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Der große Jahresrückblick der MB-Redaktion 2023

von Sebastian Stumbek

MEINE TOP 10 FILME 2023:

1. The Stroll
Geschichte von Gentrifizierung, Gewalt & Gemeinschaft 

2. The Cage Is Looking for a Bird
Gesellschaft als Gefängnis 

3.  La Chimera
Makaberer Materialismus & mythische Magie

4. Beyond Utopia
Flucht vor Fanatismus 

5. Housekeeping for Beginners
Familienband knüpfen 

6. Kokomo City
Sexwork is work 

7. A Thousand and One
Zusammenhalt und Zueinanderfinden 

8. Hollywoodgate 
From US with Love

9. Frybread Face and Me
Native bonds

10. Youth
Jugend ohne Jugend 


MEINE 5 ENTTÄUSCHENDSTEN FILME 2023:

1. Coup de Chance
Schlimmer als der Film war der tosende Applause, der anlässlich der Premiere auf der Biennale noch vor (!) der ersten Szene durch den Kinosaal rauschte. Ein privilegiertes Presse-Publikum, das demonstrativ für pedophile Perverse klatscht, ist die Quintessenz all dessen, was (nicht nur) in der Filmkritik komplett kaputt ist. 

2. The Palace
Schlimmer als der Film war die geflissentliche Beseitigung der Proteste in Venedig, wo dem Wohlbefinden von Tätern offenbar mehr Bedeutung zugesprochen wird als den Opfern. 

3. Sound of Freedom
Schlimmer als der Film ist dessen breite Unterstützung seitens eines Publikums, das seine rechtspopulistischen Sympathien hinter humanistischer Heuchelei versteckt. 

4. Club Zero
Schlimmer als der Film ist der Umstand, dass eine Regisseurin wie Jessica Hausner sich in der Hoffnung auf Festival-Ehren bei rechtsreaktionären Vorbildern anbiedert. 

5. Killers of the Flower Moon
Schlimmer als der Film ist, dass er die narrative Macht über indigene Geschichte weißen Profiteuren eines kolonialistischen Systems gibt, und das reale Leid und den Kampf der Betroffenen zugunsten einer fiktiven Tragödie der Täter marginalisiert.


MEINE 10 MOST WANTED FILME 2024
Whatever Jordan Peele

Nosferatu

Joker: Folie à Deux

Challengers

The Crow

FRIDA

Black Box Diaries

As We Speak

MaXXXine

Mickey 17


MEIN SERIENJAHR 2023:

Wie mittlerweile wohl  bekannt, finde ich nur selten die erforderliche Kombination von Motivation, Zeit & Gelegenheit zum Serien-Schauen. Psycho: The Lost Tapes of Ed Gein war so nervig reißerisch und letztlich ermüdend arm an soliden, neuen Informationen, dass ich ständig kurz vorm Abschalten (sowohl mental als auch des Laptops) war und Our Flag Means Death ist immer noch die beste queere Piraten-Serie ever.  Love Has Won ist eine dieser WTF?!-Storys, die man nicht zu Ende schaut, weil sie so brillant inszeniert wären, sondern die verstörende Faszination eines Autounfalls haben: Eine mittelalte McD-Filialleiterin erklärt sich zu Gott, scharrt eine Gruppe dauerbedröhnter Follower um sich und monetarisieret mit Hilfe von 24/7-YouTube-Videos ihren eigenen Kult, der ihr schließlich zum Verhängnis wird. Savior Complex ist ein weiteres, trotz der grundverschiedenen Umstände bezeichnend ähnliches Porträt der destruktiven, wahrhaft mörderischen Grandiosität der weißen Mittelklasse. Mit Born in Synanon wird daraus eine bizarre Trilogie über die morali(sti)schen und materialistischen Abgründe in einem von Klassismus, Rassismus, Imperialismus und Religion geformten System. 


BESONDERE ERWÄHNUNGEN:
Failed Queer Representation Gold
: Knock at the Cabin - Ein schwules Elternpaar und seine kleine Tochter werden in einer abgelegenen Hütte von Doomsday-Fanatikern bedroht. Klingt nach progressiv-politischem Real-Horror, aber, guess what, die bewaffneten Fundamentalisten sind bei Shyamalan die Guten, die dem Pärchen beibringen, dass sie ihr Glück und Leben dem Wohle der Mehrheit/Menschheit opfern müssen. WTF?!

Failed Queer Representation Silber:
Elemental - lässt in seiner keineswegs tadellosen RomCom-Story eine als großen Fortschritt in der Diversität angekündigte non-binäre Figur auftreten. Für 5 (in Worten: fünf) Sekunden mit einer Dialogzeile. Das Traurigste daran ist, dass trotzdem einige Leute für solche hingeworfenen Krümel dankbar sind und wieder andere Leute sich über diese fünf Sekunden total echauffieren. Denn sie sind ja super tolerant, aber diese nicht-hetero-und-cis Figuren, die in jedem zehnten Film für eine halbe Minuten auftauchen, fast so, als wären queere Personen Teil der Menschheit, das geht ihnen dann doch zu weit. 

Failed Queer Representation Bronze:DogMan - Queerness als Ursache und Ausdruck psychischer und physischer Traumata und des Konsums gender-konnotierter Magazine, wird zum theatralischen Dekorum einer buchstäblich animalischen Kriminalität, natürlich verkörpert von einem offiziell straighten, able-bodied, cis Schauspieler. Kann man sich nicht ausdenken. Außer man ist Luc Besson

Noch mehr fails: Cat Person, Eileen, Adagio, Maestro, Rebel Moon

Und damit das nicht aussieht, als könne man es gar nicht richtig (oder mir recht), machen, ein paar Wins: Nimona, Blue Jean, Mutt, Of an Age, All of Us Strangers, Robot Dreams

FAZIT:
Mit einem Zitat aus meiner Lieblingsserie aus längst vergangenen Zeiten: Sick, sad world. 

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