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Der große Jahresrückblick der Redaktion

von Thomas Repenning

Mein Jahr 2013

Filmtechnisch war 2013 für mich ein komisches Jahr. Fast jeder Film, auf den ich mich gefreut habe wurde zu einer Enttäuschung. Neben miesen Fortsetzungen zu meinen Lieblingsfilmen, überambitionierten Ensemble-Filmen machte sich zudem langsam ein Sättigungsgefühl in Bezug auf Comicverfilmungen breit. Dazu nervt langsam der typische Triple-A-Look der meisten Blockbuster, die mit ihrem Aquamarin/Orange-Kontrast den Look des zeitgemäßen Kinos bestimmen. Mehr als zehn gute Filme gab es trotzdem, für mich sogar einige Instant-Classics und so überstrahlen die guten Filme glücklicherweise die Schatten der zahlreichen missglückten Projekte.


Erzwungene Kinobesuche und andere Glücksfälle - meine Top 5


Platz 1: Silver Linings
Eigentlich wollte ich in die Pressevorführung von "The Man with the Iron Fists" und war innerlich schon voll auf das Trashfest eingestellt. Mit pochendem Herzen setzte ich mich in das Berliner Cinestar und wartete auf den aufgedunsenen Russell Crowe und den mit Regie, Drehbuch und Hauptdarsteller völlig überforderten RZA. Daraus wurde jedoch nichts, ich saß im falschen Kino und musste mich auf einmal mit einem zwar humorvollen, aber insgesamt ernsten Oscar-Kandidaten auseinandersetzen. Vielleicht war es dieser Überraschungseffekt, aber Bradley Cooper und Jennifer Lawrence haben mich an diesem Nachmittag tief berührt und völlig aus den Socken gehauen. Selten war ich mir bei meinem Film des Jahres so sicher! Den verpassten Kung-Fu-Film habe ich übrigens nachgeholt, trotz nachdrücklicher Warnung von Sibbe – ich hätte auf ihn hören sollen.



Platz 2: Drecksau
Um es direkt zuzugeben: Ich halte "Trainspotting" für ein wenig überbewertet. Für mich bot Danny Boyles Film zwar eine Handvoll starke Einzelszenen, doch insgesamt berührte mich die Geschichte nicht wirklich. Drecksau hingegen funktioniert für mich als Gesamtwerk und James McAvoy hat zudem in jeder einzelnen Szene etwas in mir aufgelöst. Selten hat mich ein Film so zum Lachen gebracht und mich schlussendlich so schockiert. Wenn gutes Kino Emotion ist, dann ist Drecksau für mich ein Meisterwerk.

Platz 3: Feuchtgebiete
Kalkulierte Skandalfilme sind wohl das nervigste, womit man sich als Filmkritiker rumschlagen kann. Zum Glück hat die mittelmäßige Autorin der Romanvorlage dem Regisseur weitestgehend freie Hand gelassen und damit diese klasse Verfilmung des gleichnamigen Bestsellers ermöglicht. Die tollen Darsteller verleihen den klischeehaften Figuren Tiefe und die tragischen Aspekte der Geschichte sind klasse ausgearbeitet und schaffen es trotz der Ekel-Schocksequenzen zu berühren.

Platz 4: Gravity
Dieser Film wird wohl in vielen Top5-Listen zu finden sein. Völlig zurecht, wenn man mich fragt: Die eindrucksvolle Eröffnungsszene (stolze 15-Minuten ohne sichtbaren Schnitt), das grandiose Sounddesign und die sinnvoll eingesetzte 3D-Technik machen Gravity zu einem intensiven Kinoerlebnis der Extraklasse. Ich war so fasziniert, dass mich nicht mal die platte Bildsprache (Embryo, Taufe, usw.) sonderlich gestört hat.

Platz 5: Die Unfassbaren - Now you see me
Eigentlich sehe ich nur in Sneak-Previews Filme, von denen ich vorher noch nichts gehört habe. In „Die Unfassbaren“ wurde ich regelrecht mitgeschleppt, aber es hat sich gelohnt: Tolle Darsteller, gutes Pacing und unzählige Twists haben mich über die volle Spielzeit prächtig unterhalten. Außerdem hat mich das frische Setting überzeugt. Im Nachhinein ergibt die Geschichte allerdings wenig Sinn, denn die finale Auflösung ist doch recht holprig. Für den fünften Platz reicht es allemal.


Bitte keine Sequels mehr und andere Enttäuschungen - meine Flop 5



Platz 1: Kick Ass 2
Nach dem Silent Hill 2-Desaster war ich bereits skeptisch und ahnte schon, dass wieder mal einer meiner Lieblingsfilme mies fortgesetzt werden würde. "Kick Ass 2" ist im Prinzip zwar kein schlechter Film, aber leider ist er völlig bedeutungslos. Für mich war der erste Teil ein flammendes Plädoyer für Zivilcourage und hat mich nachhaltig inspiriert. Im zweiten Teil geht es jedoch nur noch um altbekannte Gags und dämlichen Coming-of-age-Kram, den man in zahlreichen Filmen schon besser gesehen hat.

