifen.


Fazit

Anger Foot ist eine wahre Naturgewalt und etwas ganz Besonderes im Genre der Shooter: Die Mischung aus jeder Menge Tritten, vielen Mechaniken wie diversen Schuhen mit besonderen Kräften und jede Menge Abwechslung durch Level, Gegner und Waffen und dem treibenden Score, ergibt ein Gameplay Loop, der einen einfach fesselt. Der Schwierigkeitsgrad und die Fülle an Farben und die granatenartige Geschwindigkeit muss man allerdings mögen. Wer hier eine Herausforderung sieht und sich vielleicht an Hotline Miami (quasi in 3D) erinnert fühlt, sollte unbedingt zugreifen. Scheißhausen hat euren Besuch – gerade für den tollen Preis von 24,99 Euro – mehr als verdient.

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