Story
Wir schreiben das Jahr 93 im Zeitalter des Sandexil. Eine Gruppe Menschen lebt seit Jahren in friedlicher Gemeinschaft auf einer Art Schiff namens "Schlammwal". Abgeschirmt und ohne Kontakt zur Außenwelt spaltet sich die Gemeinschaft in zwei Lager: normale Menschen ohne besondere Fähigkeiten und "Markierte" die mittels ihrer Spezialfähigkeit namens „Saimia“ in der Lage sind, Gegenstände durch die Kraft ihrer Gedanken zu bewegen. Als der "Markierte" Chakuro eines Tages zufällig ein verlassenes Schiff entdeckt trifft er dort auf das mysteriöse Mädchen Lykos. Doch noch scheint unklar welche Konsequenzen dieser erste Kontakt zur Außenwelt mit sich bringt - blüht der Gemeinschaft eine rosige Zukunft oder droht ihr gar der Untergang?
Kritik
Die Manga Serie von Abi Umeda läuft seit 2013 in Manga als fortlaufende Reihe und umfasst aktuell 15 Bände. Seit 2018 ist auch eine deutsche Übersetzung im Handel erhältlich. Die Geschichte wurde 2017 als Anime mit 12 Folgen adaptiert und Netflix brachte diese international in mehreren Sprachen heraus. Das J.C.Staff Studio, welches bereits für (moderne) Klassiker wie Toradora! und Food Wars zuständig war, engagierte für die Adaption von Die Walkinder Kyōhei Ishiguro (Psycho Pass) als Regisseur und Michiko Yokote (Bleach) als Hauptautorin der Reihe.
Besonders hervorzuheben sollte von Anfang an der Zeichenstil, der unter der künstlerischen Leitung von Toshiharu Mizutani (Akira) entwickelt wurde – nah am Stil des Manga ist die Darstellung der Charaktere eher kindlich, mit freundlichen, großen Augen und einer kräftigen Farbpalette. Beeindruckend ist die Realisierung der Hintergründe, die wie gemalt wirken und mit einem hohen Grad an Detailreichtum punkten, der der ganzen Serie ein Alleinstellungsmerkmal liefert, das über die generische Gestaltung der Charaktere hinwegtröstet.
Besonders das Zwei-Klassensystem, das durch eine Unterteilung in Markierte und nicht Markierte entsteht, feuert den Diskurs über Sterblichkeit an: In wie weit ist es erstrebenswert ein kurzes Leben mit außergewöhnlichen Fähigkeiten zu führen, im Gegensatz zu einem Normalsterblichen Leben, in welchem man gezwungen wird,vor allem Kinder, Jugendliche und Heranwachsende langsam dahinscheiden zu sehen, zerfressen von der Kraft, die sie noch kurz vorher hervorgehoben hat. Im Laufe des Anime gibt es auch eine Revolte, einen Aufstand von einigen Markierten, die die Führung durch unbedeutende und schwache Menschen anzweifeln und zur Diskussion stellen, ob nicht die Markierten die Macht an sich reißen sollten.
Mit der Begegnung von Lykos und Chakuro startet die Geschichte und nimmt schnell eine äußerst brutale Wendung, wenn Fremde die Mud Whale angreifen und die Bewohner, insbesondere die Kinder, erbarmungslos abschlachten. Es stellt sich heraus, dass diese Fremden sogenannte Apatheia sind, Kampfmaschinen, denen die Emotionen genommen wurden und die absolut hörig als Soldaten für ein Imperium kämpfen, das einem Großteil der Bewohner vollkommen unbekannt war. Hier weiß Die Walkinder zu überzeugen, wenn auch über die Bedeutsamkeit und Tragweite von Emotionen philosophiert wird - wer bereit ist, die Hauptakteure zu akzeptieren oder vielleicht sogar auszublenden, wird mit dem World-Building und auch dem Soundtrack, der in diese Welt verwoben ist, durchaus zufrieden aus einer Sichtung herausgehen.
Doch zum Ende werden die Ereignisse zu viel, die Enthüllungen zu zahlreich und der Anime leidet unter seiner kurzen Laufzeit von 12 Folgen, die auch mit einem alternativen Ende zum Manga die Geschichte abschließen. Die Walkinder verliert in den letzten Folgen an einem stringenten roten Faden und wirkt zu gehetzt, während einige Szenen zu langgezogen und ausgedehnt wirken.
Der Anime ist zurzeit auf Netflix gelistet.
Technischer Part
(Uns standen zur Rezension leider nur die einzelnen Discs zur Verfügung.) Die Blu-Rays zu Walkinder (VÖ: 11. September 2020) aus dem Hause Leonine Anime. Die zwölf Folgen sind auf zwei Discs aufgeteilt und bieten jeweils ein schön aufbereitetes Menü. Neben den Folgen sind auch noch diverse Bonusinhalte zu finden. Unter anderem das textless Opening und Ending, zwei (leider unsynchronisierte) OVA Folgen, Original Trailer und TV Spots, sowie das Musikvideo und Making Of zu Ending und Opening . Es gibt zudem deutsche und japanische Tonspuren in DTS-HD MA 2.0 Format und deutsche Untertitel, die sich angenehm lesen lassen. Die Bilder sind gestochen scharf und kontrastreich mit einer Auflösung von 1080p.
Fazit
"Die Walkinder" liefert einen spannenden Diskurs über die Vergänglichkeit, physische und emotionale Opfer und die Macht von Emotionen. Wer im Stile von "Made in Abyss" gerne überrascht wird, sollte sich den Anime zu Gemüte führen. Besonders hervorzuheben ist die Finesse der Hintergrundgestaltung und der atmosphärisch stimmungsvolle Soundtrack. Hätte "Die Walkinder" noch mehr auf Charakter-Stereotype verzichten können, würde er definitiv noch mehr aus der breiten Masse an Anime hervorstechen.