Platz 2: Man of Steel
Zack Snyder ist einer meiner Lieblingsregisseure. Mit „300“ und vor allem „Watchmen“ hat er mich überzeugt, dass er der perfekte Mann für Comic-Adaptionen ist. Doch „Man of Steel“ ist in erster Linie ein teurer Film mit einem viel zu langem und bedeutungslosen Schlusskampf und großen Logiklöchern. Hier wurde massiv Potenzial verschenkt und selbst für den folgenden Teil habe ich wenig Hoffnung, denn die zusätzlichen Helden die jetzt wohl alle zu einem JLA-Prequel zusammengeworfen werden sind wohl eher kein Anzeichen für Verbesserungen.

Platz 3: Jackass: Bad Granpa
Zu meiner Schulzeit gehörte Jackass zu den aufregendsten Dingen im Fernsehen. Regelmäßig schaute ich heimlich nachts Johnny Knoxville und den anderen dabei zu, wie sie blöde Ideen amateurhaft umsetzten. Die ersten drei Filme zementierten für mich ihren Legendenstatus. Als ich enttäuscht aus der Vorstellung von Jackass: Bad Granpa nach Hause ging dachte ich zuerst, ich wäre dem Ganzen entwachsen. Doch die alten Folgen und Filme bringen mich immer noch zum Lachen. Am liebsten würde ich Bad Granpa wieder aus meiner Erinnerung streichen.

Platz 4: Star Trek: Into Darkness
Notiz an mich selbst: Keine Trailer von Blockbustern mehr schauen! Gefühlt hatte ich nämlich jede Szene aus dem zweiten Star Trek-Film von J.J. Abrams schon in diversen Trailern gesehen. Der Film war zwar ganz gut, aber bot mir keine Überraschung und langweilte mich gegen Ende eher. Einzig der heroische Tod einer wichtigen Figur riss mich noch einmal aus dem Sessel, doch die Rückkehr selbiger war zu plump und vorhersehbar und machte den emotionalen Tiefschlag für mich wieder zunichte.

Platz 5: The Master
Immer wieder versuche ich mit den Filmen von P.T. Anderson warm zu werden, aber irgendwie fehlt mir der Zugang zu seinen Filmen. Nachdem ich „Magnolia“ in erster Linie für zu lang befand und vom Soundtrack von „Punch-drunk Love“ in den Wahnsinn getrieben wurde habe ich mich zu einem Kinobsesuch von „The Master“ überreden lassen. Mehrmals schaute ich auf die Uhr und wünschte mir, dass Joaquin Phoenix den zeitlosen Rat von Robert Downey Jr.s Figur aus „Tropic Thunder“ beherzen würde: Never go full retard!


...und sonst so?
Abseits der großen Kinosäle gab es einige Filme, die man 2013 unbedingt gesehen haben sollte. Da wäre zum Beispiel „Hai-Alarm am Müggelsee“, für mich der wohl schrulligste Film des Jahres. Fans von Hochglanz-Trash sollten sich „Hänsel und Gretel: Hexenjäger“ nicht entgehen lassen und wer mal wieder einen richtig guten deutschen Film sehen will und sich von der langen Laufzeit nicht abschrecken lässt sollte „Quellen des Lebens“ eine Chance geben und so eine Reise durch die deutsche Nachkriegsgeschichte wagen.
Im Alter von 16 Jahren lebte ich ein halbes Jahr in Südafrika, deswegen war die Dokumentation „Orania“ für mich etwas Besonderes. Da die südafrikanische Geschichte nach dem Tod Nelson Mandelas wieder etwas präsenter ist, lohnt sich der Streifen über das vermeintliche weiße Paradies in der südafrikanischen Pampa umso mehr.


Scheiß auf den Hobbit
Heutzutage gibt es eher selten einen Trailer, der mich richtig begeistert, aber der nahezu wortlose Vorgeschmack auf „Walter MItty“ hat mich mit den tollen Bildern und dem passenden Song von Of Monster and Men überzeugt. Dazu freue ich mich natürlich auf „Interstellar“, über den ich noch nichts weiß und bewusst keine Trailer schauen werde. „Transcendence“ sieht ebenfalls interessant aus, hier ist es schön zu sehen, dass Johnny Depp endlich mal wieder einen Film ohne lächerliches Outfit gedreht hat. Als Fan der Turtles-Filme komme ich über die Neuauflage nicht herum, obwohl ich hier etwas skeptisch bin. Nach all der Werbung bin ich zudem auf Lars von TriersNymph()maniac“ gespannt, vielleicht überrascht mich dieser möchtegern-Skandalfilm ebenso positiv wie 2013 „Feuchtgebiete“. Mittelerde wird mich jedenfalls nicht ins Kino ziehen.

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