Es mag für manche überraschend kommen, aber so groß war der Unterschied dann doch nicht. Also, nicht der Unterschied des Berlinale Summer Specials zu einem normalen Festivaljahr, sondern der Unterschied der über die Stadt verstreuten Open Air Veranstaltungen unter dem gleichen Bären-Banner zu nichts. Klappstühle, maue Filmprojektion aufgrund der Lichtverhältnisse (im Sommer ist es trotz Pandemie länger hell), kaum internationale Gäste auf dem Rasen oder auf der improvisierten Bühne und ausgefallene Vorstellungen - witterungsbedingt, obwohl energisch klargestellt wurde, die Filme liefen bei jedem Wetter. Selbiges wäre vielleicht sogar spannender zu resümieren als das so genannte Publikumsevent.
Dessen Format erinnert unwillkürlich an das öffentliche Fußball-Gucken auf überdimensionalen TV-Bildschirmen in der erst jüngst zum Verweilen wiedereröffneten Gastronomie. Dabei sind die Fußballabende wohl das gemeinschaftlichere Erlebnis. Bei den Berlinale Vorstellungen sind die Publikumsreihen vorschriftsmäßig lückenhaft, die wenigen anwesenden Filmschaffenden vorbildlich auf Distanz. Die Filmkritik wurde praktisch komplett ausgesondert, die Presse nur weitgehend - ganz ohne PR geht es nicht. Natürlich gratuliert sich die Freiluftveranstaltung, deren Namen nach einem Happy Hour Cocktail klingt, zu ausverkauften Vorführungen, reibungslosem Ablauf und toller Stimmung. Die übertrug sich weder vor Ort noch auf den ausgewählten repräsentativen Festival-Clips.
Aber womöglich ist das nur Wunschdenken. Womöglich feiert die Mehrheit der Gäste tatsächlich dieses zusammengestauchte, überregulierte, separierte, unterbesetzte und -besuchte Summer Special, weil sie sich insgeheim immer genervt fühlten von Filmvielfalt, kreativem Chaos, Trouble, Kino-Hopping, Diskussionen, kritischen Fragen, Individuen mit roten Badges und allen möglichen Menschen von überallher. Womöglich rücken sie die Daumen, dass erneute Verschärfungen der Einschränkungen und die dauerhaft veränderte Kulturlandschaft ihnen 2022 ein ähnliches Event bescheren. Besser als nichts? Manchmal ist nichts besser. Weil es klar macht, dass gewisse Alternativen keine sind, und dass große Ereignisse sich nicht klein machen lassen.
Spin-offs sind selten so gut wie das Original. Das hier ist keine Ausnahme.
Persönliche Preisvergabe Summer Special
Bester Film: -
Beste Regie: -
Silberner Bär Großer Preis der Jury: -
Beste Schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle:
Silberner Bär Herausragende Künstlerische Leistung: -
Bester Erstlingsfilm: A School in Cerro Hueso
Bestes Drehbuch: -
Bester Dokumentarfilm: We
Schlechtester Dokumentarfilm: The First 54 Years: An Abbreviated Manual for Military Occupation
Naturfreundlichster Film: The Last Forest
Naturfeindlichster Film: -
Bester Dokumentarfilm Politik/ Gesellschaft: Deine Strasse
Schlechtester Dokumentarfilm Politik/ Gesellschaft: A River tuns, turns, erases, replaces
Bester Spielfilm Politik/ Gesellschaft: Azor
Schlechtester Spielfilm Politik/ Gesellschaft: A Balance
Visuell herausragendster Film: Taming the Garden
Visuell unterirdischster Film: Jesus Egon Christ
„Get out of my competition!“-Award: Nebenan
„Can I take you home?“-Award: Die Spinne aus Das Mädchen und die Spinne
„Leave that book alone!“-Award: Fabian
Bärendienst: As I Want
Equal-Rights-Rating: 2 (5/17)
Berlinale-Taschen Rating: 0 (Es. Gab. Immer. Noch. Keine. Tasche!)
Dümmstes Merchandise: Das Berlinale-Schulheft. Nach einem schulisch und kulturell gleichermaßen verlorenen Jahr nur zynisch.
Das Summer Special aus Pressesicht in einem Filmzitat: „Was nicht da ist, kann nicht stören.“ (Fabian)