Bildnachweis: © Pidax | Szene aus "Das Tagebuch der Anne Frank"

"Das Tagebuch der Anne Frank": Kritik zur Miniserie

von Yuliya Mieland

Inhalt

Nach der Machtübernahme der Nazis zieht die jüdische Familie Frank nach Amsterdam. Doch 1940 folgt die traurige Erkenntnis, dass auch Holland vor Hitlers Schergen nicht sicher ist. Otto Frank sieht nur einen Ausweg: Er muss gemeinsam mit seiner Familie untertauchen. Sie verstecken sich in ihrem Geschäftshaus in einer spärlichen Unterkunft auf dem Dachboden, verdeckt durch ein Bücherregal. Tochter Anne zeichnet alle Ereignisse in ihrem Tagebuch auf …

Kritik

„Mir ist viel gegeben worden: eine fröhliche Natur, Optimismus und Stärke. Jeden Tag merke ich, wie ich mich innerlich weiterentwickle und, dass die Befreiung näher kommt. Ich erkenne auch wie schön die Natur ist, wie gut die Menschen im Grunde sind, wie interessant dieses Abenteuer ist. Warum sollte ich verzweifeln?“

Anne Frank

„In der letzten Zeit sind viele böse und hässliche Dinge in unserer Welt passiert.“

Otto Frank

Das Tagebuch der Anne Frank beleuchtet ein dunkles Kapitel in der Geschichte Deutschlands. Nach der Machtübernahme durch die Nazis wurden Juden vielen Beschränkungen ausgesetzt und die Nürnberger Gesetze vom 15. September 1935 leiteten im Grunde den späteren Holocaust ein. Im Laufe der Jahre dachten sich die Nazis immer mehr unsinnige Bestimmungen aus, die die Juden in ihren Leben so stark beeinträchtigten, dass sie nicht mehr wussten, wie sie unter diesen Umständen weiter leben sollten. Sie durften keine Autos und keine Fahrräder besitzen, durften nicht studieren, nicht in den leitenden Positionen arbeiten, nicht ins Kino oder Theater gehen, durften kein Telefon besitzen und mussten stets den gelben Stern deutlich sichtbar an ihrer Kleidung tragen. Viele flohen deswegen in andere Länder in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Auch die Familie von Anne Frank floh nach Amsterdam, doch im Endeffekt war sie auch dort nicht vor den Nazis und ihren Rassengesetzen sicher, was dazu führte, dass die Familie Frank untertauchen musste. Sie harrten zwei Jahre in ihrem Versteck hinter dem Bücherregal aus, bis sie schließlich verraten und in Konzentrationslager verschleppt wurden.

Auch wenn es sich bei Das Tagebuch der Anne Frank nur um eine Fernsehserie handelt und nicht um ein glatt poliertes Hollywooderzeugnis, ist diese Serie nicht weniger eindringlich. Die meisten Verfilmungen von Anne Franks Leben wirken naturgemäß kammerspielartig, weil die Protagonisten ihre kleine Welt hinter dem Bücherregal nie verlassen durften. Dank Annes Tagebuch erfuhr die Welt schließlich, welche Auswirkungen die Gräueltaten der Nazis auf das Leben von so vielen Menschen hatten. Nur schrieben nicht alle diese Menschen Tagebücher. Anne Frank tat es und dank ihr hat man immer noch ein wertvolles, schmerzhaftes und doch ein wunderschönes Zeitzeugnis. Wunderschön ist es nur, weil ein kleines Mädchen für immer ihre Seele auf den Seiten ihres Tagebuchs festgehalten hat und so vielen Menschen ein Vermächtnis hinterlassen hat, das uns alle daran erinnern soll, was geschieht, wenn die Menschlichkeit in dieser Welt verloren geht. Trotz allem, was Anne und ihrer Familie passiert ist, schrieb sie voller Hoffnung und Vorfreude auf ihre Zukunft nach dem Krieg. All ihre Sorgen und Ängste und Träume klingen wie die Gedanken eines ganz gewöhnlichen Mädchens in ihrem Alter.

Doch Anne Frank war alles andere als gewöhnlich, denn die Art wie sie die Welt sah und wie sie darüber schrieb war außergewöhnlich. Sie erlebte so viele Dinge, die jedes kleine Mädchen erlebt, wie beispielsweise erste Liebe, Freundschaft, die Suche nach der eigenen Identität und das alles tat sie in dieser dunklen und hoffnungslosen Welt und auch wenn sie und ihre Familie durch die Hölle ging, sah sie immer noch wie wunderschön die Welt sein kann und fand Zuflucht, als sie den Himmel betrachtete. Jedes Mal, wenn sie die Vögel im Himmel kreisen sah, dachte sie daran, wie die Welt wohl nach dem Krieg sein wird und sehnte sich danach endlich frei zu sein. Katharine Schlesinger (Am Anfang) ist die perfekte Besetzung für Anne Frank, weil sie das Wesen von Anne Frank außergewöhnlich gut auf dem Bildschirm transportieren kann. Sie spielt das freche, kluge Mädchen, das ihren eigenen Kopf hat und sich einerseits von niemandem etwas sagen lässt, doch auch oft genug Einsicht zeigt und es bereut, wenn sie ihren Eltern Kummer bereitet.

Auch die Inszenierung ist insgesamt hervorragend gelungen, weil man stets die allgegenwärtige Bedrohung und die Angst spürt. Die Menschen fürchten um ihre Leben und um das darzustellen, braucht man, wie man es an der Serie sieht, offenbar gar nicht viel, nur gute Darsteller und das richtige Setting. Was die Serie interessant macht ist die Darstellung des gesamten Mikrokosmos, der dadurch entsteht, dass so viele Menschen ständig aufeinander hocken. So schlimm ihre Lage auch ist und so sehr sie sich eigentlich darüber freuen in Sicherheit zu sein, es ändert nichts daran, dass sie sich wegen jeder Kleinigkeit streiten und teilweise über Dinge, die vollkommen trivial erscheinen. Insbesondere die Streitszenen mit Frau Van Daan (Susan Tracy, Inspector Barnaby: Ein böses Ende) sind äußerst erfrischend. Sie spielt in gewisser Weise die Antagonistin in dieser Geschichte und Anne beschreibt sie als eine streitsüchtige Frau, die sich sehr an materielle Dinge klammert. Susan Tracy spielt ihre Rolle ausgezeichnet und ihre Figur sorgt stets für genügend Abwechslung.

Das Tagebuch der Anne Frank setzt auch die Schwerpunkte richtig und konzentriert sich trotz der Länge des zeitlichen Abschnitts auf das Wesentliche. Es ist eine in der Tat gelungene Verfilmung, die als Warnzeichen für alle dienen soll, die die Geschichte womöglich vergessen haben. Das Tagebuch der Anne Frank soll uns daran erinnern, was passiert, wenn man vergisst zu lieben, wenn man vergisst, was es bedeutet, ein mitfühlender Mensch zu sein. Anne Frank träumte davon, eine berühmte Schriftstellerin zu werden. Ihr Traum ging in Erfüllung, nur tragischerweise nach ihrem Tod. Sie starb mit nur fünfzehn Jahren in einem Konzentrationslager in Bergen-Belsen.

Technischer Part

Pidax veröffentlichte die DVD zur Serie Das Tagebuch der Anne Frank am 31. Juli 2024 in der Entstehungszeit entsprechenden Ton- und Bildqualität auf Deutsch und Englisch. Als Bonusmaterial ist lediglich der Trailer vorhanden.




Fazit

Anne Frank war ein starkes junges Mädchen, das während des Zweiten Weltkrieges zusammen mit ihrer Familie in einem Versteck ausharren musste. Die Serie „Das Tagebuch der Anne Frank“ dreht sich um diese leidvolle, aber auch hoffnungsvolle Zeit für Anne, die ihre Gefühle und ihre intimsten Gedanken in einem Tagebuch festgehalten hat. Dank ihres Tagebuchs konnte man viele Geschehnisse der damaligen Zeit besser rekonstruieren und die Serie „Das Tagebuch der Anne Frank“ zeigt mit wenigen Mitteln, wie schwer diese Zeit für Anne und ihre Familie war. Mit ihrer gefühlvollen und emotionalen Darbietung schafft es Katharine Schlesiger, die Anne verkörpert, dass man direkt in diese düstere Welt eintaucht. Die Serie ist hervorragend inszeniert, bewegend und authentisch.

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